Am nächsten Morgen tauchte Draco nicht beim Frühstück auf. Stattdessen setzte sich Blaise mir gegenüber. „Was wollte Professor Snape gestern noch von dir?" fragte er, während er einen Klecks Bohnen auf seinen Teller schaufelte.
„Keine Ahnung", erwiderte ich mürrisch und zuckte mit den Schultern. Das Gespräch gestern war mir immer noch ein Rätsel. Was wusste mein Professor? Welche Vermutungen hatte er? Und was war bitte Okklumentik? Und warum musste ich darin unterrichtet werden? Wieso musste ich wieder Privatunterricht bekommen? Würde es genauso schlimm, wie bei meinem Vater oder Mister werden?
„Worüber habt ihr denn gesprochen oder darf ich das nicht wissen?" fragte Blaise weiter und riss mich so aus der Welle an Fragen, die mich seit gestern ständig überrollte.
„Weiß ich ehrlich gesagt auch nicht so genau. Er hat irgendwas von einem Spiel erzählt und mir dann Privatunterricht in den Ferien aufgebrummt", erklärte ich mit vollem Mund. Blaise hob fragend eine Augenbraue, doch ich zuckte nur wieder mit den Schultern.
Ich würde ihn gerne fragen, ob er wusste, was Okklumentik bedeutete, aber ich war mir nicht sicher, ob ich mir wirklich das richtige Wort gemerkt hatte.
„Draco kam gestern Abend noch später als wir zurück", erzählte Blaise plötzlich und ließ mich aufhorchen. Ich hatte gedacht, dass er nach seinem Gespräch mit dem Professor zurück in den Gemeinschaftsraum verschwunden war.
„Bist du sicher?" hakte ich nach und ließ erneut meinen Blick über unseren Tisch wandern. Immer noch kein platinblonder Haarschopf zu sehen.
„Ja, sein Bett war leer." „Aber heute Morgen war er da?" fragte ich weiter und dieses Mal zuckte mein Gegenüber mit den Schultern. „Darauf habe ich ehrlich gesagt nicht geachtet. Die meisten schlafen um die Zeit noch, also bin ich ganz leise verschwunden", meinte er und lächelte entschuldigend. Er wusste, dass ich mir ständig Sorgen um Draco machte.
Bevor ich noch etwas erwidern konnte, landete ein riesiger Waldkauz zwischen uns auf dem Tisch und hüpfte zu mir. An seinem Bein hatte er einen kleinen Zettel gebunden. Es stand kein Name auf dem Brief, aber so zielstrebig, wie der Kauz auf mich zu kam, war klar, dass er für mich bestimmt war.
„So früh schon Post? Das ist ungewöhnlich", meinte Blaise und legte den Kopf schief. Keine andere Eule war in die Große Halle geflogen, um einen Brief auszutragen. Verwirrt und ein bisschen ängstlich nahm ich dem Tier den Zettel vom Fuß.
Normalerweise bekam ich nur sehr selten einen Brief. Vielleicht war es bereits der von Professor Snape. Allerdings widerlegte sich diese Vermutung, als ich das Papier auseinanderfaltete. Er war von Narzissa.
Liebe Lucinda,
es wäre mir eine große Freude, wenn du über die Feiertage wieder zurück ins Manor kommen würdest. Ich würde mich wirklich sehr über deine Anwesenheit freuen. Außerdem wäre es wirklich lieb von dir, wenn du Draco mitbringen könntest. Er hat sich in den Kopf gesetzt, die Ferien in Hogwarts zu verbringen anstatt nach Hause zu kommen. Könntest du bitte mit ihm sprechen?
Liebe Grüße
Narzissa
Ich konnte mir ein Schnauben über diesen Brief nicht verkneifen. „Was ist los?" fragte Blaise unsicher. Vermutlich konnte er meine Reaktion nicht so recht deuten.
Ich hatte ihm immer noch nicht erzählt, was in den Ferien wirklich passiert war. Jedes Mal, wenn er das Thema versuchte aufzugreifen, fand ich etwas anderes spannender. Das Wetter, den Unterricht, die Hausaufgaben oder das Outfit eines anderen Schülers. Ich hatte noch nie über so viel Mist mit jemandem geredet, wie mit Blaise, wenn er mich nach den Ferien fragen wollte.
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Lucinda - The Mask of a Slytherin
Fanfiction„Unsere Herkunft definiert nicht wer wir sind" Lucinda wurde in einem zwiegespaltenen Haushalt geboren. Ihr Vater, ein traditionsbewusster Zauberer, der sich viel auf seine edle Reinblütigkeit einbildete. Ihre Mutter, die, besonders nach der Zwangsh...