7.) Gone Girl Gone (Chibs)

1.3K 60 0
                                    

7.) Gone Girl Gone (Chibs)

Der dröhnende Motor meiner Harley, wurde von meinem nervösen Herzschlag übertönt. Sie war hier. Meine große Tochter war hier in Charming. Sie hatte mich gesucht, wollte mich sehen. Seit fast acht Jahren hatte ich sie nicht mehr gesehen.
   Damals bin ich noch Oakland, als Nora einfach abgehauen ist. Ich wollte wissen, wieso sie abgehauen war und dann hielt sie mir einfach den Mutterpass unter die Nase. Sie war schon im dritten Monat. Und das Kind, was sie im Bauch trug, konnte ja nur von mir sein. Jesus.
Ich war sprachlos und wusste nicht was ich sagen sollte.
Dann sagte sie, dass es das beste sei, das ich das Kind niemals sehen soll. Erstens wegen meiner Frau und zweitens wegen den Club. Sie wollte nicht das unser Kind in dieser asozialen Umgebung aufwächst. Und dann hatte sie mich herausgeschmissen.
    Fünf Jahre später war ich wieder nach Oakland gekommen und habe Nora beobachtet. Da sah ich sie mit dem kleinen Mädchen auf den Arm. Ich hatte eine Tochter. Durch ihre gesprächige Nachbarin hatte ich herausbekommen, wann Nadia geboren wurde.
Dritter November 1987 in Oakland.
      Erst an Nadias 13ten Geburtstag hatte ich sie wieder gesehen und da wusste ich,
Nora war deswegen nicht begeistert, als ich plötzlich im kleinen Garten ihres Hauses stand. Mit der pinken Harley Davidson im Kleinformat für die Kleine.
     Nadia hatte mich verwirrt angeguckt und dann hab ich ihr kurz erklärt -ohne Noras Zustimmung-, das ich ihr Dad bin. Zu meinem Erstaunen, war die Kleine so offen, dass sie mich sofort umarmte und allen ihren Freundinnen erzählte, dass ich ihr Dad bin. Von der Harley war sie ganz beeindruckt und dann musste ich auf ihrem Geburtstag bleiben. Was Nora gar nicht mochte, aber ich konnte Nadia die Bitte zu bleiben nicht abschlagen. Sie war meine Tochter und blickte mich mit diesen großen braunen Augen an.
Und da ist dann auch dieses Foto entstanden. Und noch eins, was ich immer bei mir trug.
    Nadia hatte mir versprochen, dass sie mir schreiben würde und ich ihr jedes Jahr zum Geburtstag gratulieren werde.
Aber davon passierte nichts. Ich rief sie jedes Jahr an, jedes Jahr war die Nummer anders und Briefe von Nadia bekam ich überhaupt nicht. Nora hatte sicherlich davon Wind bekommen und den Kontakt irgendwie verhindert.
     Ich fuhr die Einfahrt zum Mansons Hotel hoch und hielt vor dem kleinen Infohäuschen.
Der Motor der Harley verstummte und mit den Schlüsseln in der Hand, betrat ich das kleine Häuschen.
"Hey, Manson." Begrüßte ich den alten dicklichen Kerl, der gelangweilt an dem Schreibtisch saß und in der neusten Ausgabe des Playboys blätterte.
"Hey, Telford. Was kann ich für dich tun?" Fragte er verblüfft, und legte die Zeitung bei Seite.
Die dunklen Augen klebten an mein Gesicht. "Hat ihr eine Nadia eingecheckt?" Fragte ich.
"Du weißt ich darf keine Namen rausgeben. Sorry. Kannst du nicht warten, bis die nächste Party bei euch ist?"
Sauer stierte ich ihn an und presste die Lippen aufeinander. "Sie ist meine Tochter, du Idiot!" Sagte ich sauer, schlug auf den Tisch und lehnte mich nach vorne. "Wenn du mir nicht gleich ihre Zimmernummer gibst, dann schieb ich dir deine Schmuddelzeitung in den Arsch!"
"Meine Güte. Ihr Schotten habt kein Sinn für Humor. Die hübsche Frau ist deine Tochter? Jesus, habt ihr Telfords gute Gene. Zimmer 09. Am Hintereingang." Rief er erschrocken, lehnte sich im Bürostuhl nach hinten und hob unschuldig die Hände in die Luft.
"Geht doch." Meinte ich zufrieden und verließ Schmunzelnd das kleine Büro.
     Ich wurde immer nervöser, als ich das Gebäude mit den verblassten orangefarbenen Türen ansteuerte. Und da war Zimmer 09. Die silberne Zahl glänzte im Sonnenlicht und ich wurde immer langsamer, desto näher ich der Tür kam. Mein Herz rutschte in die Hose, dass fast die Naht platzte.
Zu meinem Erstaunen war die Tür des Zimmers leicht geöffnet. Mit zitternden Händen klopfte ich an die Tür.
"Hallo? Nadia?" Rief ich und drückte die Tür mit den Fingern auf.
Erschrocken weiteten sich meine Augen, als ich auf das verwüstete Zimmer blickte. Überall flogen Frauenklamotten herum, Lampen, Stühle, Hygieneartikel.
"Nadia?" Rief ich und trat ins Zimmer. Ich versuchte nicht über einen iPod zu treten, der vor mir lag. Ich hob den auf und schmiss den auf das durchgewühlte Bett. Auf dem Bett lag ein schwarzes Portmonee, was offen lag. Das ganze Geld war weg, aber dann hielt ich Nadias ID-Card in der Hand.
Was war hier passiert?
"Nadia!" Rief ich wieder und platzte gerade vor Ungeduld und Angst. Ich stürmte ins Badezimmer und hier herrschte genauso schlimmes Chaos. Das Toilettenpapier lag überall auf den Boden. Mein Blick blieb im Waschbecken hängen. Ein roter Lippenstift. Abgenutzt. Und damit wurde eine Nachricht geschrieben, direkt auf den Spiegel.
Wir haben sie!
Darunter war ein kleines Hakenkreuz gemalt. Das Foto was daneben hang, riss ich vom Spiegel ab und starrte darauf.
      Sie war so groß geworden und so verdammt hübsch. Sie saß auf einer Bank vor der Werkstatt und unterhielt sich lächelnd mit Juice. Die beiden schienen sich wirklich sehr gut zu verstehen.
      Wenn die Nazis meine Tochter hatten... wussten die überhaupt das sie meine Tochter war. Aber was ist das mit dem Foto wo sie glücklich mit Juice drauf war. Dachten diese Hurenböcke etwa, dass sie seine Old-Lady war?
      Ich hielt das Foto in der Hand und zog mein Prepaid-Handy hervor.
Ich wählte direkt die Nummer von Juice.
"Geh ran. Geh ran." Grummelte ich als es tutete. Nichts. Sonst ging er doch immer dran. Wieso jetzt nicht. Dann versuchte ich es noch mal. Immer noch nichts. "Für was hast du ein Handy?" Grummelte ich und wählte einfach Clays Nummer.
    "Alles okay, Chibs?" Hörte ich Clay sagen.
"Die Norths haben Nadia!" Sagte ich verzweifelt und trat die Klorolle weg, als ich aus dem Zimmer stürmte.
"Was!" Fragte Clay erschrocken.
"Die haben Nadia, Clay. Die haben meine Tochter."
"Bleib wo du bist!" Sagte Clay und schon war das Gespräch beendet. Ich klappte das Handy zu und steckte es zurück in meine Lederkuttentasche.
Ich fuhr mir mit der Hand durchs graue Haar und gab mir für alles die Schuld.
Sie kam wegen mir nach Charming und jetzt war sie wegen mir in Gefahr.

[1] Lean On Me [SOA] ✔️. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt