Feuer

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In Askaban hatten die Zellen keine Türen und auch keine Fenster. Kalter, nackter Stein umgab Hermine. Hüllte sie Stunde um Stunde, Tag für Tag in eine trostlose Dunkelheit. Seit zehn Jahren.

In den ersten Monaten hatte sie gehofft, dass Dumbledore noch irgendetwas oder irgendjemanden in der Hinterhand hatte. Jemanden der Hermine und ihre Freunde befreien hätte können, aber je mehr die Zeit voranschritt, je länger ihre Haare über die Schultern reichten und je dünner ihre Gestalt im Schatten wurde, desto mehr verschwand die Hoffnung, die zuvor ihren Überlebensinstinkt angefacht hatte.

Die Schreie von Mitgefangenen.

Das Weinen in weit entfernten Zellen und die nagende Hoffnungslosigkeit waren seitdem ihr stetiger Begleiter, während sie von allem abgeschottet in ihrer Zelle verweilte und versuchte nicht den Verstand zu verlieren.

Das erste Jahr war das Schwierigste gewesen. Die Albträume von Harrys leblosem Körper, den sie sich vorstellen musste, weil sie ihn nie zu Gesicht bekommen hatte, waren die prägnantesten. Sie brannten sich Nacht für Nacht ein Stückchen mehr in ihre Erinnerungen und die Träume unterschieden sich so stark, dass sie manchmal nur damit beschäftigt war seine Leiche im immer dichter werdenden Wald zu suchen; und dann in einer anderen Nacht starrte sie einfach stundenlang auf zutiefst verweste Überreste, während die leeren Höhlen aus Harry Schädel in die Baumkronen vom verbotenen Wald gerichtet waren.

Hermine konnte es einfach nicht abstellen.

Die Ungewissheit, was die Todesser mit Harrys Leiche getan hatten, brachten sie im ersten Jahr fast um den Verstand.

Und dann waren da noch die Erinnerungen an die Dinge, die sie mit eigenen Augen gesehen hatte: McGonagall, die gefoltert wurde von den Carrows, bis sie letztlich regungslos auf dem Kerkerboden liegen blieb. Eine Frau, die bis zuletzt stark geblieben war und alles gegeben hatte, um Hogwarts zu retten – bis sie nur noch ihr Leben geben konnte.

Hermine fand, dass die Zeit nach der Schlacht schlimmer war als alles, was sie davor erlebt hatten. Manchmal wünschte sie sich in das Zelt zurück, tanzend mit Harry.

Irgendwann rückten die schrecklichen Dinge, die man ihnen angetan hatte in den Hintergrund, weil die übrigen Gefangenen, die schon etliche Wochen in den Kerkern auf weitere Grausamkeiten warteten, anfingen zu verhungern. Ganz zu schweigen von den hygienischen Zuständen.

Sie waren in vier Kerker aufgeteilt worden, in dem einen waren Ginny Weasley, Luna Lovegood, Cho Chang und Hermine Granger eingesperrt. Direkt daneben Ron Weasley, stark verwundet mit einem noch stärker verwundeten Aberforth Dumbledore, Bill und George Weasley. Fred war in der Schlacht gefallen. Seine Eltern ebenfalls. Rons Weinen und Schmerzensschreie waren alles, was Hermine manchmal hören konnte, wenn sie sich neben ihren Freundinnen zusammenkauerte.

Sie erinnerte sich daran, dass sie Rons Hand erreichen konnte, wenn sie ihre eigene durch die Gitterstäbe schob, aber einer der Todesser, die sie bewacht hatten, quälten sie anschließend mit dem Cruciatus. Also hatten sie diese einzige Geste der Vertrautheit irgendwann eingestellt.

Sie konnte sich an die anderen Kerker nicht mehr erinnern. Hermine wusste nur noch, dass Madame Rosmerta, Hannah Abbott und eine Ravenclaw Schülerin irgendwann rausgeholt wurden.

Sie hatten aufgegeben und Voldemort schließlich ihre Treue geschworen.

Eng aneinander gekauert saßen sie nun da und hielten sich an ihren immer dreckiger werdenden Händen, als irgendwann, Monate nach der Schlacht und irgendwann im Frühling, Pansy Parkinson gekommen war, um ihnen zu verkünden, dass sie nach Askaban geschickt werden sollten. Ein Akt der Gnade, so hatte sie es genannt.

MaliceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt