Sechs

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Du warst nun seit einer Woche im Schwimmclub des Schwimmbades außerhalb der Stadt und hattest wirklich Spaß daran. Jedoch warst du unheimlich ausgelaugt. Du musstest zwei Stunden früher aufstehen und kamst abends ziemlich spät nach Hause. Um diese Uhrzeit fuhren kaum Busse, somit müsstest du entweder fast eine Stunde auf einen warten oder du liefst lieber eine Stunde nach Hause. Du entschiedst dich für Letzteres, somit warst du wenigstens früher daheim. Doch zweimal Training, inklusive der lange Heimweg laugte dich regelrecht aus. Du warst in der Schule oft müde und schobst die Schikanen um dich herum oftmals auf deine Schusseligkeit.

Das Training der Jungs fiel heute aus. Schnell fingen sie dich am Schultor ab.

„Das Training fällt aus, laufen wir zusammen?", fragte dich Osamu aufgeregt und auch Atsumu konnte deine Antwort nicht abwarten, selbst wenn er desinteressiert schien.

„Tut mir leid, ich muss ins Training", ein müdes Lächeln hattest du ihnen noch geschenkt, bevor du zum Bahnhof eiltest.

„Sie wirkt erschöpft", das Ass des Teams war nicht der Einzige, der dies bemerkt hatte. Viele der Clubmitglieder nickten zustimmend.

„Ich wollte sie gestern besuchen, da war sie bereits im Bett.. Dabei war es gerade mal 21 Uhr", teilte Osamu besorgt mit.

„Vielleicht geht sie ja einfach so früh schlafen, nicht jeder bleibt so lange wach wie wir", mischte sich Suna mit ein und meinte damit wohl die nächtlichen Zocksessionen, die sie gemeinsam verbrachten.

Osamu schüttelte den Kopf.

„Ihr Vater meinte, dass es erst so sei, seitdem sie in diesem Schwimmclub ist. Sie steht morgens um 4:30 Uhr auf und kommt meist erst gegen 20 Uhr nach Hause, manchmal auch später."

Nachdenklich sahen sie an die Stelle, an der du eben noch standest.

„Wieso ist sie eigentlich nicht in dem Schwimmclub unserer Schule, dass würde ihr doch einiges an Stress ersparen", kam es von Kosaku.

Das wusste selbst Osamu nicht, doch er nahm sich heute feste vor, dich von deinem Training abzuholen und dich darauf anzusprechen. Er machte sich Sorgen. Dann warst du auch noch in der Klasse, die sich auf die Universität vorbereitete. Dein Schulstoff war viel anspruchsvoller als der der anderen. Wenn das so weiterginge, würdest du nicht mehr mitkommen.

Frisch geduscht stiegst du aus der Kabine und hattest dir ein Handtuch umgewickelt.
Vor dem Spiegel kämmtest du deine Haare und sahst deine leichten Augenringe, die du tagsüber mit Concealer verbergen konntest. Doch jetzt war es dir egal.
Schnell hattest du dich umgezogen und sahst stirnrunzelnd auf dein Handy.

„Ich hole dich ab"

Deine Haare föhnend, packtest du den Rest deiner Sachen in die Tasche und verließt somit das Schwimmbad.

„Hey", hörst du neben dir, als du aus dem Gebäude tratst.
Leicht hattest du ihn angelächelt und ihr begabt euch auf den Heimweg.

„Wieso fahren wir nicht mit dem Bus?", wollte Osamu wissen.

„Der kommt erst in einer Stunde, bis dahin sind wir schon zu Hause", erschöpft stießt du die Luft aus und Osamu weitete seine Augen. Er konnte nicht glauben, dass du jeden Tag diesen Weg nach Hause läufst. Und das auch noch nach so einen anstrengenden Tag.

„Sag mal Chizuru", keine Verniedlichung deines Namens. Verwundert sahst du in das ernste Gesicht Osamu's und miedst danach seinen Blick. Das konnte nichts Gutes heißen.

„Wieso bist du nicht im Schwimmclub der Schule, letztens bist du nach dieser Frage geflüchtet", sprach er streng aus und wollte eine ehrliche Antwort.

„Sie meinten.. dass sie schon voll sind", gabst du nun preis.

Irritiert suchte er nach deinem Blick, als er dir in die Augen sah fing er wieder an zu reden.

„Die heulen jedes Jahr aufs neue rum, dass sie neue Mitglieder brauchen. Also sind sie definitiv nicht voll."

Das wusstest du bereits. Doch wahrhaben wolltest du es nicht. Du konntest dir nicht erklären, weshalb sie so etwas sagen sollten, wenn es nicht der Wahrheit entsprach. Auch die Schikanen in der Schule, die ebenfalls vom weiblichen Geschlecht ausgingen, konntest du nicht nachvollziehen. Du standst einfach drüber. Doch wie lange du das noch könntest, war die andere Sache.

„Ich glaube.. die mögen mich einfach nicht.. erbärmlich haben sie mich genannt", dein Blick war auf den Asphalt gerichtet, den ihr überquert hattet.

Osamu konnte deinen Worten nicht trauen. Wie konnte man zu jemanden wie dir, so gemein sein. Die Aktion in der Cafeteria ging ihm immer noch nicht aus dem Kopf. Er wollte sich nicht ausmalen, wie es wohl innerhalb deines Klassenzimmers sein müsste.

„Reicht es denn nicht, wenn du nur einmal am Tag ins Training gehst?"

Du schüttelst den Kopf. Einmal am Tag kam leider nicht in Frage. Du wolltest dich dem Team auch nicht mit weiteren Forderungen in den Weg stellen. Immerhin hatten sie dich aufgenommen ohne wenn und aber. Um weiter am Training teilnehmen zu dürfen, müsstest du bei bei allen Trainingseinheiten anwesend sein, außer du wärst krank. Das war nun mal Pflicht.

Vor deiner Haustüre angekommen, zog er dich in eine warme Umarmung.
Es war etwas, was du dringend gebraucht hattest. Unbewusst ließt du dich gegen seine Brust fallen und genosst die Wärme, die von ihm ausstrahlte.
„Ich werde dich jeden Tag abholen und mit dir gemeinsam heim laufen", teilte er dir noch mit und verabschiedete sich bereits von dir.

Atsumu wartete sehnsüchtig auf seinen Bruder. Auch Suna war anwesend und schien auf eine zufriedenstellende Antwort zu hoffen. Mit ihm hattest du dich die letzten Wochen auch sehr gut angefreundet. Atsumu ignorierte dich immer noch und sprach nur das Nötigste mit dir, besser gesagt in die Runde. Doch langsam hattest du dich daran gewöhnt, auch wenn es dich zutiefst verletzte.

„Und?", fragte Suna.

„Sie meinten der Club sei zu voll", angepisst verzog Osamu sein Gesicht und die anderen taten es ihm gleich.

Torn - Miya Atsumu x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt