H a n n a h
Es ist mittlerweile anderthalb Wochen, seit der Vernissage, vergangen und ich habe den Vorfall so gut wie verdrängt. Eliza und auch Mateo haben zwar noch ein paar mal versucht mehr über meine Reaktion auf die Rosen und diese kryptische Nachricht aus mir raus zubekommen, aber schlussendlich haben es aufgegeben, als ihnen klar wurde, das ich nichts dazu sagen werde. Ich weiß, es ist nicht richtig, ihnen meine Vergangenheit zu verheimlichen, aber ich weiß einfach, dass sie mich nachdem sie es wüssten, mit anderen Augen sehen würden und das will ich nicht.
„Ach komm schon.", nörgelt meine beste Freundin am anderen Ende des Telefons und holt mich wieder aus meinen Gedanken. Eliza versucht seit einer geschlagenen Viertelstunde mich vergeblich davon zu überzeugen, dass ich heute Abend doch zum Sonntagsdinner, bei ihrer Grandma, komme. Es ist eine wöchentliche Familientradition, an der ich eigentlich schon seitdem ich mit Eliza befreundet bin, teilnehme, und nachdem ich schon letzte Woche abgesagt habe, fällt es mir heute alles andere als leicht. Doch ich bin gerade mitten in einem Workflow und nicht gewillt jetzt einfach aufzuhören.
„Hör zu, ich kann heute Abend wirklich nicht...aber ich habe morgen Nachmittag einen Termin mit Mateo und wenn du Lust hast könnten wir danach zusammen Mittagessen oder einen Kaffee trinken gehen.", sage ich abwesend. Mein Handy ist dabei ungelenkig zwischen Schulter und Ohr eingeklemmt, damit ich gleichzeitig ein Foto begutachten kann, das ich letzte Woche geschossen und entwickelt habe.
„Das hört sich gut an.", stimmt sie schwer schließlich seufzend zu und räuspert sich, als ich weiterhin stumm bleibe. „Okay, Hannah, da ich dich kenne und weiß, dass du gerade gedanklich nicht bei mir bist, werde ich jetzt auflegen und dich in Ruhe weiter arbeiten lassen... aber tu mir einen Gefallen und mach heute nicht wieder so lange !"
Ich kann gerade noch ein entnervtes Stöhnen zurück halten. Eliza hasst es, wenn ich Nachts alleine durch die Stadt laufe oder die Subway nehme, denn ein Auto habe ich nicht. Ich verstehe das und mir ist auch bewusst, dass meine beste Freundin es nur gut mit mit meint und einfach besorgt um mich ist, aber ich bin erwachsen, vorsichtig und bisher ist mir noch nie was passiert, weshalb ihre Sorgen völlig unbegründet sind.
„Ich bin schon ein großes Mädchen und kann auf mich aufpassen.", rufe ich ihr in Erinnerung und ich kann das Rollen ihrer dunkelbraunen Augen quasi durch Handy hören.
„Mach einfach nicht so lange.", wiederholt sie eindringlich.
„Werde ich nicht, Süße.", versichere ich ihr, obwohl wir beide wissen, dass ich das nur ihr zuliebe sage und lege nach einer kurzen Verabschiedung auf, um mich wieder voll und ganz aufs arbeiten zu konzentrieren.
***
Kurz vor Mitternacht laufe ich durch die Stadt und befinde mich auf dem Heimweg. Es ist stockfinster hier draußen und natürlich habe ich es nicht geschafft mein Versprechen Eliza gegenüber einzuhalten, da ich die Zeit einfach vergessen habe und ehe ich mich versah, war es schon dunkel.
Jetzt schlägt mir der kalte Wind kompromisslos entgegen, während ich eine schwere braune Papiertüte mit Einkäufen an die Brust drücke. Mir blieb nämlich nichts anderes übrig, als auf dem Rückweg nochmal beim nächstbesten Supermarkt anzuhalten und wenigstens das nötigste einkaufen zu gehen. Denn in meinem Kühlschrank herrscht solch eine gähnende leere, dass ich nicht nur befürchten langfristig zu verhungern, nein, ich muss schon fürchten beim nächsten öffnen von einem dieser Steppengras Dinger erwischt zu werden, die in den alten Western Streifen manchmal durchs Bild rollen.
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Bittersweet Enemies
RomanceSie sind wie Hund und Katz oder Feuer und Benzin, -höchst explosiv und immer Gefahr laufend, sich gegenseitig umzubringen. *** Auf den eigenen Beinen zu stehen, ist für die toughe, manchmal etwas kühle und grundsätzlich sehr direkte Hannah Collins...