Eins

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Die Regentropfen prallten an deinem Zimmerfenster ab und mit finsterer Miene sahst du auf die Umzugskartons, die in deinem gesamten Zimmer ausgebreitet waren. Seufzend wandtest du dich der Türe zu, an der deine Tante bereits seit mehreren Minuten stand.

„Du weißt, dass du auch bei uns bleiben kannst", teilte sie dir mit. Dankbar lächeltest du sie an. Natürlich wusstest du, dass du hier immer eine Bleibe hättest. Doch fühlte es sich nicht richtig an. Fünf Jahre sind bereits vergangen, seitdem ihr mit deiner Mutter nach Tokio gezogen seid. Fünf ganze Jahre hatte es gebraucht, damit du dich an deine neue Schule, dein neues Umfeld und auch an die neuen Menschen um dich herum, gewöhnt hattest. Dankbar warst du vor allem deinem Cousin, der dir den Aufenthalt so angenehm wie möglich gestaltet hatte. Durch ihn hast du auch andere tolle, neuen Freunde kennengelernt.

Und nun..

Seit einem Jahr hatte deine Mutter wieder jemanden kennengelernt. Er schien wirklich nett zu sein, doch keinesfalls ein Vaterersatz. Beruflich müsse er ins Ausland gehen und wer hätte es gedacht.. deine Mutter ging mit ihm. Du hast dich auf vieles eingelassen, oft den Kürzeren gezogen.. doch damit war nun Schluss. Du wolltest nicht mehr dass andere über dein Leben und deine Zukunft entscheiden konnten. Somit lehntest du es ab, mit ihr nach Amerika zu ziehen. Dass dies nicht der einzige Grund war, wolltest du dir selbst nicht eingestehen.. auch wenn du dich wohl vor deinem Cousin beinahe verplappert hättest.

Das Klingeln an der Türe riss dich aus deiner depressiven Verstimmung und freudig eiltest du an diese.

„Otōsan", riefst du glücklich und dein Vater nahm dich genauso fröhlich in die Arme, wie zu Kindertagen.

„Wehe du besuchst uns nicht!", mit strengem Blick, sah dich deine Tante an und ihr verabschiedetet euch an der Türschwelle. Deine Mutter war mit deinem Bruder bereits letzte Woche abgereist und du konntest dein neues Schuljahr nach den Frühlingsferien direkt beginnen.

Das zweite Schuljahr der Oberschule.

„Deine restlichen Sachen werden die nächsten Tage kommen.. ich bin so froh, dich wieder bei mir zu haben", strahlte dein Vater und gab dir einen Kuss auf den Haaransatz. Du warst mindestens genauso glücklich darüber, wieder hier zu sein. Und auf eine Sache freutest du dich ebenfalls.

Schnell zogst du dich um und hattest dich etwas frisch gemacht, bevor du wieder die Treppen herunter getapst kamst.

„Ich geh noch kurz raus", teiltest du deinem Vater mit. Bevor dieser etwas erwidern konnte, warst du schon über die Türschwelle gestiegen.

Etwas nervös verließt du eure Einfahrt. Dein Vater wohnte all die Jahre immer noch in eurem alten Haus. Somit hattest du es nicht weit zu deinem Ziel. Aufgeregt standst du nun einige Häuser weiter, vor der Haustüre deiner ehemaligen Freunde. Einmal tief ein- und ausatmend, hattest du all deinen Mut zusammen genommen und an der Türe geklingelt.

Eine Frau mittleren Alters öffnete dir diese. Sie sah immer noch so aus, wie vor fünf Jahren.

„Chizuru.. bist du das?"

Schüchtern nickst du und wusstest nicht einmal weshalb du so scheu warst. Diese Frau kannte dich, seit du klein warst. Dennoch fühlte es sich komisch an, so lange nicht im Kontakt gewesen zu sein und nun unmittelbar vor ihr zu stehen.

„Wow.. du bist ja zu einer jungen Dame gereift. Wunderschön siehst du aus!", staunte sie über deine Erscheinung und nun musstest du peinlich berührt den Blick abwenden. Mit dieser Art von Begrüßung hattest du nicht gerechnet.

„Komm doch rein, die Jungs müssten gleich zurückkommen", mit einer einladenden Handbewegung wollte sie dich hereinbitten, doch du schütteltest daraufhin den Kopf.

„Schon gut.. wenn sie nicht da sind, dann komm ich ein anderes Mal vorbei Miya-san. Hat mich wirklich gefreut sie wiederzusehen", schnell hattest du dich in eine tiefe Verbeugung verneigt und konntest ihren strengen Blick deutlich auf dir spüren.

„Miya-san? Huh.. ich dachte darüber sind wir schon hinaus Chizuru", tadelte sie dich und verlegen entschuldigtest du dich bei ihr, mit einer weiteren Verbeugung. Sie konnte kaum fassen, was für ein höfliches, hübsches Mädchen aus dir geworden ist.

„Ah da sind sie ja", rief die Ältere und ruckartig drehtest du dich um, um die fassungslosen Gesichter deiner ehemaligen Freunde zu sehen.

„Wer ist denn das?", fragte Atsumu, da er dein Gesicht nicht richtig erkennen konnte. Viel zu schnell hattest du es wieder weggedreht.

„Erkennt ihr sie denn nicht mehr?", amüsiert beobachtete deren Mutter diese Szene.

„Chizu, bist du's?"

Osamu war der erste, der dich erkannte. Das hieß jedoch nicht, dass er weniger geschockt war als sein Bruder. Nun hattest du wieder dein Gesicht in deren Richtung gewandt und sahst sie mit einem leichten Rotschimmer an. Dir war gar nicht bewusst, was für ein Glowup die beiden hatten. Sie waren zwar damals schon gutaussehend.. doch nun.. waren sie verdammt attraktiv und das konntest du auch von der Entfernung, die zwischen euch lag, erkennen.

„Hi, Jungs. Schön euch wiederzusehen", lächeltest du unbeholfen.

Torn - Miya Atsumu x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt