Sandsturm

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Er war weg. Ich saß vollkommen lethargisch auf dem Bett, zu dem Beru mich geführt hatte, nachdem Ben gegangen war. Ich vermisste ihn. Schon einige Male war einer der Hausbewohner zu mir gekommen und hatte versucht, mich aus meinem Koma zu reißen. Aber sie alle waren erfolglos gewesen. Sapienzia versuchte, mich so weit wie möglich zu trösten, aber auch das war umsonst. Er war weg. Über eine Heirat war ich mir nicht sicher, aber was ich definitiv wusste, war, dass ich ihn nicht verlieren wollte. Eliondo war zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Und ich auch. Es war meine Schuld.

„Sayuna?" Eliondo. Schon wieder. Warum ließen sie mich nicht in Ruhe? „Ich wollte mit dir reden. Damals ... ging alles so schnell." Ich warf ihm nur einen ungnädigen Blick zu, gab aber keine Antwort. Er ignorierte meinen Widerwillen und setzte sich auf die Bettkante. Ich saß an die Wand gelehnt mit angezogenen Beinen. Die Hand, die er auf mein Knie legte, schüttelte ich ab. Eliondo seufzte und faltete die Hände in seinem Schoß. „Ich will nur, dass du weißt, dass ich dich nicht verlassen wollte. Ich musste, es hat mir eine außerordentliche Beförderung eingebracht, aber ich habe nie aufgehört, dich zu lieben. Auch jetzt, wenn das Imperium mich durch eine Marionette ausgetauscht hat, kann ich dir ein gutes Leben bieten. Wir könnten von diesem Planeten verschwinden, uns irgendwo eine Zukunft aufbauen. Naboo ist wunderschön..." Ich reagierte nicht, sondern starrte weiter Löcher in die Wand gegenüber. „Komm schon, Sayuna. Ich weiß, dass du mich nicht vergessen konntest. Ich weiß, dass du mich vermisst hast. Ich kann dir besseres bieten als dieser Sklavenhalter!" „Wage es nicht, ihn so zu nennen!", fauchte ich. „Aber er ist einer!" „Nein, ist er nicht! Er hat mich gekauft, ja, aber er hat niemals irgendwas von mir verlangt. Innerhalb seines Hauses durfte ich frei sein. Und jetzt hat er, nur ein paar Monate nachdem er einen horrenden Preis für mich gezahlt hat, mich frei gelassen. Er ist der beste und großzügigste Mensch, den ich je kennen gelernt habe. Es steht dir nicht zu, dich mit ihm zu vergleichen oder sogar zu denken, du seist besser als er!" „Tänzerin...." „Ach, lass mich doch mit deinem Tänzerin in Frieden! Verschwinde! Verschwinde aus meinem Leben! Ich will dich nicht mehr sehen." „Sayuna..." „NEIN! LASS MICH!" Er sah tatsächlich ein wenig eingeschüchtert aus. Beru trat in den Türrahmen. „Eliondo. Du solltest das Zimmer jetzt besser verlassen." Ihre Stimme klang ruhig, aber bestimmt. „Außerdem braucht Owen Hilfe in der Werkstatt." Eliondo stand auf und ging. Endlich. Beru nahm seinen Platz ein. Ihre Hand schüttelte ich nicht ab. „Du liebst ihn wirklich." Es war eine Feststellung, deswegen sparte ich mir die Antwort. „Was ist dann so falsch daran, ihn zu heiraten?" Ich blickte auf und begegnete Berus Augen. „Ich weiß es nicht mehr.", flüsterte ich. „Willst du ihn heiraten?" „Ich ... ja. Ja, das will ich." Ohne ein weiteres Wort sprang ich auf und sprintete aus dem Raum. Ich wusste, was ich zu tun hatte.

Als ich die Tür öffnete, dachte ich erst, sie würde plötzlich in einer Wand enden, so dicht flogen die Sandkörner. Trotzdem warf ich mich in den Sturm ohne ein weiteres Mal darüber nachzudenken. Ich hatte schon zu lang gezögert. Sapienzia zeigte sich gnädig und hielt den Sand von meinem Kopf fern, aber er schrubbte trotzdem wie Schmirgelpapier über meine restliche Haut. Ich ignorierte es. Von Sapienzia geleitet stürmte ich durch den wirbelnden Sand. Es dauerte wesentlich weniger lang als ich gedacht hätte. Trotzdem kam es mir vor wie eine Ewigkeit bis ich vor der Tür stand. Rasch tippte ich den Türcode ein, aber es kam nur eine Fehlermeldung. Verdammt, sie hatten ihn geändert. Ich drückte auf den Türsummer. Die Tür öffnete sich. Vor mir standen zwei Jedi, die Lichtschwerter gezückt. Als sie mich sahen, ließen sie die Arme sinken. Aber davon abgesehen war ihre Reaktion vollkommen unterschiedlich. „Komm rein, in dem Sturm kannst du nicht draußen stehen bleiben.", sagte Ben leise, dann drehte er sich um und verschwand. Ahsoka sah mir mit verschränkten Armen zu, wie ich das Haus betrat und die Tür schloss. Dann fuhr sie mich an: „Was fällt dir ein? Du kannst nicht einfach so hier auftauchen. Sein Herz ist schon gebrochen, du warst sehr gründlich. Warum bleibst du nicht bei deinem neuen Geliebten?" Ich hielt in einer Friedensgeste meine Hände hoch. „Ich weiß, ich weiß. Nur um das klar zu stellen, Eliondo ist mein Exfreund, der sich ungebeten wieder an mich herangemacht hat. Und mir ist jetzt klar geworden, dass ich einen großen Fehler gemacht habe." Sie sah mich abschätzig an. „Allerdings." Aber sie ließ es zu, dass ich mich ohne ein weiteres Wort an ihr vorbeidrängte und Ben suchte. Ich fand ihn schließlich im Schlafzimmer. Er saß auf dem Bett, starrte vor sich hin, so wie ich es getan hatte, und spielte mit der Halskette. Ich kniete mich vor ihm hin und legte meine Hand auf seine. Er reagierte nicht. Zumindest hatte er mich nicht abgeschüttelt. „Ben?" „Was willst du?", flüsterte er. „Ich will dir alles erklären." Er schnaubte. „Das musst du nicht. Mir ist auch so klar geworden, was da läuft. Wer ist dieser Bastard eigentlich?" „Mein Exfreund." Ich betonte das Ex. „Ich wusste nicht, dass er auf der Lars-Farm ist. Und ich wollte auch nicht, dass er mich umarmt. Er ist einfach in mein Leben geplatzt, hat alles umgeworfen und ein heilloses Durcheinander verursacht. Ja, früher habe ich ihn geliebt, sogar sehr, aber das spielt jetzt keine Rolle mehr, weil es vorbei ist. Ich habe dich getroffen und ich liebe dich viel mehr. Er war der Stern in meinem Leben. Du bist die Sonne. Und neben der Sonne kann man keine Sterne sehen." Er sah auf. Eine Träne rann in seinen Bart. „Aber warum? Warum bist du dann gegangen?" „Geistige Verwirrung. Wenn du klug bist, bringst du mich in eine Nervenheilanstalt, weil ich sie definitiv nicht mehr alle habe. Es war der größte Fehler meines Lebens, zu gehen. Halt, nein, der zweitgrößte. Der größte war es, nein zu sagen. Wahrscheinlich ist es zu spät, aber..." Ich biss mir auf die Lippe. „Ja, ich will dich heiraten. Auch, wenn du nicht mehr willst. Wenn das der Fall ist, werde ich um dich kämpfen, bis du mir wieder vertrauen kannst. Ich liebe dich. Ich will für immer mit dir zusammen sein. Und ich will dich niemals verlieren." Er sah mich misstrauisch an. Ich küsste ihn. Zuerst tat er überhaupt nichts. Dann erwiderte er den Kuss zögernd. Angetrieben von diesem Triumph krallte ich meine Hände in sein Haar und rutschte näher an ihn heran. Er schlang seine Arme langsam um meine Taille. Meine Knie taten auf dem harten, unebenen Steinboden weh, aber ich hätte ihn jetzt für nichts auf der Welt losgelassen. Und dann vertiefte er den Kuss. Nach einer gefühlten Ewigkeit löste er sich von mir. Wir beide keuchten atemlos. Wortlos nahm er die Kette und legte sie um meinen Hals. Ich lächelte ihn strahlend an. Seine Mundwinkel zuckten. Ahsoka räusperte sich. Ich fuhr herum. Sie stand im Türrahmen und zog das Togruta-Äquivalent einer Augenbraue hoch. „Wie lange stehst du da schon?", fragte Ben. „Lange genug.", lautete ihre Antwort. „Ihr habt ihr verziehen." „Ja." „Na gut." An mich gerichtet sagte sie: „Lass dir sowas nie wieder einfallen, hörst du?" Ich nickte brav. „Na gut." Sie lächelte leicht. „Also, wer ist jetzt dieser heiße Twi'lek?" Ben zischte. Ich warf ihm einen Blick zu, bevor ich antwortete. „Er ist mein Exfreund. Als wir uns kennen gelernt haben, wurde er gerade zum neuen Senatsgehilfen von Ryloth. An seinem ersten Tag habe ich alle Getränke über ihm ausgekippt. Natürlich versehentlich. Er fand meine Tollpatschigkeit lustig, deshalb gab er mir den Spitznamen Tänzerin und lud mich noch am gleichen Abend in die Oper ein. Es hat Spaß gemacht. Er hat mich in die glamouröse Welt von Coruscant geführt, die ich davor nur von außen beobachten konnte. Mit ihm habe ich die bis dahin schönsten Momente meines Lebens erlebt. Er hat mich auch entjungfert. Aber unsere Beziehung war recht einseitig. Ich habe ihn bewundert und er hat es genossen. Für ihn stand immer die Karriere im Mittelpunkt. Er wollte sich nie mit mir allein treffen, immer nur in der Öffentlichkeit. Meist waren wir nur auf irgendwelchen Galas und Wohltätigkeitsveranstaltungen. Sterbenslangweilig. Ich habe immer nur dagestanden, das Sektglas umklammert und krampfhaft versucht, nicht einzuschlafen. Eliondo war in seinem Element, rannte von der einen Seite des Saals zur anderen und stellte mir ständig jemanden vor, dessen Namen ich drei Sekunden später wieder vergessen hatte. Ich war immer stolz, wenn er mich als seine Freundin vorstellte. Ich meine, wie kommt eine Kellnerin normalerweise an einen Senatsgehilfen ran? Überhaupt nicht. Im Nachhinein wird mir klar, dass diese Beziehung für uns beide mehr oder weniger nur ein Status war. Auch wenn ich ihn tatsächlich geliebt habe. Aber das ist jetzt Geschichte. Die Nacht ist vorbei, die Sterne sind weg, die Sonne lacht." Ich strich durch Bens Bart. Diesmal schaffte ich es, ihm ein Lächeln zu entlocken. Ich war wieder an seiner Seite. Ich war wieder komplett. Der Sandsturm der Gefühle flaute endlich ab.

Zeiten des Imperiums: TatooineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt