somewhere in between

Kapitel 15: Noah

Es ist 6 Uhr, als ich nass geschwitzt aus dem Islands in die Kälte dieses Morgens trete. Es ist ein ganz eigenartiges Gefühl, beinah wie zwischen zwei Welten zu schweben. Du stolperst aus einer Atmosphäre, die bis gerade noch erfüllt war von lauter Musik, tanzenden Menschen und Stroboskop Licht, mitten hinein in eine noch schlafende Welt. Nur vereinzelt siehst du ein paar Leute auf der Straße. Einige kommen ebenfalls irgendwo vom feiern, andere hingegen laufen ihre erste Runde mit dem Hund.
Ich ziehe mir meine Mütze über, stecke meine Hände tief in die Jackentasche, und mache mich eilig auf den nachhause Weg.

Ich schließe leise die Türe auf, ziehe die Schuhe und meine Jacke aus, und gehe erstmal ins Bad unter die warme Dusche. Mein ganzer Körper pulsiert noch, und in meinen Ohren rauscht es. Ich lege den Kopf in den Nacken, und lasse das heiße Wasser über mein Gesicht laufen. Der Abend war noch richtig gut. Es stört mich irgendwie, dass Colin nicht dabei war.
Meine Schicht ging nur bis 2 Uhr, aber ich wollte danach einfach noch tanzen. Dieser ganze vibe im Island ist irgendwie magisch. Zu sehen, dass Männer Männer küssen und Frauen Frauen, dass keiner dort sich drum kümmert ob du ein Kleid oder Shorts trägst, und dass irgendwie eine stille Verbundenheit spürbar ist. Ich glaube, das hat vor allem mit der Geschichte dieses Ladens zu tun. Überall hängen Bilder aus den Jahrzehnten. Bilder von bekannten queeren Leuten aus der Showbranche die schon dort gefeiert haben, bekannte Gesichter aus der Musik - oder Literaturblase, aber auch wegweisende Menschen, die sich für Rechte und Veränderungen eingesetzt haben.
Ich tapse durch die Dunkelheit ins Schlafzimmer, und krieche unter die Bettdecke.
Colin's Duft nach Zitrone und Bergamotte empfängt mich, und ich rutsche näher und lege meine Arme um ihn. Er liegt mit dem Rücken zu mir, und ich verkrieche meine Nase in seinem Nacken. Es ist egal wo ich war, wie lange ich getanzt oder gefeiert habe, denn wann immer ich diesen Duft rieche, weiß ich, ich bin zuhause.