Ein leises, energisches Klopfen schreckte Hermine aus einem traumlosen Schlaf. Ihre Lider schmerzten, als sie ihre Augen öffnete und das bunte Farbenspiel an der Holzdecke ihrer Hütte betrachtete. Die Wärme der scheinenden Sonne weckte Erinnerungen an den warmen Körper des Zentauren Firenze und schlagartig wurde Hermine bewusst, dass sie nicht hätte hier sein sollen. Sie hätte nicht zugedeckt in ihrem Bett liegen dürfen, sondern auf einem Hügel im verbotenen Wald, zwischen Moos und zarten Ranken, umgeben von den kleinen geblümten Wächtern, die Harrys Überreste beschützten mit ihrer besonderen Magie.
Sie schlug die Bettdecke zur Seite und stellte fest, dass sie ihr Leinen-Kleid von letzter Nacht noch trug. Ein weiterer prüfender Blick in der kleinen Hütte verriet ihr, dass ihr Umhang zusammengelegt auf dem großen Sessel lag und ihre Stiefel ordentlich nebeneinander neben der Tür standen.
Wie war sie hierhergekommen?
Sie konnte sich nicht erinnern und das gab Hermine das Gefühl, die Kontrolle über ihr neues Leben verloren zu haben. Ob Firenze sie gefunden hatte? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der Zentaur an den Ort zurückgekommen war, wenn er doch offensichtlich trauerte, als wäre Harry gerade eben erst verstorben.
Klopf. Klopf.
Das Klopfen, von dem Hermine geweckt wurde, riss sie nun aus ihren Gedanken. Sie blickte zur Tür, aber stellte dann fest, dass es von einem ihrer kleinen Buntglas-Fenster kam.
Eine Eule versuchte ihre Aufmerksamkeit zu erregen – klein, kugelrund und unscheinbar saß sie auf dem schmalen Steg vor der Scheibe. Ließ sich ihr Gefieder von der Morgensonne wärmen und blinzelte Hermine ein paar Mal an, bis diese endlich das Fenster öffnete und ihr den Brief vom kleinen Bein band.
Die Eule schob ihre Flügel etwas enger zusammen, genoss noch einige Sekunden die Sonne, bevor sie sich auf dem Weg zurück zu ihrem Absender machte – offenbar Richtung Schloss.
Überrascht über die unerwartete Post, drehte Hermine den klein gefalteten Brief in ihren Händen – aber es gab keine Rückschlüsse auf einen Absender.
Hermine ließ das Fenster geöffnet und setzte sich neben ihren Umhang auf den Sessel, den sie zu Beginn der Woche so mühsam geflickt hatte.
Immer noch verwirrt darüber, wie sie zurück in ihre Hütte gekommen war, entfaltete sie ungeduldig das kleingefaltete Pergament.
Ich bin nicht der emotionalste Mensch und kein Mann der vielen Worte. Aber du hast die Unfreundlichkeit nicht verdient, die ich dir entgegenbrachte.
Ich bin um die Mittagszeit in den Drei Besen.
Mittagsessen geht auf mich.
P.S.: Stell den Diptam nicht in die Sonne, dann blüht er nicht.
Gaspard
Mit einem Seufzen legte sie das kleine Pergament auf den Tisch und schloss anschließend ihre Augen. Sie war erschöpft von den vielen Eindrücken, der neuen Verantwortung und den Ereignissen der letzten Nacht.
Zu wissen, wo Harry lag und dass er so behütet vom verbotenen Wald, umgeben von Moos und diesen kleinen Blumen, einen Ort des Friedens nur für sich hatte, gab Hermine ein Gefühl von Erleichterung.
Es hatte sich in den zehn Jahren ein unbeschreiblicher Druck in ihr aufgebaut, weil sie nicht wusste, wo Harry hingerichtet worden war. Auch wenn sie seinen Kopf genommen hatten, so war sein Körper zur Ruhe gebettet – schöner als alles, was Hermine sich in der Dunkelheit ihres Gefängnisses ausgemalt hatte.
Es gab viele verborgene Geheimnisse und Magien zwischen den Bäumen und Sträuchern des Waldes rund um Hogwarts, aber dass er erkannte, was Harry Potter für die Magierschaft bedeutet hatte – was er ihr bedeutet hatte und dass es immer noch eine Magie gab, die seine Überreste beschützte, war das Außergewöhnlichste, was Hermine je erlebt hatte.
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Malice
FanfictionDer Krieg ist verloren und Harry Potter tot. Hogwarts ist kein Ort der Liebe und Sicherheit mehr, sondern eine Schule dominiert von Lehrern, die eigentlich Voldemorts Schergen sind. Hunderte Kilometer entfernt lebt Draco Malfoy in einer arrangierten...