Kapitel 26

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Songempfehlung: The Weeknd ft. Swedish House Mafia- Moth to a flame

Nach unserem verheerenden Kuss fuhren wir zurück zu Julians Zuhause.

Julian sprach kaum mit mir.

Wir müssen reden und Steig auf waren die einzigen Worte, die er zu mir sagte.

Die Fahrt nach East Rock kam mir unendlich lange vor, als verginge ein halbes Leben. Ich fühlte mich schrecklich und doch spürte ich noch immer Julians weiche Lippen auf meinen. Seine Hände überall auf meinem Körper. Die unbändige Lust auf mehr, die er in mir hervorgerufen hatte.

Kaum dachte ich über seine Berührungen nach, überfiel mich wieder eine solche Hitze, der ich nichts entgegenzustellen wusste.

Was stellte dieser Mann nur mit mir an?

Die Tatsache, dass wir während der gesamten Fahrt auch noch eng aneinander gepfercht dasaßen, machte die ganze Sache keineswegs besser. Im Gegenteil. Eine Mischung aus Bedauern, Verlangen und Schuldgefühle rangen in meinem Innern miteinander. Trugen einen Kampf aus, dessen Ausgang ich nicht vorhersagen konnte.

Die Krönung jedoch war, als wir schließlich in der Livingston Street ankamen und einen schwarzen SUV neben Julians Pick-Up in der Einfahrt entdeckten.

Ich hörte Julians Fluchen selbst über den Fahrtwind und den lärmenden Motor hinweg. Offenbar hatte er nicht mit Besuch gerechnet und seiner Reaktion nach zu urteilen, war es kein erfreulicher Besuch.

Als wir abstiegen und uns unserer Helme entledigten, warf ich ihm einen fragenden Blick zu, aber er schenkte mir kaum Beachtung. Er starrte nur angespannt zum Haus. Ein ungutes Gefühl beschlich mich. Die Art ungutes Gefühl, die man empfand, wenn man beim Lügen erwischt wurde. Oder wenn in der Schule die Hausaufgaben kontrolliert wurden und man sie zu erledigen vergessen hatte.

Ich rechnete bereits damit, dass Julian mir jeden Moment mitteilte, dass Daphne - seine Exfrau - hier war, obwohl mir eigentlich hätte klar sein müssen, dass sie sicherlich keinen Haustürschlüssel mehr besaß. Stattdessen machte Julian einen Schritt in Richtung Haus, als plötzlich die Tür aufflog.

»Julian, warst du schon wieder auf diesem Ding unterwegs? Herrgott nochmal, irgendwann fährst du dich noch zu Tode! Wann hörst du endlich auf deine Mutter?«, eine kurvige Frau mit kurz rasiertem Haar und stechend grünen Augen erschien auf der Veranda. Sie schien noch relativ jung zu sein und machte einen sehr liebevollen Eindruck. Abrupt blieb sie stehen, als sie mich entdeckte.

»Meine Güte, Mom! Er ist fast dreißig Jahre alt, hört endlich auf Julian und mich zu bevormunden! Ihr seid richtige Helikopter-Eltern. Psychologisch gesehen hemmt uns das in unserer Entwicklung und sorgt für Unselbstständigkeit! Außerdem...«, hinter Julians Mutter erschien ein Mädchen in etwa meinem Alter, die so rein gar nichts mit Julian oder der Frau vor sich gemeinsam hatte. Sie war dürr, zierlich und ein musterhaftes Beispiel für südländische Schönheit. Auch sie hielt mitten im Satz inne, als ihre Augen meine fanden. Ein überraschter Ausdruck glitt über ihr hübsches Gesicht. Rabenschwarzes Haar unrahmte ihre neugierig dreinblickenden Augen mit langen Wimpern, die jedes Mädchen vor Neid erblassen ließen. Ihr rundes Gesicht war geprägt von sanften Zügen, üppigen Lippen und einer hervorstechenden Stupsnase. Obwohl ich sie anhand ihrer Aussage sofort als Julians Schwester ausmachte, hatte sie äußerlich rein gar nichts mit den Wrights gemeinsam.

»Schließ nicht von deiner Mutter auf mich. Ich war schon immer der Coolere von uns beiden«, auch mit dem Mann mittleren Alters, der nun ebenfalls über die Schwelle trat, hatte sie nichts gemeinsam. Dafür war Julian ihm allerdings wie aus dem Gesicht geschnitten. Dieselbe gerade Nase, die vollen Lippen, hohe Wangenknochen. Eindeutige Merkmale, die ihn als Julians Vater identifizierten. Lediglich das Blau seiner Augen wich von Julians Grün ab.

Her HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt