Kapitel 15

2K 111 120
                                    

Gott hasste mich.
Er bestrafte mich.
Unablässig.
Immer und immer wieder.
Und meine Bestrafung trug den Namen Julian Wright. Diese Erkenntnis traf mich wie ein Blitzschlag, während ich in seinem Garten stand und mir die Seele aus dem Leib kotzte. Mein gesamtes Abendessen gepaart mit Tequila kroch meine Speiseröhre hoch. Der schale Geschmack in meinem Mund sorgte nur dafür, dass ich mich erneut erbrechen musste. Und gleich nochmal.

Dieses Mal traf es nicht nur den Rasen, sondern auch meine Kleidung.

Scheiße.

Es gab mit Abstand nichts Erniedrigerndes, als sich im Garten des eigenen Professors zu übergeben. Oh ja, ich sprach da jetzt aus Erfahrung...

Man könnte langsam denken, dass die vielen Fettnäpfchen, in die ich während seiner Anwesenheit bereits getreten war nur dafür sorgten, dass ich mich wegen nichts mehr zu schämen brauchte. Tja, leider war das genaue Gegenteil der Fall. Es wurde von Mal zu Mal nur noch unangenehmer. Die Peinlichkeiten steigerten sich und ich wünschte, ich könnte mich in Luft auflösen. Oder dass Thanos aus Marvels Avengers auftauchte und mich mit einem einfachen Fingerschnippen zu Staub und Asche verwandelte. Ja, alles wäre mir recht. Hauptsache ich würde mich nicht dem Mann stellen müssen, der nun laut fluchend auf mich zugelaufen kam.

Ich spürte seine Hand, noch bevor sie sich auf meinen Arm legte. Sie war warm und fühlte sich seltsam angenehm auf meinem Körper an. Eine Sekunde später griff er nach meinem Haar und strich es mir aus dem Gesicht. Es war eine simple Berührung. Eine Berührung, die einzig und allein dem Zweck diente, mir nicht auch noch das Haar zu verunstalten. Aber gleichzeitig war sie auch sehr intim. Und sie hätte mich um den Verstand gebracht, wäre ich in diesem Moment nicht damit beschäftigt, Julians Rasen mit meinem Mageninhalt zu schmücken.

Das war mit Abstand das Peinlichste, was ich jemals erlebt hatte - und der leibhaftige Beweis dafür, dass immer wenn ich glaubte, es könnte nicht noch schlimmer kommen, das Schicksal mich eines Besseren belehrte. Oh ja, das Schicksal besaß einen eigenartigen Sinn für Humor.

Dein Professor hält dir die Haare beim Kotzen, wie romantisch. Flüsterte mir meine innere Stimme hämisch zu.

Julians Hündin Sam war, nachdem sie mich erkannt hatte, ein paar Meter entfernt zum Stehen gekommen und beobachtete mich. In ihrem Blick lag fast schon etwas Vorwurfsvolles, als verurteilte sie mich dafür, dass ich ihren schönen Garten beschmutzte.

Sorry, Sammy, entschuldigte ich mich im Geiste bei der hübschen Hündin.

»Wenn Sie fertig mit dem Übergeben sind, Laney, wäre es sehr freundlich mir zu erklären, was zur Hölle Sie in meinem Garten tun?«, hörte ich Julian hinter mir sagen. Ich konnte nicht so ganz deuten, ob er verärgert oder einfach nur überrascht davon war, eine seiner Studentinnen zu dieser Uhrzeit und in dieser Verfassung hier vorzufinden. Möglicherweise eine Mischung aus beidem. Ich wäre jedenfalls angepisst, wenn mir jemand den Rasen mit Erbrochenem ruinierte.

»Party...«, keuchte ich zwischen dem Würgen hervor und fügte hastig hinzu: »Polizei.«

Als wäre all das selbsterklärend. Doch Julian schien zu verstehen, worauf ich hinaus wollte. Ich wusste nicht einmal, warum ich ihm überhaupt davon erzählte. Schließlich war Julian mein Professor und könnte dafür sorgen, dass dieses Verhalten ein Disziplinarverfahren nach sich zog. Aber aus einem mir unerfindlichen Grund vertraute ich ihm und unabhängig davon war er sicherlich in der Lage, eins und eins zusammenzuzählen. Es hätte keinen Sinn ihn zu belügen. Außerdem beleuchtete das Blaulicht der beiden Streifenwagen ein paar Häuser weiter die gesamte Umgebung. Es war kaum zu übersehen.

»Wo sind Ihre Freunde?«, verlangte er zu wissen und hielt noch immer mein Haar. Die Berührung fühlte sich trotz der unglücklichen Situation, in der wir uns befanden, irgendwie gut an. Sanft. Behutsam.

Her HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt