Kapitel 21

2K 114 143
                                    

Songempfehlung: Sia - Angel By the Wings

»Komm schon, Laney!«, feuerte Caya mich an, während ich verbissen versuchte, die Wassermelone in meinen Händen nicht fallen zu lassen. Unglücklicherweise erleichterte mir die Vaseline, mit der das Obst eingeschmiert war, die Arbeit überhaupt nicht. Stattdessen rutschte mir dieses blöde Ding immer wieder aus den Händen und fiel mit einem dumpfen Geräusch in das frische, grüne Gras des Old Campus', der zu einem Sportturnier umfungiert worden war. Es gab mehrere Stationen, die es zu bewältigen galt und bei denen die Erstsemestler der vierzehn verschiedenen Residential Colleges gegeneinander antraten.

Ich warf einen hastigen Blick zu meiner Linken, wo Charlotte ein paar Schritte Vorsprung hatte.

Mist.

Ich schickte mich an, die Wassermelone wieder aufzuheben und zwang meine erschöpften Beine dazu, schneller zu laufen. Schweiß stand mir auf der Stirn und hätte mich vor ein paar Monaten noch jemand gefragt, hätte ich niemals angenommen, heute bei den Yale First Year Olympics teilzunehmen. Auch noch an einem Wassermelonen-Staffellauf.

Mein Blick richtete sich nach vorne zur Ziellinie. Nur noch ein paar Meter.

Mein Herz klopfte wild in meiner Brust.
Das Atmen fiel mir schwer.

Vielleicht war meine Teilnahme an dem Sportfest eine ganz blöde Idee gewesen.
Vielleicht hätte ich es einfach bleiben lassen sollen.
Doch Aufgeben kam für mich nicht infrage. Jedenfalls seit dem Zeitpunkt nicht mehr, als ich gesehen hatte, dass Professor Julian fucking Wright - wie Caya so schön zu sagen pflegte - die Olympics organisierte und sogar als Spielrichter fungierte.

Meine Augen waren förmlich an ihm kleben geblieben, als er in einer knielangen, dunklen Sporthose und einem hautengen grauen Under Armour T-Shirt aufgetaucht war. Das Outfit betonte seinen sehnigen Körper, an dem kein einziges Gramm Fett zu finden war. Selbst seine Beine waren wohlgeformt, athletisch und gerade. Auch sein Oberkörper mit der typischen V-Statur, bestehend aus breiten Schultern und einer schmalen Taille, waren ein äußerst erfreulicher Anblick. Am meisten beeindruckten mich jedoch seine kräftigen, muskulösen Arme. Arme, die mich schon gehalten hatten. Die ich schon berührt hatte. Oh ja, ich wusste nur zu gut, wie fest sie sich unter meinen Handflächen anfühlten. Wieder einmal fragte ich mich, welche Art von Sport er wohl trieb. Denn einen solchen Körper zu haben, ohne aktiv etwas dafür zu tun, grenzte an einem Ding der Unmöglichkeit. Obwohl ich Julian schon berührt hatte, hatte ich seinen Körper noch nie so deutlich gesehen und es verschlug mir buchstäblich die Sprache. So sehr, dass Caya mir ihren Ellbogen in die Seite rammen musste, um mich wieder ins Hier und Jetzt zu befördern. Weg aus den Paralelluniversen, in denen ich mir Julian Wright gerade vorstellte - ohne Kleidung wohl angemerkt.

Als müsste ich mich nicht ohne seine Anwesenheit schon wahnsinnig konzentrieren.

Ich versuchte die Gedanken an einen nackten Julian zu verbannen und konzentrierte mich wieder auf meine Mission. Mein Residential College stand gewaltig im Rückstand, während die Branfords in Führung lagen.

Und das war meine Schuld.

Meine Ausdauer glich der eines übergewichtigen Faultiers und obwohl ich gerade mal an dem Frisbee und nun an dem Wassermelonenlauf teilgenommen hatte, schwitzte ich schon, als hätte ich einen Marathon hinter mir. Ich fühlte mich schlecht und verantwortlich dafür, dass das Jonathan Edwards im Rückstand lag. Auch wenn Caya mir immerzu versicherte, dass das Ganze doch nur ein Spiel war und es auf den Spaß ankam, konnten ihre lieben Worte den Unmut auf den Gesichtern der anderen nicht wett machen.

Ich musste mich mehr anstrengen.

Erneut biss ich die Zähne zusammen und lief schneller. Leider nicht schnell genug.

Her HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt