Wenclair

Kapitel 40

6½ Wochen später

,,In der ersten Woche der Ferien haben meine Eltern minütlich versichert, wie sehr sie mich doch vermisst hatten. Von mir aus kann ich das jedoch nicht behaupten. Sie sorgten sich schlimmer noch als Enid um mich und ich bin zu keiner vernünftigen Aktivität gekommen.
In der zweiten Woche wurde es besser. Ich durfte mich wieder an den ersten Folterinstrumenten bedienen und habe Pugsley keine Ruhepause gegönnt. In der dritten, vierten und fünften Woche musste ich ständig an dich denken. Ich habe es vermisst, wie wir miteinander umgegangen sind. In der letzten Woche musste ich förmlich vor meinen Eltern fliegen, weil sie mich behalten wollten.
So waren meine Ferien, Enid,“ sage ich, denn Enid hat von ihren Ferien erzählt und mich dann gefragt, wie meine waren. Ihr Gesichtsausdruck ist beinahe angewidert. ,,Naja, jetzt sind wir endlich wieder beieinander,“ seufzt sie dann und umarmt mich lange. Während wir so dastehen, fragt sie leise: ,,Du hast mich wirklich vermisst?“ ,,Hab ich, Cara mia.“ Sie drückt mich noch etwas fester, aber meine Gedanken schweifen ab.

Die Direktorin sieht direkt in meine Richtung. Ihr Blick ist durchdringend, bohrend. Als wolle sie in meine Seele schauen. Mit einem unwissenden Gesichtsausdruck bricht Enid die Umarmung ab und sieht dorthin, wo mein Blick hinzeigt. Die Direktorin und ich starren uns an. Stolz und auch etwas arrogant hebe ich den Kopf und ich weiß, dass in meinen Augen jetzt eine unausgesprochene Drohung steht. Ich kann es an Enids Gesichtsausdruck aus dem Augenwinkel sehen, denn ihre Augenbrauen ziehen immer minimal zusammen, wenn ich das mache.
Nach etwa einer Minute wendet sich die Frau ab. Es ist etwas los mit ihr, das weiß ich. Und ich werde es herausfinden.
Blitzartig kommt mir ein Gedanke in den Sinn. ,,Händchen! Wo ist er?“ frage ich. ,,Keine Sorge, Wends.“ meint Enid mit gedämpfter Stimme. ,,Er ist unter dem Busch rechts von mir und wartet.“ ,,Woher weißt du das?“ ,,Ich kann ihn riechen,“ erklärt sie einfach.

Langsam verlassen die vielen Eltern den Platz vor der Schule und auch die meisten Schüler gehen zum ersten Mal nach sechs Wochen wieder in die Schule für Außenseiter. Händchen krabbelt unter dem Busch hervor und springt mir auf die Hand. Er hält keine Predigt, dass ich ihm vergessen habe, er erzählt auch nichts von der Direktorin, nein.

,,Ich habe eine Freundin!“ ruft er voller Aufregung.

Ich will jetzt schon die Kommentare lesen🙃