Harry Potters Erbe

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Hermine spielte an dem Anhänger ihrer Kette herum. Der kleine goldene Schlüssel hing seit jenem Tag, an dem sie versucht hatte durch den Kamin in das alte Anwesen der Malfoys zu gelangen, um ihren Hals.

Immer, wenn sie ihren Gedanken nachhing, zog sie den Anhänger von links nach rechts über die zierlichen Glieder – ohne es bewusst wahrzunehmen.

Zwei Wochen war es her, seit sie mit Malfoy London besucht hatte. Vierzehn Tage, in denen sie im Stillen geweint hatte, um verpasste Chancen und um vergangene Verluste, vielleicht auch um sich selbst, weil sie das Gefühl nicht loswurde, allein zu sein in dieser grausamen Welt, in der sie sich einfach nicht mehr zuhause fühlte.

Heute war der erste Tag, an dem Hermine Professor Fawley wiedersehen würde, dass erste Mal, nachdem sie ihr gegenüber dem Dunklen Lord die Treue geschworen hatte. Heute Nachmittag nach dem Unterricht, war eine Einladung in das Büro der Schulleiterin auf ihrem Schreibtisch erschienen und seitdem überlegte sie, was Fawley mit ihr besprechen wollte. Sie vermutete, dass es um die Osterferien gehen würde und wie Hermine diese in Hogwarts zu verbringen hatte.

Hubertus schnitt das Thema Ferien vergangenen Freitag an und erklärte Hermine, dass es ihr vermutlich erlaubt werden würde ihre Freunde zu besuchen. Das war ein Detail, das er im Ministerium aufgeschnappt hatte, als man sich über frisch entlassene Gefangene aus Askaban unterhielt.

Seitdem fiel es ihr sehr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie wollte ihre Freunde natürlich wiedersehen. Ihnen erklären, wieso es ihr so wichtig war, nach Hogwarts zurückzukehren. All die Dinge sagen, für die keine Zeit war, als sie vor fast einem Monat zusammen hinter dem Ministerium in ihr neues Leben entlassen wurden. Aber auf der anderen Seite lähmte sie das Gefühl von Einsamkeit so sehr, dass sie sich daran gewöhnt hatte, nur für sich zu sein.

Ihr fiel es unsagbar schwer, Gesellschaft zu ertragen. Nach dem Besuch im St. Mungo sogar noch mehr als ohnehin schon.

Die Uhr über der Tür erinnerte Hermine daran, dass sie sich beeilen musste, um pünktlich hinter der Säule mit den Motten zu verschwinden und das Büro der Schulleiterin zu betreten.

Die Flure waren voll von Schülern, die den sonnigen Aprilnachmittag draußen verbringen wollten. Viele von ihnen waren schon in Ferienstimmung und unterhielten sich darüber, wie sie die Osterfeiertage verbringen wollten. Hermine grüßte jeden freundlich. Mittlerweile kannte man sie, was aber viel wichtiger war, man akzeptierte sie. Es gab Schüler, die aus der Reihe tanzten und sich benahmen, wie die arroganten Reinblüter, die sie nun mal erzogen hatten. Doch der Großteil war respektvoll und wusste ihren Unterricht zu schätzen – sie grüßten freundlich zurück.

Vor der Säule mit den Motten blieb Hermine stehen und drückte den Totenkopf, bis es leise klickte. Oben angekommen stand sie vor der Knochentür, und bevor sie klopfte, schob sie den Ärmel ihrer Bluse über die Knöchel. Sie wollte sie immer noch nicht mit ihrer Haut berühren.

»Herein

Fawley saß hinter ihrem Schreibtisch, schrieb mit ihrer Feder konzentriert auf einem Pergament herum und hob ihre Hand mit leicht erhobenem Zeigefinger – ein Zeichen, dass sie noch kurz etwas beenden wollte und dass ihr Besuch zu warten hatte.

Hermine verstand und schlenderte zu dem Sessel neben der Tür. An der danebenliegenden Wand befand sich ein Bücherregal, das sich perfekt in die Rundung des Raumes einfügte. Die Bücher darin sahen teilweise frisch gebunden aus, das Leder glänzte und die goldenen Lettern schimmerten neuwertig. Hermine neigte interessiert ihren Kopf, um die Titel lesen zu können:

Das Elend der Nichtmagier

Magie – zwischen Zwang und Unterdrückung

Reinheit und Freiheit

MaliceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt