Kapitel 31

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Songempfehlung: Oliver Tree, Robin Schulz - Miss you

Schon zum gefühlt hundertsten Mal rückte ich das gehäkelte Crop Top zurecht, für das ich mich heute Abend entschieden hatte. Ich fühlte mich nicht unwohl darin, aber die Tatsache, dass es einen tiefen Ausschnitt besaß und in der Mitte nur von zwei Schnüren zusammengehalten wurde, war etwas gewöhnungsbedürftig. Außerdem hatte ich keinen BH darunter ziehen können und man sah die wulstige, hässliche Narbe, die mir schon den ein oder anderen penetranten Blick beschert hatte.

Aber Caya schien von dem Oberteil besessen, weil sie der Auffassung war, dass es meine Busen sehr vorteilhaft zur Geltung brachte. Und ja, die meisten Kerle glotzten einfach nur richtig dreist auf meine Oberweite, die zwar nicht sonderlich üppig ausfiel, aber dennoch wohlgeformt war.

Ich stöhnte genervt, als ein weiterer Kerl an mir vorbeiging und sein Blick definitiv nicht an meinem Gesicht hängen blieb.

»Sie starren dich nur an, weil du so toll aussiehst. Die Hose passt echt super dazu«, Caya zupfte einen Fussel von meinem Oberteil, während ich den Blick über die karierte Hose wandern ließ, die ich mit meinen Vans abrundete.

Auch die Mädels hatten sich ordentlich rausgeputzt. Reya und Charlotte trugen jeweils ein kurzes Kleidchen, während Caya sich für einen Zweiteiler entschieden hatte. Selbst Yuki sah super aus in ihrer Cargopants und dem Tanktop, was natürlich größtenteils auf Cayas Mist gewachsen war. Yukis Gesicht drückte pure Gleichgültigkeit aus, ja, sie wirkte fast schon gelangweilt, aber ich wusste, dass sie innerlich nur darauf pochte, wieder nach Hause gehen und sich hinter ihrem Laptop verstecken zu können.

Caya, Reya und Charlotte jedoch hatten ihren Spaß. Insbesondere Caya und Reya waren eine sehr explosive Mischung, von der ich nicht geahnt hatte, dass ich sie so sehr mögen würde.
Sie sorgten mit ihren absurden Gesprächen und den Sticheleien permanent für Gelächter.

Josh war mit Noah und Luan an der Bar Getränke holen. Die drei verstanden sich richtig gut, was mich zutiefst erleichterte. Ich hatte echt Angst gehabt, dass Josh keinen Anklang finden würde, allerdings war diese Besorgnis, wie ich nun feststellte, völlig unbegründet. Die drei quatschten permanent.

Es war schön, mit all meinen Freunden unterwegs zu sein. Ich freute mich total und die Stimmung war ausgelassen.

Wirklich.

Aber meine Laune war dennoch seit Tagen im Keller und eigentlich wäre ich am liebsten Zuhause geblieben. Das lag weder an dem vielen Büffeln für die Midterms noch daran, dass mir Joshs eifersüchtige Blicke, sobald ich mich auch nur mit einem Kerl unterhielt, gewaltig auf den Zeiger gingen.

Nein, meine schlechte Laune rührte daher, dass Julian sich nicht mehr bei mir meldete. Das letzte Mal, dass wir uns gesehen hatten - privat gesehen hatten - war Montag Morgen nach unserer gemeinsamen Nacht.

Heute war Samstag.
Fünf Tage.
Ganze fünf fucking Tage.

Und ich fühlte mich furchtbar. Als hätte mir jemand ein Eimer eiskaltes Wasser übergeschüttet. Oder mir das Herz herausgeschnitten und nicht wieder eingesetzt.

Ich verstand nicht, was los war. Woher diese Funkstille plötzlich rührte. Es machte mich verrückt. Ich konnte nichts essen. Nichts trinken. Dementsprechend schwer fiel mir auch das Lernen. Es war das erste Mal, dass ich so etwas wie Liebeskummer fühlte. Kurzum - ich war das reinste Nervenbündel.

Permanent fragte ich mich, ob ich irgendetwas falsch gemacht hatte. Ob ich ihn irgendwie verärgert hatte. Andererseits aber hatte Julian mir ja schließlich gesagt, dass er Zeit brauchte, um nachzudenken. Zeit, um sich über seine Gefühle im Klaren zu werden. Um zu wissen, wie es mit uns weitergehen sollte.

Her HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt