Antworten

991 46 0
                                    

Ich erwartete ihn ungeduldig. Anders als vor ein paar Tagen fand ich keine Ruhe, während er weg war. Als ich die selbe Seite meines Buches fünfmal gelesen hatte, ohne zu verstehen, was dort stand, gab ich auf. Stattdessen begann ich aus Ermangelung einer besseren Beschäftigung die Küche zu putzen. Als sie dann blitzblank war, merkte ich, dass mein Körper auch eine Reinigung vertragen konnte und machte mich auf den Weg ins Bad. Dort ließ ich heißes Wasser in die große Wanne laufen und legte mich hinein. Die Wärme tat gut und löste meine nervöse Anspannung. Endlich fand ich geistigen Frieden.

Ich musste eingedöst sein, aber nicht lange, den als Ben mich weckte, war das Wasser noch warm. „Na, warst du erfolgreich?“ „Ja, das war ich. Allerdings frage ich mich, warum es unbedingt ein Wüstenplanet sein musste. Man geht drei Schritte vor die Tür und ist sofort staubig, und der Sand ist einfach überall.“ Wie um das zu beweisen klopfte er auf seinen Ärmel, von dem eine riesige Staubwolke aufstieg. Ich grinste. „Braucht da etwa jemand ein Bad?“ „Definitiv.“ Seine Kleidung landete auf dem Boden, bevor er zu mir in die Wanne stieg. Dort, wo das Wasser seine Haut berührte, färbte es sich braun. „Du lieber Himmel.“ Ich rutschte weiter von dem staubbedeckten Menschen weg, der mir gegenüber saß. „Bist du in einen Sandsturm geraten?“ „Fast.“, antwortete er. „Ich habe es gerade noch so nach Hause geschafft.“ Ich schüttelte den Kopf. Himmel, warum eigentlich diese Staubkugel? Ich wusste zwar, warum ich hier war, aber warum er sich diesen Platz zum Leben ausgesucht hatte war mir ein Rätsel. Er unterbrach meinen Gedankengang. „Ich wollte dich etwas fragen. An dem Tag, an dem wir uns kennen gelernt haben, also der, an dem ich … dich , na ja, gekauft habe,“ - ich freute mich, dass er versucht hatte, meinen Status als Sklavin nicht auszusprechen - „hast du da – etwas gespürt? In deinem Geist?“ Ich nickte verwundert. Er lachte. „Dachte ich es mir doch. Sayuna, du bist machtsensitiv!“ Er lachte wieder, diesmal über mein Gesicht, das mein Unverständnis deutlich zeigte. „Du hast eine Verbindung zur Macht. Das ist eine Eigenschaft der Jedi.“ Ich zog die Augenbrauen hoch. Er runzelte die Stirn. „Du hast auf Coruscant gelebt. Ich frage mich, warum dich keiner der Jedi zufällig entdeckt hat. Es war schließlich der Standort des Jedi-Tempels. Außerdem hast du mir erzählt, dass du im Senat gearbeitet hast. Da musst du ja rein statistisch mindestens drei Jedi am Tag begegnet sein...“ „Es ist meine Mutter.“, flüsterte ich. „Was?“ „Meine Mutter.“, wiederholte ich etwas lauter. „Sie hat mich vor den Jedi gewarnt. Sie hat mir beigebracht, meine … Fähigkeiten zu verstecken. Sobald ich laufen konnte, hat sie angefangen, mich zu unterrichten. Sie wusste ganz genau, was ich konnte und wollte nicht, dass jemand anders davon erfuhr.“ Ben sah mich verdutzt an. „Warum?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Sie hat es mir nie gesagt und ich habe nicht gefragt. Es war nichts ungewöhnliches für mich, schließlich war es schon seit ich denken kann so.“ Ben runzelte die Stirn. „Wer war deine Mutter?“ „Sie hieß Jocelyn Raider. In der Nacht, in der ich versklavt wurde, starb sie. Lord Vader hat sie getötet.“ „Jocelyn Raider? Es klingelt irgendwo. Ich kenne sie. Aber warum hat Vader sie getötet?“ Ich verdrehte die Augen. „Du weißt schon, dass die Bösen nur in Filmen ihren ganzen Plan verraten, bevor sie vergeblich versuchen, die Guten zu töten. Aber im echten Leben läuft das nicht so. Vader hat kein Wort von sich gegeben, als er sie umbrachte. Nur dann zu meinem alten Besitzer hat er gesagt, dass der mich mitnehmen kann. Und die Gute, meine Mutter, ist tot.“ „Na gut.“ Er rieb sich das Gesicht. Das gemurmelte „Ich habe versagt.“ konnte ich kaum verstehen. „Wieso hast du versagt?“ „Ich habe im falschen Moment Gnade gezeigt. Ich konnte nicht töten als es notwendig war.“ „Es ist niemals notwendig, zu töten.“ „Das behauptest du jetzt. Aber was, wenn ich sage, dass ich die Chance hatte, Darth Vader zu töten, es aber nicht getan habe? Was, wenn ich nur der Grund bin, dass er diese Rüstung tragen muss?“ Ich starrte ihn völlig perplex an. „Wie bitte?“ „Das ist der Grund meiner Albträume. Du musst wissen, Darth Vader trug früher einen anderen Namen. Er hieß einmal Anakin Skywalker.“ „Skywalker? General Skywalker? Der Held der Klonkriege?“, platzte ich heraus. Ben nickte. „Genau der. Doch bevor er zum Helden wurde, war er mein Padawan-Schüler. Und ich habe versagt. Ich habe ihn an die dunkle Seite der Macht verloren.“ „Und was hat das mit dem Anzug zu tun?“ „Das ist der Kern meiner Albträume. Als ich erfuhr, was er getan hatte, machte ich mich auf den Weg, um Senatorin Amidala von Naboo zu befragen. Sie war eine enge Freundin Anakins gewesen. Zumindest dachte ich das. Als ich mit ihr sprach, merkte ich, dass sie genau wusste, wo er war, aber sie deckte ihn und verriet mir kein Wort. Außerdem war sie schwanger. Er hatte sie heimlich geheiratet und stand kurz davor, Vater zu werden.“ Ich schlug die Hand vor den Mund. Das hatte ich nicht gewusst. „Beunruhigt durch das, was ich ihr gesagt hatte, machte sie sich auf den Weg zu Anakin. Ich schlich mich an Bord ihres Schiffes, um Anakin zu finden. Als Anakin und Padmé auf Mustafar miteinander sprachen, wurde mir klar, dass er den Schritt zur dunklen Seite aus Liebe getan hatte. Trotzdem wusste ich, was ich zu tun hatte. Als er mich bemerkte, kannte seine Wut keine Grenzen und er tötete seine Frau, weil er dachte, dass sie mein Auftreten mit mir zusammen geplant hatte. Ich versuchte, ihn wieder zu bekehren, aber erfolglos. Also musste ich ihn töten. Wir duellierten uns. Ich erspare dir die Details. Schließlich gewann ich die Oberhand. Er verlor beide Beine und seine verbliebene Hand, die andere hatte Count Dooku bereits vor Jahren abgetrennt. Als er stürzte, geriet er zu nah an einen Lavafluss und seine Kleidung fing Feuer. Er verbrannte. Ich ging, weil ich mir sicher war, dass er sterben würde. Und weil ich froh war, ihm nicht den entscheidenden Schlag versetzen zu müssen. Ich weiß nicht wie, aber er hat überlebt. Die Verletzungen, für die ich verantwortlich bin, verdammen ihn dazu, diese Rüstung zu tragen. Zumindest vermute ich das. Das, was auf Mustafar geschehen ist, unterliegt höchster Geheimhaltungsstufe. Wenn ich nicht dabei gewesen wäre, könnte ich es dir nicht erzählen.“ Ich rutschte zu ihm, das trübe Wasser ignorierend und nahm ihn in den Arm. Ich wiegte ihn an meiner Brust und wusste, dass die Tropfen, die meine Haut herunter rannen, nicht vom Badewasser stammten. Während er an meiner Schulter schluchzte, strich ich ihm beruhigend durchs Haar. Schließlich würgte er hervor: „Nur weil ich zu feige war, meinem ehemaligen besten Freund den tödlichen Schlag zu verpassen leidet die gesamte Galaxis.“ Ich gab nur beruhigende Laute von mir. „Jeder macht Fehler. Und wie hättet du das ahnen sollen? Wer weiß, vielleicht stellt es sich irgendwann als glückliche Fügung heraus. Er schnaubte. „Das sagst du doch jetzt nur, um mich zu beruhigen.“ Ich zuckte mit dem Schultern. „Wir werden ja sehen.“ Er schnaubte wieder. „Jedenfalls wenn du das alles schon weißt, kann ich dir auch gleich meinen echten Namen sagen. Ich heiße Obi-Wan Kenobi.“ „Wusste ich es doch.“, entfuhr mir. „Ich wusste, dass ich dich kenne. Ich habe nur so ein schlechtes Gedächtnis, wenn es um Gesichter geht. Dein Meister war Qui-Gon Jinn, stimmts?“ Er nickte. „Dann sind wir uns bestimmt schon mal begegnet. Ich habe bei der Senatsbesprechung nach seinem Tod die Getränke serviert.“ „Ach tatsächlich? Tut mir leid, da habe ich dich wohl nicht bemerkt.“ Ich lachte. „Das war ja auch mein Job. Unsichtbar sein und immer darauf achten, dass die Anwesenden genug zu trinken haben.“ „Na, das hast du gut hinbekommen.“ Er hob den Kopf von meiner Brust, legte die Stirn an meine und sagte: „Danke.“ Das Wort schien direkt aus den Tiefen seiner Seele zu kommen. „Immer.“, antwortete ich. Er tauchte unter und das Wasser trübte sich noch mehr, als der Staub aus Haar und Bart sich zu dem restlichen gesellte. Kommentarlos ließ ich das Wasser ab und füllte die Wanne neu. Dieses Mal blieb das Wasser klar. Eingelullt von der Wärme und Bens beruhigender Anwesenheit schmiegte ich mich an seine Brust und schlief ein.

Zeiten des Imperiums: TatooineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt