Kapitel 1

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Es ist mitten in der Nacht. Der weiße Halbmond scheint durch die Wolken auf das runde Fenster mit dem spinnennetzförmigen Muster. Dadurch wird ein perfektes Spinnennetz auf den Boden hinter dem Fenster projiziert. Die eine Seite des Fensters ist knallbunt: Mit lebhaft-buntem Transparentpapier ausgestattet, wird auch der Schatten dieser Seite bunt. Die andere Seite ist eintönig und schwarz.
Wie die Fenster, sind auch die Zimmerhälften ganz verschieden: Die eine Seite sieht auf wie ein peplatzter Regenbogen, die andere wie in einem Sarg; knallbunt und schwarz.

Auf der dunklen Seite des Zimmers liegt in dem schwarzen Bett ein ruhig atmendes Mädchen, mit offenen, welligen Haaren. Sie trägt eine kurze Hose und einen Hoody als Schlafanzug. Beide Teile sind pechschwarz. Eigentlich ist an ihr auf dem ersten Blick nichts unnormal, nur ihre Haltung fällt deutlich auf: Sie liegt ruhig auf dem Rücken und hat die Arme über Kreuz, sodass ihre Hände die Schultern berühren. Sie liegt da, als wäre sie tot. Ganz still.

KRACH.

Sie schlägt die Augen auf. ,,Enid?" fragt sie in die Dunkelheit ihrer Zimmerhälfte, bevor sie sich aufrichtet. Als sie auf die bunte Hälfte des Zimmers schaut, ist das Bett ihrer Mitbewohnerin zerbrochen und die wolfsähnliche Gestalt, die da gerade eben lag, verwandelt sich langsam zurück. ,,Wednesday? Tut mir leid, ich habe dich geweckt." ,,Das hast du." bestätigt genannte mit tonloser Stimme. Dann fährt sie fort:,, Enid, du hast dich schon wieder verwandelt. Das ist das dritte mal diese Woche. Es ist Mittwoch."

,,Ja, ist halt ein neues Ding. Ich versuche, es zu kontrollieren." ,,Tja, und jetzt? Dein Bett ist kaputt." Enid schweigt eine Weile. Dann rettet Wednesday sie: ,,Du kannst zu mir kommen. Das ist aber nur ausnahmsweise." Enid schätzt die Einladung sehr, sie weiß, wie sehr Wednesday Farben verabscheut. ,,Danke," sagt sie deshalb und einen kleinen Moment später liegt sie schon neben Wednesday, die sich nun auf die Seite mit dem Rücken zu Enid hingelegt hat. Enid kuschelt sich eng an sie. Zunächt spannt sich Wednesdays ganzer Körper an, denn sie hasst neben Farben auch Umarmungen und das hier ist fast so ähnlich, aber dann entspannt sie sich wieder. Nach einer Weile sind beide wieder eingeschlafen.

Mitten in der Nacht greift dann Enids Arm unter den von Wednesday und zieht sie noch enger an sich. Dies ist das, was einer Umarmung wohl am nächsten kommt. Wednesday bemerkt es im Schlaf, tut aber nichts dagegen. Und so liegen sie da bis zum nächsten Morgen.

WenclairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt