Always

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In zehn Jahren Gefangenschaft, ohne Reize, die den Geist wachhielten und ohne soziale Kontakte, die Bedürfnisse nach Nähe und Unterhaltung stillten, war Hermine Granger von einer aufgeweckten und scharfsinnigen Schülerin zu einer unruhigen, angsterfüllten Frau geworden.

Ihr Mund war noch blutverschmiert, von dem Angriff auf den Mann vor ihrer Zelle. Ein Mann mittleren Alters, wie Hermine nun erkennen konnte. Er war klein, gedrungen und verbarg seinen Wohlstandsbauch hinter teurer, maßgeschneiderter Kleidung.

Gerade in diesem Moment ließ er sich von einer Kollegin notdürftig zusammenflicken. Sie hantierte mit komplizierten Zauberstabbewegungen an seinem Gesicht herum. »Das sollte professionell von einem Heiler angesehen werden, Gregory.«, kommentierte sie leicht drängend.

Hermine schien ausgesprochen zufrieden mit sich, als sie sich mit gefesselten Knöcheln und Handgelenken in ihrem Stuhl nach vorn beugte, um die Wunde genauer sehen zu können. Hoffentlich würden ihre Bakterien ihm die linke Gesichtshälfte wegfressen, dachte sie so bei sich. Auch wenn sie wusste, dass magische Heilung bakteriellen Entzündungen keine Chance gab.

Sie hatten sie aus Askaban direkt in das Zaubereiministerium gebracht. Und nachdem Hermine aufgewacht war, konnte sie rein gar nichts gegen die hellen Lichter, Gerüche und Geräusche tun. Alles überforderte sie und ihr wurde schlecht bei dem Impuls, dass sie zurück in ihre Zelle wollte, wo es ruhig war, wo sie sich sicher gefühlt hatte und wusste, was sie jeden Tag erwartete.

Jetzt stand ihr aller Wahrscheinlichkeit nach, der Tod, bevor oder Schlimmeres – denn sie wusste, dass es weitaus Schlimmeres gab als den Tod.

Der Raum in den Hermine gebracht worden war, war kreisrund. Podeste ragten um sie herum aufsteigend in die Höhe. Mindestens fünfhundert Menschen hätten hier einen Platz finden können, um auf Hermine niederzublicken, die wie auf einem Präsentierteller genau in der Mitte des Raumes platziert worden war.

Ihr gegenüber, allerdings viel weiter oberhalb, hinter einem schlichten Pult aus poliertem Holz, saß eine Frau, die Hermine anstarrte und sich nicht rührte. So als ob Hermine sie nicht beachten würde oder sehen konnte, würde sie nur still genug halten.

Neben ihr hockte der verletzte Mann namens Gregory und neben ihm wiederum saß die Kollegin, die sich eben noch um seine Wunde gekümmert hatte, nun aber konzentriert einen Stapel Pergamentrollen durchsah.

Alle waren in pechschwarze Umhänge gehüllt, auf dessen linker Seite in Höhe des Herzens, eine silberne Stickerei vom Dunklen Mal eingelassen war.

So sah es hier jetzt also aus. Man war also für Voldemort und sein Regime oder man war dagegen. Nicht überraschend, aber gleichzeitig dann doch. Niemand hatte sich in den letzten zehn Jahren gewehrt.

Hermine wollte dringend ihre Gedanken sortieren, aber sie war nicht dazu in der Lage. Alles prasselte gleichzeitig auf sie herein. Jeder Eindruck schien ihr gleich wichtig zu sein und dann war da noch das Licht, es brannte und war unangenehm. Es sorgte dafür, dass sie immer wieder ihren Kopf schüttelte, damit ihre dunklen Haare schützend vor ihr Gesicht fielen.

Auf den Rängen um sie herum saßen noch zwei weitere Zauberer und eine Hexe.

Einer von ihnen hatte etwas abseits der anderen Platz genommen. Gekleidet war er in einen braunen, schweren Reiseumhang. Der Zauberer schien zu dösen, und die anderen beiden identifizierte Hermine sofort als Todesser. Es war die Art, wie sie sich von anderen fast schon auf natürliche Art und Weise absonderten und immer wieder zu Hermine schauten. So als wären sie jedem in diesem Raum überlegen und als würden sie die ehemalige Hogwartsschülerin am liebsten zurück in ihre Zelle bringen oder anderweitig beseitigen.

MaliceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt