Aus den Fenstern des Ostflügels konnte Draco Malfoy sehen, wie die Sonne langsam aufging. Die Strahlen kamen, einer nach dem anderen, hinter den Klippen von Dorset hervor.
Sie wohnten nahe am Meer und er hatte die nackte Natur hier im Süden Englands irgendwann zu schätzen gelernt. Frieden inmitten einer Zeit, in der Frieden nur noch ein inflationär genutzter Begriff war, um ein Regime zu rechtfertigen, das mit Hass und Angst aufgebaut worden war.
Und so saß er an seinem polierten Kirschholzschreibtisch und blickte in die orangerote Szenerie, die sich hinter den hohen Sprossenfenstern seiner Villa abspielte. Seine Gedanken kreisten um Hermine Granger. Wie er sie in ihr Bett gelegt hatte, ihr Gesicht durch den Schlafzauber friedlich und entspannt.
Draco wusste, dass er dabei war, einen Weg einzuschlagen, der ihm und jeden Menschen, mit dem er zu tun hatte, das Leben kosten konnte.
Aber als er sie auf den Überresten von Harry Potter liegen sah, wie sie ihre Arme um seinen von Moos überwachsenen Körper schlang, sich an ihn drückte, obwohl nichts mehr übrig war von dem Jungen, der am Ende doch nicht überlebt hatte. Als er sie bitterlich weinen hörte, wie sie seinen Namen murmelte und dann vor Erschöpfung ihrer Trauer um ihren besten Freund eingeschlafen war, da war in Draco etwas zum Leben erwacht.
Etwas, was er schon sehr lange nicht mehr auf diese Art und Weise gefühlt hatte: Er wollte Hermine Granger vor weiterem Leid beschützen. Aber das war nicht alles: Er wollte sie besitzen.
Sie berühren, ihren zarten Körper unter seinen Händen spüren.
Draco schloss seine Augen, weil ihn die Erinnerungen an ihre Wärme so überwältigte. Er rief sich ihren nackten Körper in Erinnerung. Wie sie im Bad der Vertrauensschüler gestanden hatte, ihn herausgefordert hatte, aber auch wie sie in das heiße Badewasser gestiegen war und ihre lockigen Haare zu einem glatten, nassen Vorhang wurden.
Er wollte sie.
Und das war ein Problem.
Eigentlich wusste er es schon damals, als sie ihn im dritten Jahr geohrfeigt und es gewagt hatte, ihn vor seinen Freunden zu demütigen, dass er eine Schwäche für Hermine Granger hatte. Aber die Ereignisse spitzten sich mit jedem Jahr mehr zu. Da war einfach kein Raum für seine Gefühle gewesen.
Er wusste noch, dass er im vierten Jahr mit einem sehr teuren Buch über keltische Runen, welches er bei Flourish & Blotts bestellt hatte und nach Hogwarts liefern ließ, bewaffnet zur Bibliothek spaziert war, um Granger zu beschenken und zu fragen, ob sie seine Verabredung für den Winterball werden würde. Dann allerdings Zeuge von einem stürmischen Kuss von Viktor Krum und ihr wurde.
Danach hatte er das Buch verbrannt und Pansy zu seiner festen Freundin gemacht.
Eine Entscheidung, über die er bis heute nicht wieder nachgedacht hatte. Ob Hermine ihn zu einer besseren Version von sich selbst gemacht hätte? Ob er dann kein Todesser geworden wäre? Ob Pansys Sucht nach Schmerzen und Demütigung und ihr Antrieb nach Macht seine dunkle Seite nicht geweckt hätte? Vielleicht hätte er trotzdem die Seiten gewechselt und Dumbledores Tod vorangetrieben. Vielleicht wäre er Astoria dann ein besserer Ehemann geworden.
Die Sonnenstrahlen wärmten Dracos Gesicht und er reckte sein Kinn nach oben, stellte sich vor, dass Hermine ihn nicht hasste und dass sein Leben anders verlaufen wäre, aber selbst, wenn er sie letztendlich doch noch für sich gewinnen konnte, wäre er heute kein liebevoller Mann.
Er wusste nicht, wie man liebte und dass, obwohl er den perfekten Ehemann mimte. Draco hatte nie gelernt, geduldig mit etwas oder jemandem zu sein. Zuzuhören oder die Gefühle von jemandem länger als einen Wimpernschlag zu verstehen. Und er war sich dessen auch bewusst, sollte das etwa bedeuten, dass er sein Schlammblut besser nicht in seine Arme treiben sollte? Würde er ihr wehtun?
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Malice
FanfictionDer Krieg ist verloren und Harry Potter tot. Hogwarts ist kein Ort der Liebe und Sicherheit mehr, sondern eine Schule dominiert von Lehrern, die eigentlich Voldemorts Schergen sind. Hunderte Kilometer entfernt lebt Draco Malfoy in einer arrangierten...