Die Wissende

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Er schaffte es, nicht ohnmächtig zu werden. Ahsoka erging es nicht so. Sie lag bewusstlos drei Meter weiter auf dem Boden. Aber das war ihm egal. Was für eine Schande, aber er machte sich zu große Sorgen um Sayuna. Sie schwebte noch immer in der Luft und erst, als er wieder vor ihr stand, brach der schreckliche Schrei ab. Stattdessen sprach sie, aber ihre Lippen blieben vollkommen bewegungslos. Das was aus ihr sprach, brauchte weder Lippen noch Zunge, um Worte zu formen. Es war der Geist in seiner reinsten Form. Ich bin eine der Wissenden. Meine Aufgabe ist es, zu wissen und Wissen zu bewahren. Der Schutz meines Gedächtnisses hat die oberste Priorität. „Und warum kannst du deine Macht nicht bedingungslos anwenden?" Ich darf niemals die Aufmerksamkeit meiner Feinde erregen. Ich muss mein Wissen schützen. Die Dinge, die bekannt werden müssen und die, die niemand wissen darf. „Die niemand wissen darf?" Ich kenne alle Ereignisse der letzten tausend Jahre. Und ich kenne auch die Zukunft, bis die Ereignisse zu vage werden, um sie voraussagen zu können. Diese Zukunft darf niemand erfahren, denn sonst könnte er sie ändern. Und das darf niemals geschehen. Das einzige, was über der Macht steht, ist die Zeit. Die Zeit kann und darf nicht beeinflusst werden. Davon hatte er noch nie gehört. Ich danke dir, Obi-Wan Kenobi, dass du mich geweckt hast. Jetzt kann ich das Wissen erwerben, das mir zusteht. Es wird eine Weile dauern. Kümmere dich um Ahsoka Tano, der ebenfalls mein Dank gebührt. Sie braucht deine Hilfe. „Aber Sayuna, was ist mit dir?" Du kannst ihr nicht helfen. „Ihr? Was geht hier vor sich? Ich werde nicht zulassen, dass mir Sayuna nimmst!" Ihm wurde klar, dass das Wesen, mit dem er sprach, nicht Sayuna war, sondern etwas anderes. Eine Druckwelle schlug gegen ihn. Sie war bei weitem nicht so stark wie die letzte und er schaffte es, stehen zu bleiben. Er verstand, dass diese Welle eine Warnung sein sollte. Das Wesen war deutlich stärker als er. Geh jetzt. Weder der Körper noch der Geist werden Schaden erleiden. Sie wird sich ein wenig verändern, aber nicht viel. Ich werde mit ihr in diesem Körper leben, aber nur selten zum Vorschein kommen. Aber ich werde es immer tun, wenn ich muss. Denn ich bin deutlich stärker. „Und wie heißt du?" Ich habe keinen Namen. Aber du kannst mich Sapienzia nennen. Geh jetzt. Er nickte und wandte sich schweren Herzens ab. Sapienzia hatte Recht, Ahsoka brauchte seine Hilfe. Die Druckwelle hatte sie glatt ausgeknockt. Ein dünnes Rinnsal Blut lief über ihre Stirn, aber es sah nicht allzu schlimm aus. Nichts, das eine ordentliche Nacht Schlaf nicht heilen konnte. Nachdem er sich versichert hatte, dass ihre Wirbelsäule unverletzt war, hob er sie hoch und trug sie durch die Gänge in ihr Zimmer. Dort legte er sie auf das Bett und wischte das Blut von ihrer Stirn. Aber die ganze Zeit zog es ihn zu Sayuna. Also kritzelte er schnell eine Notiz für Ahsoka und legte sie auf ihren Bauch, wo sie sie finden würde. Dann wandte er sich ab und rannte so schnell ihn seine Beine trugen zurück in die Höhle, zurück zu Sayuna.

Sayuna

Ich sah seltsame Dinge. Ich sah sie und sah sie gleichzeitig nicht. Sie waren in einen Nebel gehüllt. Ich wusste, was in dem Nebel geschah, aber sobald ich mich darauf konzentrierte, war das Wissen weg. Wie der Stein, den ich während des Trainings hatte anheben sollen. Ab und zu jedoch lichtete sich der Nebel. Die Bilder erschraken mich. Ein Mann, der einen anderen Mann im Schlaf ermordete. Eine Geburt. Viele Kämpfe. Viele Tode. Ich schrie vor Entsetzen. Aber der Laut drang nicht nach außen. Ich hatte noch immer keine Kontrolle über meinen Körper. Immer wieder drang das Bild von Ben zu mir durch. Ich war gezwungen, zuzusehen, wie er wieder und wieder um sein Überleben kämpfen musste und dabei zahllose Wunden davontrug. Ich wollte ihm helfen, doch ich konnte mich nicht bewegen. Ich wollte meine Augen verschließen, aber das konnte ich nicht. Hilflos musste ich zusehen, wie er sich auf einem vulkanischen Planeten mit einem jungen Mann duellierte. Erinnerungen, die nicht die meinen waren, tauchten in meinem Kopf auf. Ich wusste, dass der junge Mann Anakin Skywalker hieß. Und ich wusste genau, wie es zu dieser Situation gekommen war. Das Wissen erschrak mich. Hab keine Angst. Die Worte hallten durch meinen Kopf. „Warum soll ich keine Angst haben? Siehst du denn nicht, was hier los ist? Wer bist du?" Ich bin ein Teil von dir. Ich bin eine der Wissenden. Für den Rest deines Lebens werde ich mit dir deinen Körper teilen. Wenn ich in die Ereignisse eingreifen muss, werde ich das mithilfe deines Körpers tun. „Du wirst was tun? Was geht hier vor? Was passiert mit mir?" Jetzt wurde ich wirklich panisch. Ich war schon immer dazu bestimmt, einst zu dir zu gehören. Bei deiner Geburt wurde ich an dich gebunden, aber du warst zu klein für mein Wirken, es hätte dich umgebracht. Also habe ich beschlossen, zu schlafen, bis du alt genug warst. Denn ich wusste, dann würden die Jedi mich wecken. Allerdings sind sie spät dran! „Deshalb hat meine Mutter mich versteckt!" Noch so eine? Es ist immer falsch, die Mütter zu informieren, das sage ich jedes Mal. Aber die anderen hören ja nie auf mich. Jedenfalls bin ich jetzt wach. Du hast jederzeit Zugriff auf mein Wissen. Allerdings empfehle ich dir, die Finger von der Zukunft zu lassen. Du bist zwar nicht in der Lage, die zu ändern, aber es ist nicht besonders gut für die Gefühlslage, die Zukunft zu kennen. „Und warum kann ich die Zukunft nicht ändern?" Weil ich es verhindern werde. Die Zeit darf nicht verändert werden. Versuche es gar nicht erst. Ich bin deutlich stärker als du. Im schlimmsten Fall schadest du dir selbst. Noch immer wanderten tausende Fragen durch meinen Kopf. Das Wesen schien sie zu spüren, und sofort fluteten Antworten in mein Gehirn. Eine Antwort kam jedoch nicht. „Wie heißt du?" Das wurde ich heute schon einmal gefragt. Und die Antwort ist noch immer die selbe. Ich habe keinen Namen. Ich brauche ihn nicht. „Trotzdem." So starrköpfig. Na super. Nenn mich einfach Sapienzia. Ich bin fertig. Du wirst bald aufwachen. Und mit diesen Worten zog sie sich zurück. Ich schwebte allein im Dunkel. Dann fiel ich.

Obi-Wan

Sie schwebte noch immer in der Luft, aber deutlich höher als vorher. Ihre Stirn berührte die Decke. Ich bin fertig. Bis bald, Obi-Wan Kenobi. Und Sayuna fiel. Fiel fünf Meter direkt in seine Arme. Sapienzia musste das gewusst haben, sonst hätte sie Sayuna wohl kaum fallen lassen. Sie schien bewusstlos. Vorsichtig wiegte er sie in seinen Armen und wartete, dass sie aufwachte.

Sie schlug die Augen auf und keuchte erschrocken. „Sayuna? Alles in Ordnung?" „Ja. Ja. Anscheinend habe ich eine neue Mitbewohnerin." Er lachte erleichtert. Ihren Humor hatte sie offensichtlich nicht verloren. Sie schien sich in seinen Armen sehr wohl zu fühlen, denn sie ließ sich zurück sinken und schloss die Augen. Der Drang, sie zu küssen, war zu groß als dass er ihm hätte widerstehen können. Deshalb versuchte er es gar nicht erst. Als ihre Lippen aufeinander trafen, weiteten sich ihre Augen überrascht, schlossen sich dann aber schnell wieder. Ja, sie war noch immer seine Sayuna. Nur was er für sie fühlte, verwirrte ihn. Er hatte Satine wirklich geliebt. Er wusste, wie sich Liebe anfühlte. Aber das war anders. Ganz anders. Und er hatte keine Ahnung, was er davon halten sollte.

Zeiten des Imperiums: TatooineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt