Bereits tot

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In dem Garten der Malfoys schwang eine leise, angenehm ruhige Musik, dessen Ursprung Hermine zunächst nicht ausmachen konnte. Sie bewegte sich allein durch die Reihen der Reinblüter. Jetzt wo Evan Rosier alles von Hermine hatte, was er wollte, war sie auf sich gestellt, denn von Draco war weit und breit nichts zu sehen. Sie fragte sich noch immer, ob Evan einfach nur naiv oder ein verdammt gerissener Mann war, dass er ausgerechnet sie um Hilfe bat. Hatte sie tatsächlich so viel Einfluss?

War sie es am Ende, die Schuld daran war, dass man Hubertus Greyweed aus Hogwarts und dem Ministerium entfernt hatte? Weil sie den Schülern das gab, was sie so dringend brauchten, um in dieser neuen Welt Fuß zu fassen? Um ihre Eltern stolz zu machen und die Ehre ihres Familiennamens zu bewahren?

In Gedanken versunken, ignorierte sie das Getuschel der Hexen und Zauberer um sich herum, ebenso wie deren abschätzende Blicke.

Gerade als sie an einer älteren Dame vorbeikam, die sich demonstrativ von Hermine wegdrehte, entdeckte sie in etlicher Entfernung eine vierköpfige Band.

Sie spielten ganz am Rande des wunderschön gepflegten Gartens der Malfoys, direkt vor der untergehenden Sonne, ihre Musik auf Instrumenten, die Hermine noch nie gesehen hatte. Sie sahen aus wie seltsam geschwungene, silberne Harfen, nur dass sie sehr viel schmaler waren.

Eine Handvoll Gäste hatten sich davor auf schwebenden dunkelgrünen Samtkissen und eleganten Stühlen niedergelassen, um der Musik aus der Nähe zu lauschen.

Dieses Fest wirkte so normal und friedlich, schoss es Hermine plötzlich durch den Kopf und sie blickte sich zum ersten Mal aufmerksamer um – mit der von Evan Rosier erwähnten Scharfsinnigkeit.

Die Menschen hier waren allesamt elegant gekleidet. Sie wollten sehen und gesehen werden. Jeder war in irgendwelche Gespräche vertieft, spielte um Koboldgold an den Spieltischen oder trank und aß von den Köstlichkeiten, die auf schwebenden Tablets durch die Menge glitten.

Genauso hatte sich Hermine immer die Konferenzen ihrer Eltern vorgestellt, nur ohne die Magie. Der flüchtige Gedanke an ihre Eltern traf Hermines Innerstes unerwartet schmerzhaft. Sie blickte auf den Boden und überlegte, was sie hier eigentlich machte. Sie gab Todessern Versprechen, um ihnen dabei zu helfen einen Platz einzunehmen, den sie nicht einmal verdient hatten. Steckte in diesem furchtbar aufreizenden Kleid, um auf sich aufmerksam zu machen. Unruhe zu stiften. Hermine fühlte sich plötzlich schrecklich fehl am Platz und ging ohne ein bestimmtes Ziel an den Festzelten vorbei.

Ihre Gedanken waren bei Luna, sie hatte das dringende Bedürfnis das Gespräch von vorhin fortzuführen, aber egal wo sie die Menge mit ihren Blicken absuchte – sie war nirgends zu finden. Auch Draco war weiterhin unauffindbar, was sie noch mehr verunsicherte. Gab es Ärger? War es zu viel gewesen? Hatte sie zu viel gewagt?

Die Sonne stand tief und spiegelte sich in dem prächtigen viktorianischen Gewächshaus, vor dem Hermine nun stand. Sie betrachtete es von außen und fragte sich, welcher der Malfoys hier wohl regelmäßig gärtnerte. Draco hasste Pflanzen und Dreck.

Weil sie einen Ort suchte, an dem sie unbeobachtet etwas Zeit totschlagen konnte, umrundete Hermine das prächtige Gebäude, bis sie vor einer kleinen Tür stand, die hinter einem weißblühenden Busch verborgen lag. Sie griff nach dem gusseisernen Knauf, der sich jedoch weder in die eine, noch in die andere Richtung drehen ließ, also zückte Hermine ihren Zauberstab und flüsterte »Alohomora!«

Das Schloss knackte hörbar. Hermine blickte sich einmal prüfend um, ob sie jemand beobachtete, doch der hintere Teil des Gewächshauses war fast gänzlich uneinsichtig, weshalb Hermine durch die Tür schlüpfte und plötzlich in einem stickigen Raum voller exotischer Palmen und magischen Pflanzen stand. Es war, als wäre sie wie in einer komplett anderen Welt gelandet.

MaliceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt