Am dritten Morgen der Ferien machten Narzissa und ich uns auf den Weg in die Winkelgasse. Ich brauchte für den traditionellen Neujahrsball, den die Familie Malfoy jedes Jahr veranstaltete, noch ein Kleid. Narzissa war begeistert, als sie erfuhr, dass ich keins hatte. Wo hätte ich das auch her haben sollen? Wann war ich mal auf einem Ball gewesen? Bis heute früh, als eine Absage per Post eingetroffen war, hatte ich von dem Ball nicht mal gewusst.
Mir missfiel die Vorstellung einen Ball zu feiern, wo wir doch den dunkelsten aller schwarzmagischen Zauberer im Manor hatten. Aber Tradition war Tradition und musste weitergeführt werden. Außerdem würde er an diesem Abend außer Haus sein, was meine Hoffnung auf eine frühe Abreise regelrecht zerschmetterte.
Trotzdem sollte der Schein nach Außen gewahrt werden und so trottete ich nun neben Narzissa durch die Winkelgasse. Ich kam mir neben ihr ein wenig minderwertig vor. Sie trug einen bezaubernden schwarzen Mantel an dessen Enden weißes Fell angenäht wurde. Mein schlichter, grauer Wintermantel konnte da nicht mithalten. Außerdem stolperte ich öfter als mir lieb war über den unebenen Straßenbelag oder meine eigenen Füße.
Als erstes steuerte Narzissa auf einen kleinen, unscheinbaren Schmuckladen zu. „Ich wollte meinem Mann eine Uhr zu Weihnachten schenken. Die wünscht er sich jedes Jahr, auch wenn er sie nie trägt", lachte sie auf meinen verwirrten Blick und ein kleines Glöckchen läutete leise, als sie die Glastür aufdrückte. Sie ging zielsicher auf die Vitrine mit den Armbanduhren zu und wies den Verkäufer an, ihr eine davon zu geben.
„Ihr beschenkt euch zu Weihnachten?" fragte ich und beobachtete, wie sie die silberne Uhr in den Händen drehte. „Das ist Tradition. Natürlich beschenken wir uns", erklärte sie liebevoll und drehte sich zu mir, „Habt ihr das nicht gemacht?" Der traurige Unterton in ihrer Stimme war mir nicht entgangen.
„Nicht wirklich", gestand ich leise und ignorierte ihren Blick. Stattdessen drehte ich mich zu einer anderen Vitrine und betrachtete missbilligend die hohen Preise neben den unscheinbaren Ringen.
„Soll ich dir bei den Geschenken helfen?" schlug Narzissa vor und wand sich zurück an den Verkäufer. Ein nicken von ihr genügte und der ältere Herr holte eine kleine Schachtel hervor, um die Uhr darin zu verstauen. Mit einem Wink seines Zauberstabs schlang sich ein Band herum und formte eine Schleife auf dem Deckel.
„Danke für das Angebot, aber ich denke nicht, dass ich überhaupt jemandem etwas schenken kann. So viel Geld habe ich nicht", murmelte ich niedergeschlagen und in meiner Erinnerung tauchte das Bild von meinem fast leeren Verlies in Gringotts auf. „Dabei geht es um die Geste, Lucinda. Besser ein günstiges, aber gut durchdachtes Geschenk, als ein teures und unbrauchbares", erklärte Narzissa und hakte meinen Arm in ihren, als wir den Laden verließen. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie sie bezahlt hatte und das kleine Päckchen in ihrer Tasche verschwinden ließ.
„Ich wollte schon immer eine Tochter mit der ich shoppen gehen kann", gestand sie glücklich, als wir durch die Tür zurück in die Kälte traten und tätschelte meine Hand. „Du kannst meine Mutter nicht ersetzen", platze es aus einem Impuls heraus und ich entriss ihr meine Hand. Im gleichen Moment hatte ich ein schlechtes Gewissen, da sie nur versuchte nett zu sein und mich ein wenig abzulenken. Kurz wirkte sie verletzt, setzte dann jedoch wieder ihr liebevolles Lächeln auf, das wohl nur Mütter konnten. „Das möchte ich auch nicht", erklärte sie und ich nickte unsicher.
Den Rest des Weges vergrub ich meine Hände tief in meinen Jackentaschen und war damit beschäftigt, mir mein schlechtes Gewissen auszureden. Gemeinsam gingen wir zu einem Modegeschäft, von dem Narzissa mir die Tür aufhielt, sodass ich als erste ins Warme treten konnte.
Sofort wuselte eine ältere, leicht mollige Frau herbei und nahm uns unsere Jacken ab. Sie begrüßte uns freundlich und geleitete uns, nachdem Narzissa ihr kurz geschildert hatte, weshalb wir hier waren, in ein Ankleidezimmer. Prüfend lies sie ihren Blick über mich wandern, bevor sie zwischen den Kleiderstangen verschwand und kurz darauf mit einigen Kleidern beladen wiederkam.
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Lucinda - The Mask of a Slytherin
Fanfiction„Unsere Herkunft definiert nicht wer wir sind" Lucinda wurde in einem zwiegespaltenen Haushalt geboren. Ihr Vater, ein traditionsbewusster Zauberer, der sich viel auf seine edle Reinblütigkeit einbildete. Ihre Mutter, die, besonders nach der Zwangsh...