Am nächsten Morgen rührte ich müde und lustlos durch meine Cornflakes. Seit dem Streit mit Daphne fühlte ich mich in meinem Schlafsaal unter ständiger Beobachtung. Ich traute mich keinen Mucks zu machen und probierte zu meinem Verschlossenheitszauber jegliche Zauber, die es verhinderten, dass Geräusche nach außen drangen. Ich wartete auch nicht mehr auf die Blondine, bevor ich zu Frühstück ging, weshalb ich die meiste Zeit alleine aß.
Das Nachsitzen bei Snape war gar nicht so schlimm, wie ich erst gedacht hatte. Es handelte sich lediglich um eine Stunde irgendwas im Klassenzimmer für Zaubertränke zu putzen. Heute war der letzte Abend, wo ich die Strafe absitzen musste. In Anbetracht, dass ich alles, außer das Zutatenregal bis jetzt geputzt hatte, konnte ich mir schon denken, was meine letzte Aufgabe sein würde.
Vorher hatte ich mich für eine weitere Nachhilfestunde mit Neville verabredet. Nach dem Mittagessen im Gewächshaus, wie die letzten Male auch. Als Draco mit Pansy am Arm die Halle betrat, gab ich den Versuch, noch irgendwas essbares herunterzuwürgen auf. Ich schenkte Draco ein kurzes Nicken, als ich an ihm vorbei aus der Halle lief und mich auf den Weg in die Bibliothek machte.
Ausnahmsweise lernte ich mal nicht, sondern machte es mir in einem Sessel in einer der hinteren Ecken bequem. Nur noch die nächste Woche und dann würde ich mit Draco über die Ferien zurück ins Manor reisen. Ein Teil von mir freute sich, wieder mein eigenes Zimmer zu haben, ein anderer war nervös, weil es mein erstes 'richtiges' Weihnachtsfest sein würde.
Die Bescherung im kleinen Rahmen, die meine Mutter und ich jedes Jahr gemacht hatten, konnte man kaum als Weihnachtsfest zählen. Wenn ich am Weihnachtstag zu ihr kam, lag auf meinem Platz immer ein kleines Päckchen, dass sie verborgen von meinem Vater in unsere Haus geschmuggelt hatte. Die Erinnerung an ihr letztes Geschenk lies mich schmunzeln. Eine einzelne Erdbeere, die sie selbst gezüchtet hatte. Viel größer waren ihre Geschenke nicht, aber mir haben sie genügt. Ich habe sie geliebt und konnte mir nur schwer vorstellen, darauf zu verzichten.
Mit einem leichten Kopfschütteln versuchte ich die Gedanken weg zu schieben und stattdessen zu lesen, doch ich konnte mich nicht so recht auf den Roman konzentrieren. Irgendwann waren dann wohl meine Augenlider zu schwer geworden, sodass ich sie erschöpft schloss.
Ein leises Räuspern lies sie mich jedoch wieder öffnen. Madame Pince stand vor mir und sah besorgt auf mich herab. „Wenn Sie sich nicht bald auf den Weg in die Große Halle machen, verpassen Sie noch das Mittagessen. Die Bibliothek ist eigentlich auch nicht als Schlafsaal gedacht", erklärte sie und ich blinzelte verwirrt durch den Raum.
„Ja, es ist schon so spät", beantwortete die Bibliothekarin meine unausgesprochene Frage und ich sprang auf. „Oh, Mist, danke, ähm...", plapperte ich drauf los und ging das Regal mit schnellen Schritten entlang, um den Roman zurückzustellen. „Ich mache das schon für Sie", sagte Madame Pince versöhnlich und nahm mir das Buch ab. „Danke, bis bald", verabschiedete ich mich und hechtete davon.
Mit großen Schritten eilte ich die Treppen hinab und in die Große Halle. Viele Schüler hatten bereits aufgegessen und saßen nur noch da, um sich zu unterhalten. Ich suchte mir einen Platz und schaufelte schnell etwas Kartoffelbrei in mich hinein. Sonderlich viel Hunger hatte ich eigentlich nicht. Mein Blick glitt über den Gryffindortisch und suchte einen ganz bestimmten braunen Haarschopf, doch ich fand ihn nicht. Mist, er musste schon an den Gewächshäusern auf mich warten.
Unbeholfen kratzte ich meinen Teller leer und schnappte mir noch schnell eine Kleinigkeit, während ich aus der Halle eilte. Auf dem Weg zu den Gewächshäusern zog ich meine Sweatshirt Jacke enger. Die Kapuze aufgezogen schnellte ich durch den Platzregen über den matschigen Boden zu den Glashäusern. Ein untypisches Wetter für Mitte Dezember. Sollte es nicht eigentlich bald anfangen zu schneien? Wahrscheinlich war es für Schnee noch nicht kalt genug.
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Lucinda - The Mask of a Slytherin
Fanfic„Unsere Herkunft definiert nicht wer wir sind" Lucinda wurde in einem zwiegespaltenen Haushalt geboren. Ihr Vater, ein traditionsbewusster Zauberer, der sich viel auf seine edle Reinblütigkeit einbildete. Ihre Mutter, die, besonders nach der Zwangsh...