somewhere in between

Kapitel 4: Colin

Schwer atmend lehne ich mich an ihn. Gut möglich, dass ich Noah ein bisschen überrumpelt habe, aber diese verdammte Unruhe in mir hat sich in seinen Armen plötzlich Bahn gebrochen. Er küsst sich langsam an mir empor, verweilt kurz an meinem Hals, bis sich seine Lippen auf meine legen. Ich erwidere den Kuss, tauche mit meiner Zunge in ihn, und kann mich selbst in seinem Mund schmecken. Mir gefällt die Vorstellung.
"Entschuldige", sage ich erschöpft.
"Wofür", murmelt er.
"Irgendwie war ich etwas ungehalten."
Er küsst die Kuhle an meinem Hals. "Ich mag ungehalten" sagt er, und ich kann spüren, dass er schmunzelt. Es stimmt. Er lässt mich gerne die Kontrolle verlieren. Vielleicht, weil ich derjenige von uns beiden bin, der sie schwieriger abgeben kann.
"Ich bin wirklich nostalgisch", gestehe ich dann.
Da dreht sich Noah so von mir ab, dass er direkt neben mir an der Wand lehnt. Er hebt seinen Arm, und wie automatisch rücke ich eng an ihn, und verkrieche mich an dem Ort, an dem ich mich seit Jahren am sichersten fühle.
"Es ist doch okay sich so zu fühlen", sagt er sanft, und gibt mir einen leichten Kuss auf mein Haar. "Hier geht immerhin ein echt großer Abschnitt zu Ende. Und vor allem einer, der nie wieder kommt."
Ich nicke seufzend, und er grault mir mit kreisenden Bewegungen meine Haare im Nacken. Er weiß, dass mich das immer beruhigt. Ich mag, wie sehr wir einander inzwischen kennen, wie vertraut wir sind mit den Eigenarten des anderen.
"Ich liebe dich", sage ich leise gegen seine Brust und küsse ihn dort, wo sein Hemdkragen endet.
Er hebt mein Kinn an und küsst mich auf die Lippen, lange und intensiv. Ich weiß, dass das seine Art von Antwort ist. Er hat den L-Satz nie ausgesprochen. Ich glaube, weil er ihn prinzipiell noch nie zu irgend jemandem gesagt hat. Dennoch bin ich mir sicher, dass wir uns lieben. Er zeigt es mir täglich. Trotzdem bleibt manchmal ein kurzes leeres Gefühl in mir zurück, nachdem ich es sage.