Schlammblut

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Das Ministerium in London war nach wie vor ein Ort, an dem viele Menschen arbeiteten. Doch die Vielfalt der Menschen und Wesen, denen man hier früher begegnet war, war verschwunden.

Hexen und Zauberer in eleganten, schwarzen Roben und mit der schillernd-silbernen Bestickung des Dunklen Mals, eilten von einem Büro ins nächste und von einer Abteilung in die andere. Ein dunkles, simultanes Treiben – jeder hatte seinen Platz und seine Aufgabe.

Keine Kobolde oder Gestalten, über die man staunen konnte oder schmunzeln musste.

Hermine war aus dem zehnten Stock in die Zauberei-Zentralverwaltung gebracht worden. Hier wartete sie nun und rieb sich ihre Augen, die in den Jahren ihrer Gefangenschaft empfindlich gegen das Licht geworden waren.

Nach der Verhandlung fiel ihr auf, wie dreckig sie eigentlich war und wie sehr ihr äußeres Erscheinungsbild zu dem Wort passte, das auf ihrem Arm vor langer Zeit vernarbt war.

Schlammblut.

Die Narbe war in Vergessenheit geraten, denn in der Dunkelheit musste sie sie schließlich nicht sehen. Doch nun, wo Licht auf Hermine fiel, strahlten die rötlich verheilten Buchstaben auf ihrem Unterarm wie eine unübersehbare Markierung und offenbar war das auch jedem aufgefallen, dem sie vorhin auf den Fluren begegnet war.

Sie saß auf einer glatten Steinbank in einem abgesonderten Raum, irgendwo im dritten Stock. Ihr waren die Fesseln entfernt worden und sie massierte die Stellen, die sie noch vor wenigen Minuten an den Stuhl im Gerichtssaal geschnallt hatten. Gerade als Hermine feststellte, wie farblos ihre Haut war, öffnete sich die Tür, und der Todesser Avery kam mit einer weiteren ehemaligen Gefangenen in den Raum.

Es war Ginny Weasley.

Hermine sprang auf und Ginny hob ihren hübschen Kopf. Die zehn Jahre Askaban hatten das Feuer in ihren rehbraunen Augen nicht auslöschen können. Im Gegensatz zu Hermine, war die Jüngste der Weasleys noch gefesselt. Hinter ihrem Rücken waren grell leuchtende, magische Seile zu erkennen.

»Baut keine Scheiße, sonst sorge ich dafür, dass ihr nicht einen Schritt aus diesem Gebäude macht, verstanden?«, sagte Avery und bugsierte Ginny mitten auf eine weitere Steinbank.

Die beiden Frauen konnten den Blick nicht voneinander abwenden.

Es war Hermine, die Avery durch ein Nicken zu verstehen gab, dass sie keine Probleme machen würden. Und erst als der Todesser den Raum verließ und die Tür mit einem Zauberspruch versiegelt hatte, fiel Ginny in Hermines Arme. Durch die Fesseln konnte sie Hermine nicht drücken, also presste sie ihr blasses Gesicht an das ihrer Freundin, während Hermine ihre Arme um Ginny schlang und sie einfach nur hielt.

So standen die beiden Freundinnen da, bis sich die Tür wenige Minuten später erneut öffnete und man Cho Chang hereinbrachte.

»Oh Merlin!«, seufzte diese sofort beim Anblick ihrer ehemaligen Klassenkameradinnen und entriss sich dem Todesser, der sie bewacht hatte, um Ginny und Hermine in ihrer Umarmung zu vervollständigen.

Wer zuerst angefangen hatte zu weinen, wusste Hermine nicht mehr, aber als dann auch Luna Lovegood dazukam, verträumt lächelnd in ihre Richtung winkte und sie nacheinander tätschelte, war ihre graue Gefängniskleidung nass vor Tränen.

»Wo sind Ron? George? Bill?« Ginny fragte nach ihren Brüdern, aber alle sahen ratlos in die Gesichter der jeweils anderen. »Ich weiß es nicht. Vielleicht ist die Verhandlung noch nicht durch.«, überlegte Cho und Hermine bekam ein ungutes Gefühl. Was wenn sie tot waren?

»Wieso haben sie deine Fesseln nicht gelöst.«, wollte Cho von Ginny wissen, als sich die vier Frauen eng nebeneinander auf die Bank setzten. Sie grinste zur Antwort und erzählte, wie sie dem Ministeriumsbeamten die Augen fast mit ihren bloßen Händen aus dem Schädel gekratzt hatte.

MaliceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt