Kapitel 30

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Eine Eule ruft mit gespenstischer Intensität in den stillen Wald und Enid löst den Kuss von Wednesdays Stirn. Diese schaut auf in die Tiefen von Enids blauen Augen. Die größere legt den Kopf leicht schief und lächelt mit einer beschützenden Note. Dieses Mädchen vor ihr, mit den kohlschwarzen Haaren und den dunklen Augen, bedeutet alles. Wednesday ist ihre Zukunft. Ich werde immer für dich sorgen, versprochen meine kleine, verspricht Enid mit einer stillen inneren Ruhe. Wednesday verzieht keine Miene, es ist schon wieder einer der Momente, in denen sie Enid tief in die Augen sieht und nicht ansprechbar ist. Das passiert auffallend oft. Aber in diesen Momenten, wo Wednesday sie intensiv anstarrt, verliert auch Enid sich in ihren dunkelbraunen Augen. Creepy AF, geheimnisvoll und wunderschön, denkt Enid dann jedes Mal.

Ein paar Zweige knacken und das Pärchen dreht sich in die entsprechende Richtung. Unmittelbar danach zieht Wednesday Enid hinter einen Busch und schaut dann selbst hervor um zu sehen, was da vor sich geht. Kurz erstarrt sie vor Schreck, als sie sieht, dass es Xavier ist. Er ist auf dem Weg zu seiner Hütte. Ich folge ihm, beschließt sie kurzerhand. ,,Enid, es ist Xavier. Ich möchte ihm gerne folgen.“ ,,Ich nehme an, du willst, dass ich gehe?“ Wednesday atmet tief ein. ,,Ja bitte.“ ,,Nagut. Aber sei spätestens morgen früh wieder da.“ ,,Versprochen, Cara Mia.“ Enid verschmilzt daraufhin mit den Schatten des Waldes.

Wednesday folgt Xavier lautlos zu seiner Hütte, gepackt von der eiskalten Hand der Neugier. Als sie hinter dem letzten Busch hervorlugt, schließt der Junge gerade die Tür zu seiner Hütte. Jetzt heißt es: warten.

Der Mond zieht mit ermüdender Trägheit seine Bahn, aber schließlich hört Wednesday etwas, etwas, was sie in ihrer Kindheit liebend gerne gehört hat und ihr jetzt leichte Angst macht. Ein Ausruf, ein Schrei des blanken Entsetzens. Kurz ringt sie mit sich, dann eilt sie zur Tür. Sie ist beinahe da, da wird sie von innen aufgestoßen. Ein verschwitzter Xavier mit Angst in den Augen tritt heraus. ,,Wednesday!“ ,,Xavier!“ rufen sie fast gleichzeitig. ,,Warum hast du geschrien?“ Xavier stockt kurz. ,,Sieh es dir an.“ Wednesday folgt ihm in seine Hütte zurück und betrachtet mit ihm ein lebensechtes Bild.

,,Ich habe es gesehen, wie so eine Art Vision. Genau das wird auf uns zukommen, ich fühle es, verstehst du? Wir müssen uns vorbereiten!“ ,,Was schlägst du vor?“ Wednesday hat sofort Vertrauen in ihn. Und das nach all den Tagen des Grübelns. ,,Sämtliche Außenseiter kämpfen mit ihren Fähigkeiten in jeweils einem Abschnitt des Waldes. Die anderen, also zum Beispiel du und ich, wir bleiben in der Nähe von Nevermore und töten Außreißer, die weiterkommen konnten.“ ,,Das könnte funktionieren. Aber "könnte" bringt nichts. Wird er es auch?“ ,,Das weiß ich nicht. Das hier ist ein Gegner, der unglaublich stark ist.“

Tut mir leid, dass gestern nichts mehr kam. Es wurde mal wieder sehr spät😬

WenclairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt