Versuch es noch mal. Wir saßen wieder vor dem Spiegel und Sapienzia versuchte sich an einem verwunderten Stirnrunzeln. Kannst du es mir nochmal vormachen? Ich runzelte meine Stirn, riss die Augen auf und zog die Brauen hoch. Dann wurde mein Gesicht wieder reglos. Sapienzia versuchte ihr Glück. Die Augen waren kein Problem, aber sie schaffte das Stirnrunzeln nicht, die Augenbrauen zitterten und rutschten auf halbem Weg wieder runter. Verdammt. Es ist schon seltsam. Wir üben jetzt eine ganze Weile, und meinen Körper hast du so schnell beherrscht. Das Gesicht ist kompliziert. Eine winzige Veränderung kann das komplette Gegenteil bedeuten. Es ist für mich schon schwierig, die Bedeutung eines Gesichtsausdrucks zu erfassen. Ich zog die Augenbrauen zusammen und funkelte mein Spiegelbild drohend an. Welche Emotion ist das? Glück ist es nicht. Du lächelst nicht. Vielleicht Trauer? Nein. Hmm. Wut! Es ist Wut! Ich lächelte. Ganz genau. Jetzt lächelst du. Ist das Glück? Nicht unbedingt. Im Moment eher meine Freude darüber, dass du die Wut erkannt hast. Sie seufzte. Siehst du? Das meinte ich als ich sagte, es sei kompliziert. Du hast ja Recht. Trotzdem, es ist machbar. Wenn du das Gesicht eines Gegenüber deuten musst, kannst du auch einfach mich fragen. Aber du begreifst so schrecklich langsam. Na besten Dank auch. War das beleidigend? Ja. Ups. Entschuldigung. Entschuldigung angenommen. Du musst echt noch viel lernen. Ich weiß, ich weiß. Wenigstens das weiß ich. Dann machen wir weiter! Wir übten noch den ganzen Nachmittag.
Dann machte ich mich auf den Weg zur Lars-Farm. Beru hatte mich zum Abendessen eingeladen. Sapienzia übernahm den Weg, denn das Gehen auf dem losen Sand war eine neue Herausforderung. Wir brauchten dringend einen Gleiter. Sobald Ben und Ahsoka wieder da waren, würde ich meinen Ehemann dazu überreden, einen zu kaufen. Mein Ehemann. Mein Bauch kribbelte immer noch, wenn ich ihn so nannte.
Beru begrüßte mich mit einer herzlichen Umarmung, Owen mit Luke auf dem Arm winkte mir von der anderen Seite des Raumes lächelnd zu und Eliondo schenkte mir ein trauriges Lächeln. Ist er glücklich? Nein, traurig. Verdammt. Wieso lächelt er dann? Er macht, wie man so schön sagt, gute Miene zum bösen Spiel. Sapienzia stöhnte. Intelligente Lebensformen! Warum sagen sie nicht einfach, was sie fühlen? Ich bin sicher, einige Kulturen tun das. Aber in der menschlichen und auch in der der Twi'lek gilt das als unhöflich und aufdringlich. Warum? Weil man dann den Gegenüber zwingen würde, sich mit Problemen zu beschäftigen, die nicht seine eigenen sind. „Sayuna, ist etwas?" „Entschuldigung, ich war in eine innere Unterhaltung vertieft." Owen und Beru nickten wissend. Ich nahm an, dass Ben ihnen von Sapienzia erzählt hatte, schließlich kannten sie ja bereits Lukes Herkunft, da kam es auf eine geheime Information mehr oder weniger auch nicht mehr an. Eliondo sah mich an, als hätte ich gerade verkündet, dass Eopies fliegen konnten. „Ein .... inneres Gespräch?" „Ich war jetzt über eine Woche allein. Mit irgendwem muss man ja reden. Und Gewohnheiten lassen sich nur schwer ablegen." Er schüttelte ungläubig den Kopf. Aber mir war es lieber, wenn er mich für verrückt hielt als dass er von Sapienzia wusste. Um das Thema zu wechseln, erkundigte ich mich nach Luke und war bald darauf in eine begeisterte Diskussion mit Beru verwechselt. Wir sprachen über Windeln, Babynahrung und Spielsachen. Owen und Eliondo saßen mit starrem Gesicht daneben und ließen es über sich ergehen. Wir waren so in unser Gespräch vertieft, dass wir den Türsummer nicht hörten, nur dann stand plötzlich Ben neben mir. „Hey. Schön, dass ihr wieder da seid." Er zuckte zusammen und überging meine Begrüßung. „Ich war Zuhause, aber du warst nicht da. Ich habe mir Sorgen gemacht. Ich habe gedacht, du wärst vielleicht gefunden worden." Ich stand auf und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Ja, tut mir Leid, Beru hat mich zum Abendessen eingeladen." Beru holte einen weiteren Teller. „Du bist bestimmt hungrig. Iss doch etwas." „Ich kann wirklich nicht..." Berus Lächeln hatte etwas drohendes. „Aber ich bestehe darauf." „Na gut." Er ließ sich auf den Stuhl neben mir sinken. Eliondo stand abrupt auf. „Es tut mir Leid, Beru. Aber ich muss gehen. Bevor ich etwas tue, was ich noch bereuen werde." Beru nickte verstehend. „Natürlich, geh nur." Eliondo verschwand. Ben saß lethargisch neben mir. Er aß, aber er sagte kein Wort und sein Blick blieb auf seinen Teller geheftet. Wenn man ihn fragte, reagierte er, aber seine Antworten waren kurz. Was war los? Was war passiert? „Ben, was ist los?", flüsterte ich. Sein gemurmeltes „Später." war so leise, dass ich es kaum hören konnte. Von da an ließ ich ihn in Ruhe. Aber ich machte mir ernsthaft Sorgen. Was hatte ihn so schockiert? Hoffentlich ging es Ahsoka gut. Ich nahm an, dass sie beschlossen hatte, Zuhause zu bleiben. Beru war eine sehr gute Köchin, aber das Essen schmeckte plötzlich nach Pappe. Wir verabschiedeten uns so bald wie möglich. Eliondo war nicht mehr aufgetaucht, aber das passte mir ganz gut, ich wollte mich nicht auch noch mit einem eifersüchtigen Exfreund herumschlagen. Draußen wartete das Eopie. Ben schwang sich wortlos in den Sattel, ich stieg hinter ihm auf, schlang meine Arme um seine Hüften und schmiegte mich so eng wie möglich an ihn. Ich wartete, dass er anfing, zu erzählen, aber wir legten den Weg wortlos zurück. Stattdessen erinnerte ich mich an meinen ersten Ritt auf diesem Eopie zurück, gleich nachdem Ben mich gekauft hatte. Wenn ich gewusst hätte, wie sich unsere Beziehung entwickelte, hätte ich damals nicht so viel Abstand gehalten. Mit einem Seufzer atmete ich Bens vertrauten Geruch ein. Ich hatte ihn vermisst. Und auch Ahsoka hatte mir gefehlt. Ich war froh, dass sie wieder da waren.
Zuhause half ich Ben noch mit dem Eopie. Vielleicht war jetzt kein guter Zeitpunkt, um die Anschaffung eines Gleiters anzusprechen. Ben sah müde aus. Und so schrecklich traumatisiert. Endlich hatte ich den Eimer Wasser in den Trog gekippt. Ben nahm mir den Eimer ab und zog mich in seine Arme. „Der Macht sei Dank. Es geht dir gut.", murmelte er in mein Haar. „Natürlich geht es mir gut. Aber ich würde gerne Ahsoka begrüßen, bevor wir das hier fortführen." Ich bog mich zurück und zwinkerte ihm anzüglich zu. Normalerweise hätte er sofort reagiert, aber jetzt sah er mich nur mit stoischer Miene an. „Das geht nicht." „Warum?" „Ahsoka..." Er brach ab. Ich legte eine Hand auf die Stoppeln des nachwachsenden Bartes auf seiner Wange. „Schatz, was ist mit Ahsoka? Wo ist sie? Wie geht es ihr?" „Sie ist nicht hier. Und es geht ihr gut. Jetzt." „Jetzt hör bitte endlich auf, in Rätseln zu sprechen! Was ist los?" Er senkte seinen Blick. Scheinbar konnte er mir nicht in die Augen sehen. „Ahsoka ist tot. Ich konnte nichts tun. Es ging alles viel zu schnell und ich musste schnell weg. Ich konnte sie nicht einmal begraben." Ich blinzelte verwirrt. Dann verstand ich, was er gesagt hatte. Ahsoka war tot! Meine Augen füllten sich mit Tränen. Aber ich war wie erstarrt. Ich regte keinen Muskel, als Ben an meiner Schulter schluchzte und die Tränen sich stumm ihren Weg über meine Wangen bahnten. Ahsoka war tot. Die Starre fiel von mir ab. Ich konnte mich nicht aufrecht halten, meine Beine zitterten zu stark. Wir sanken zu Boden, knieten Arm in Arm im Heu des Eopiestalles und weinten. Ahsoka war tot.
Es dauerte bis zum Morgengrauen. Wir hatten die ganze Nacht versucht, uns gegenseitig zu trösten. Erfolglos. Jetzt waren uns einfach die Tränen ausgegangen. In stummem Einverständnis gingen wir in die Küche, um etwas zu essen. Glücklicherweise war noch etwas von dem Brot da, das ich zusammen mit Ahsoka gebacken hatte. Ahsoka. Sie war überall präsent, an beinahe jedem Möbelstück hingen Erinnerungen an sie. Die Küche war so leer. Besonders der Stuhl links von mir, wo Ahsoka immer gesessen hatte. Ich stellte mir vor, wie sie jetzt dort sitzen würde. Sie würde sich scherzhaft über das trockene Brot beschweren und gleich Pläne aufstellen, wann wir neues backen könnten. Sie würde uns zum Lachen bringen. Sie würde mit ihrer sprudelnden Energie die Küche erleuchten. Das Bild vor meinem inneren Auge verblasste wieder und sofort wirkte die Küche trist, kahl und leer. Zu meiner Überraschung spürte ich nicht nur meine Trauer, sondern auch Bedauern. Ich brauchte eine Weile, bis mir auffiel, dass dieses Bedauern von Sapienzia kam. Sie war nicht direkt traurig über Ahsokas Tod, aber er tat ihr aufrichtig Leid. Ich verschränkte meine Finger mit Bens. Wortlos saßen wir da und gaben uns gegenseitig Halt.
Erst der Türsummer holte uns aus unserer Versenkung. Wir tauschten einen kurzen Blick aus, dann stellte ich mich so neben die Tür, dass mich niemand sehen würde, Ben schob sein Lichtschwert in seinen Ärmel. Ich umklammerte Ahsokas Shoto. Ben nickte mir zu. Dann öffnete er die Tür. Im nächsten Moment sackte er erleichtert zusammen. War es Ahsoka? Hatte sie doch überlebt? Hatte Ben sich geirrt?
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Zeiten des Imperiums: Tatooine
FanfictionIst Obi-Wan auf Tatooine wirklich allein geblieben? 19 Jahre Exil, das ist ja schließlich eine lange Zeit, da kann einem schon mal langweilig werden. Aber was passiert, wenn die Langeweile durch eine junge Sklavin aufgemischt wird? Fanfiction! Achtu...