Malice

Die Neuigkeit

Der Geruch von frisch gemähtem Gras wehte Draco Malfoy um die Nase, als er mitten zwischen zwei grünen Hügeln in der Grafschaft von Wiltshire apparierte. Als Kind war ihm der Frühling die liebste Jahreszeit gewesen, irgendwann jedoch war es die eisige Ruhe im Winter und letztendlich fühlte er zu keiner Zeit irgendetwas und ihm war es egal geworden, welche Jahreszeit ihn draußen erwartete.

Doch jetzt, nur für einen kurzen Moment, schloss er seine müden Augen. Er atmete ein, hielt den Geruch tief in seinen Lungen gefangen, speicherte ihn in seiner Erinnerung ab und atmete dann langsam wieder aus. Das war sein Moment. Ein Moment nur für ihn allein und ein kleiner Funken Frieden, den er mit niemandem teilen musste.

Und so schnell wie der junge Magier dort aufgetaucht war, genauso schnell setze er seinen Weg fort. Fort durch die seichten, grünen Hügel, bis er den Schotterweg erreichte, der vor die Tore des alten Landsitzes der Malfoys führte, welches einmal sein Zuhause gewesen war. Zehn Jahre nach dem Krieg war es nun das Anwesen von Voldemort. Es war zu seinem Zuhause geworden und nur seinen engsten Mitgliedern war es erlaubt, das imposante Grundstück zu betreten. Nur die, dessen Innenseite vom linken Unterarm das Dunkle Mal zierte, denn diese Magier hatten dem dunklen Lord ihre Loyalität bewiesen.

Draco Malfoy war dieses Privileg schon vor vielen Jahren zu Teil geworden. Er war für den Tod von Albus Dumbledore verantwortlich, auch wenn Severus Snape ihn letztlich mit dem Todesfluch vom Astronomieturm stürzte, so war es Draco, der die Falle stellte. Und der naive Teenager von damals hatte gedacht, dass seine Familie nun frei war von Leid, dass das Versagen seines Vaters damit abgegolten war. Der Draco von heute wusste allerdings, dass es so etwas bei Voldemort nicht gab. Mit dem dunklen Mal schwor man sein Leben für die Gemeinschaft der Reinblüter zugeben – und alles, was dieses Leben lebenswert machte, gehörte automatisch dazu.

Es dauerte ein paar Jahre, bis Draco das begriffen hatte, und es hatte alles für ihn verändert. Inzwischen war jedem bewusst, dass er sich bis aufs Mark dem dunklen Lord verschrieben hatte. Er gab Leib und Seele für den obersten Zauberer der heutigen Magiergesellschaft.

Er war ein loyaler Diener.

Seine Eltern durften sich durch seine Dienste schon vor vielen Jahren auf ihren Zweitwohnsitz zurückziehen, wo seine Mutter Narzissa ihren mental erkrankten Mann pflegte und heimlich im Stillen um ihren Sohn bangte – aus Angst er würde irgendwann genauso verrückt werden wie sein Vater. Doch auch sie musste regelmäßig und bei fast jedem Treffen des inneren Kreises auftauchen. Voldemort ließ es sich nicht nehmen zu zeigen, dass sie immer noch und ausschließlich ihm verpflichtet war. Egal wie sehr Lucius in der Zeit schrie, litt und weinte, wenn sie das Haus verließ. Manchmal ließ Voldemort Dracos Mutter absichtlich zeitintensive Drecksarbeit erledigen, damit ihr Gatte länger allein verweilen musste und die Angst, dass seine Frau nicht mehr lebend zurückkam, sich noch mehr manifestieren konnte.

Draco konnte und wollte nichts gegen diese Dinge unternehmen. Er unterstützte seine Mutter jedoch, indem er starke Beruhigungstränke im St.-Mungo-Hospital brauen ließ, damit sein Vater etwas zur Ruhe kam, wenn sie ihre Pflichten erfüllte.

Heute war allerdings kein gewöhnliches Treffen unter dem engsten Kreis vereinbart, sondern der dunkle Lord rief ausschließlich die Todesser in sein altes Zuhause, die in Hogwarts als Professoren eingesetzt worden waren. An den Ort, an dem sie vor zehn Jahren den Tod von Harry Potter und die Invasion von Hogwarts geplant hatten.

Draco dachte, soweit es ihm möglich war, nicht an diese Zeit zurück, aber er musste sich eingestehen, dass er nicht so ruhig wie sonst war, wenn er an diesen Ort gerufen wurde. Denn er war kein Professor in Hogwarts und man hatte ihm bisher nicht gesagt, wieso seine Anwesenheit heute ebenfalls erwünscht war.