74. Schüsse in der Nacht

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Ein abendliches „Hallo" an alle Leser und Leserinnen da draußen 🙋🏼‍♀️

Habt ein schönes Wochenende 🥳

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Samia POV

Ich musste mich bemühen, meine Schnappatmungen unter Kontrolle zu bekommen, nicht weil die Männer zu schnell liefen, sondern weil es mir gar nicht gefiel, wie ein wehrloses Lamm hinter Mark herzulaufen und Stefan dabei im Nacken zu haben. Es machte mir Angst, nicht zu wissen, was er hinter mir tat. Er könnte jederzeit eine Waffe ziehen und ich würde es nichtmal bemerken. Somit konnte ich den Reflex nicht unterdrücken, immer wieder einen vorsichtigen Blick über die Schulter zu ihm zu werfen, nur um seinem genervten Blick zu begegnen.
„Wir laufen wir wohl zu langsam, wenn du noch ständig nach hinten schauen kannst." stellte Stefan belustigt fest und entlockte Mark damit ein kehliges Lachen.

Sobald der Weg breiter wurde, lief ich so weit wie möglich am Rand und tatsächlich tat Stefan mir den Gefallen, zu mir aufzuschließen und auf meiner Höhe zu laufen.

„Dafür, dass du so ein Zwerg bist, hast du kein schlechtes Tempo drauf." grinste er mich an

Wut kochte in mir hoch über seine ständigen Sticheleien und die Bewegung trieb offensichtlich auch meinen Übermut an.

„Was meinst du wie mein Tempo wäre, wenn ich nicht mit zwei angezogenen Handbremsen durch den Wald schleichen würde." zischte ich zurück und seinen perplexen Gesichtsausdruck hätte ich mir gerne länger angesehen aber ich untermalte meine Worte damit, mein Tempo deutlich zu steigern und mich noch einige Meter vor Mark zu setzen. Innerlich klopfte ich mir selber beglückwünschend auf die Schulter für diesen grandiosen Spruch.
Nun hatte ich zwar beide Männer hinter mir aber es tat unbeschreiblich gut, nach so langer Zeit endlich wieder richtig zu laufen.
Der weiche Waldboden unter den Füßen, die frische Luft in den Lungen und vor allem ein freier Blick nach vorne.

Der Weg durch den Wald war wunderschön und ich kostete jeden kraftvollen Schritt in vollen Zügen aus.
Es dämmerte bereits leicht und der Wald war durch sein dichtes Kronendach in schummriges Licht getaucht.
Normalerweise würde ich jetzt den Heimweg antreten um nicht alleine im Dunkeln im Wald zu stranden aber was sollte jetzt noch Schlimmeres passieren? Ich lief als Entführungsopfer mit zwei Killern irgendwo im Nirgendwo durch einen riesigen Wald.
Schlimmer konnte es nicht kommen.

„Gleich nach rechts, sonst laufen wir morgen noch." gab Mark mir eine Anweisung von hinten.
Auch wenn mir die Aussicht darauf, nicht so schnell wieder zu deren Anwesen zurückzukehren gar nicht so ungelegen käme, wollte ich die Freundlichkeit der Männer, mir diesen Ausflug zu gewähren, nicht ausreizen und deshalb tat ich was er von mir verlangt hatte und bog nach rechts ab.

„Der Weg wird gleich schmal und es geht rechts steil runter, pass also bitte auf, wo du hintrittst, ich habe keine Lust, dich mit gebrochenen Knochen aus dem Unterholz zu fischen." warnte mich nun Stefan und ich erkannte bald, was er meinte. Tatsächlich wurde der Weg immer enger, links ging es einen steilen Abhang hinauf, der rechts seinen Weg ebenso steil hinab fand.

Ich verlangsamte mein Tempo dem Untergrund und den anderen Gegebenheiten angemessen und konzentrierte mich auf jeden Schritt. Auch wenn das hier womöglich die einzige Fluchtmöglichkeit wäre, schied sie definitiv aus. Sich hier den Abhang hinunterstürzen wäre völlig dumm. Den Weg nach unten würde ich auf keinen Fall verletzungsfrei überstehen und dann hätten die beiden mich wieder aufgelesen, ehe ich mich wieder hätte aufrappeln können. Und dann wären die zwei alles andere als gut auf mich zu sprechen.
Auch wenn es mir missfiel, keine Chance auf eine Flucht zu haben, musste ich jetzt rational denken.

Gerade sprang ich über mehrere hohe Wurzeln als ein markerschütternder Schrei die Stille durchbrach.
„Runter!" Verwirrt über Marks Ausruf wirbelte ich herum als ein ohrenbetäubender Knall ertönte, der mein Trommelfell zum piepsen brachte. Zwischen den Männern und mir wurde Laub hochkatapultiert und es dauerte noch zwei weitere Sekunden, ehe ich verstand, dass auf uns geschossen worden war.
„Auf den Boden" hörte ich Mark über den Tinitus in meinem Ohr rufen und konnte sehen, wie er aus seiner bereits flach liegenden Position aufsprang und auf mich zuhechtete während der dahinter liegende Stefan eine Waffe aus seinem Hosenbund zog. Ehe Mark mich erreicht hatte, knallte es erneut und er ging mit einem gequälten Laut zu Boden und fiel den Rest des Weges auf mich zu.
„Er wurde getroffen!" kreischte meine innere Stimme und wurde von einem schrillen Schrei unterbrochen, der sich als mein eigener herausstellte.
Erschrocken taumelte ich rückwärts, trat neben den Weg, verlor den Halt und ehe ich hätte mich fangen können, rutschte ich gänzlich ab und fiel ins Bodenlose.

Wie in Zeitlupe fiel ich ein ganzes Stück, prallte auf dem Waldboden voller Steine und Stöcker auf, wurde weitergeschleudert, überschlug mich immer und immer wieder und Äste von den Büschen peitschten durch mein Gesicht, ehe ein Baum am Fuße des Abgrundes meinen Sturz unsanft  beendete.
Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Brustkorb und es war mir nicht möglich einzuatmen. 

Verzweifelt versuchte ich mich auf die Seite zu drehen, als nochmal mehrere Schüsse durch den Wald hallten, ehe es still wurde.

Keuchend hob ich meinen Kopf so weit es ging an, um mich zu orientieren. Ich hatte durch meinen Sturz einiges an Strecke zurückgelegt und durch die ganzen Büsche war die Sicht versperrt. Hier unten im Dickicht war es zudem noch dunkler als oben auf dem Weg.

Mein ganzer Körper pochte und schmerzte und doch versuchte ich mich aufzurappeln.
Von Stefan und Mark war nichts zu hören und nichts zu sehen und vermutlich würde nie wieder irgendjemand von Mark etwas sehen, schließlich war er niedergeschossen worden, vor meinen Augen! Ein unmenschlicher Laut verließ meine aufgeplatzten Lippen, bei den Gedanken an das, was eben passiert war.

War Mark tot, hatte der Angreifer Stefan auch erwischt?
Flogen meine Gedanken, ehe sie sich einem noch wichtigeren Thema widmeten. Wer hatte überhaupt geschossen?
Wer auch immer es gewesen war, hatte entweder nur etwas gegen meine Entführer oder vielleicht auch gegen mich?

Die warnenden Worte meiner Entführer drängten sich in den Vordergrund, was mich antrieb, mich aufzurichten, doch meine zitternden Arme hatten nicht genug Kraft, mich hochzudrücken und ich landete immer wieder bäuchlings auf dem Waldboden

Wo war der Angreifer jetzt? Würde er mich suchen, und mich wirklich mit Gewalt dazu zwingen, Infos über den Klan auszuspucken, so wie meine Entführer es prophezeit hatten?

Eins stand fest, ich musste mich verstecken und das schleunigst.
Erschöpft ließ ich jedoch meinen Kopf zurück ins Laub sinken um für einen Moment Kraft zu tanken, da hörte ich es. Schritte.

Forsche, zügige Schritte, die den Boden förmlich vibrieren ließen und sie kamen näher.

Das Laub und trockene Äste knackten unter den schweren Schritten bis sie beinahe bei mir waren und dann abrupt verstummten.

Mit angehaltenem Atem hob ich meinen viel zu schweren Kopf und erstarrte. Ich konnte ein Paar dunkler Schuhe und den Saum von einer Tarnhose ausmachen.
Es war also weder Stefan, noch Mark, der da stand.

„Sieh mal einer an, was wir hier haben." die fremde und tiefe Stimme ließ mir einen eiskalten Schauer den Rücken hinunterjagen.

Quälend langsam bewegte der Mann sich jetzt auf mich zu, was mich dazu trieb, erfolglos weiter zu versuchen, mich aufzurichten und von ihm wegzukriechen.
Wer auch immer das war, genoss seine Machtposition in vollen Zügen und ergötzte sich an meiner Schwäche.

Als die Schuhe knapp vor meinem Gesicht auftauchten hatte ich das Gefühl, vor Angst zu Ersticken.

Plötzlich legte sich seine große Pranke um meine Schulter und er drehte mich grob auf den Rücken.

Mir entfuhr ein erschrockener Schrei und mein Blick flog zu dem Gesicht des Fremden.
Ein großer Mann mit kurz geschnittenem Haar, gekleidet mit einer Tarnuniform wie von der Bundeswehr hockte seelenruhig neben mir und beobachte meinen aussichtslosen Kampf mit auf den Oberschenkeln abgestürzten Unterarmen und in seiner Hand entdeckte ich eine Pistole, die er lässig in der Hand hielt und doch jederzeit bereit war, mich zu töten.

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⏰ Letzte Aktualisierung: a day ago ⏰

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