9. Zu viel des Guten

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Hukaru

Hand in Hand zwängten wir uns durch die Menschen durch und bogen später in eine andere Straße ein, in der weniger Verkehr wütete. Dort wartete Mao ganz ungeduldig, mit den anderen 4 jungen Männern auf uns.

Als Mao uns erblickte, eilte sie sofort herbei und ignorierte die Blicke der anderen Leute.
,, Hukaru geht es euch gut? Ich hab mir solche Sorgen gemacht ", sagte Mao schwer atmend und tastete meine Arme nach Verletzungen ab.

,, Uns geht es gut. Niruko hat nur einen Schreck bekommen, aber ihm geht es wieder gut. Entschuldige das wir dir Sorgen bereitet haben", beruhigte ich sie mit einem warmen Lächeln.

Erleichtert atmete sie aus und sah zu Niruko, der wieder an meiner Brust schlummerte, während er unbewusst an seinem Nucki saugte.
,, Ihm scheint es zu gefallen ", sagte Mao bei dem herzzerreißenden Anblick.

,, Ja zum Glück", seufzte ich erschöpft, doch ich konnte noch nicht schlapp machen. Der Tag hatte doch erst begonnen.

,, Wir sind schon da ", ertönte eine Stimme und ließ mich überrascht aufsehen.
Tatsächlich standen wir vor einem Laden der Flöten verkaufte.

,, Gib mir deine Tüte. Ich warte hier mit den anderen auf euch", meinte Mao und nahm mir meine Tüte ab. Die Tür wurde mir von dem Krieger geöffnet, der mir auch zuvor sehr nahe gekommen war und mir meine Flöte bezahlen wollte.

Mit erhitzten Wangen, trat ich durch die offen gehaltene Tür, hinein in den Laden. Der Geruch von Holz füllte den Raum, worin viele verschiedene Flöten zur Show gestellt wurden.

,, Guck nicht auf die Preise und suche dir eine aus ", meinte plötzlich der junge Krieger, der nun ganz nah hinter mir stand. Zögerlich nickte ich und begann grob einen Blick über die selbstgemachten Flöten zu werfen.

Immer wenn mir eine ins Auge viel, ging ich zu dieser und betrachte sie genauer. Oft entdeckte man so einige Stellen, die einem nicht so gefielen. Eine ganze halbe Stunde stand ich schon in dem Laden und hatte drei Flöten in Visier.

,, Ich möchte die drei ausprobieren und dann kann ich sagen welche ich nehme oder ob ich überhaupt eine nehme ", meinte ich entschlossen. Ehe ich hätte losgehen können, war der Mann in meerblauer Robe schon bei dem Verkäufer und fragte ihn nach meinem Wunsch.

,, Für ihn ist es kein Problem", sagte er, als er wieder neben mir stand. Verstanden nickte ich und setzte mir die Erste an den Mund. Wie automatisch flogen meine Finger über die Löcher und erzeugten, durch den Einsatz von meiner Luft, wunderbare Töne.

Dies machte ich auch bei den anderen beiden und wie erwartet klangen alle drei ein wenig anders. Für Personen die sich noch nie mit solch ein Instrument beschäftigt hatten, war der Unterschied kaum zu hören.

Für mich war es eindeutig und half mir sehr bei meiner Kaufentscheidung weiter.
,, Ich finde diese am besten ", sprach ich meine Meinung laut aus.

Aus dem Augenwinkel sah ich wie der Mann in meerblauer Robe nach seinem Geldbeutel griff. Ein unglaublich schlechtes Gewissen plagte mich als er mit mir zur Kasse ging.

Als wir nur noch ein paar Meter von ihr entfernt war, stolperte ich vor ihn und legte meine ausgestreckte Hand auf seine Brust, um ihn beim weiterlaufen zu hindern. Fragend sah er ein Stück zu mir hinunter und erblickte mein verzerrtes Gesicht.

,, Du musst es mir nicht bezahlen. Es fühlt sich falsch an, andere meine Sachen bezahlen zu lassen, ohne das ich etwas zurückzahlen könnte ", entgegnete ich ihm verzweifelt. Sein fragendes Gesicht wurde zu einem verständnisvollen.

Meine Wange wurde von seinen Fingern zart berührt, wobei ein sanftes Lächeln seine Lippen zierte.
,, Ich verstehe dich und ich würde vermutlich auch so handeln wie du, aber es gibt etwas was du mir geben kannst ", meinte er fürsorglich.

,, Und das wäre?", fragte ich ihn neugierig. Sein Blick war so unglaublich weich, dass selbst ich wackelige Beine bekam, obwohl es nur ein Blick seinerseits war.

,, Deine Vergebung ", flüsterte er geheimnisvoll und drückte mir, bevor ich hätte ihn fragen können, einen Kuss auf die Stirn. Ohne weiter auf das Thema einzugehen, ging er an mir vorbei, um mir meine Flöte zu bezahlen.

Ich hingegen blinzelte ein paar mal perplex und kam erst dann wieder zur Besinnung, als er meine Flöte bezahlt hatte. Mit einem zurückhaltenden Grinsen übergab er mir das Musikinstrument, dass ich ihm entgegen nahm.

,, D..Danke ", stotterte ich vor mich hin und wusste nicht was dieser Kuss für eine Bedeutung hatte. Meine meerblau gekleidete Verwirrung nickte mir zu und drehte sich mit einer eleganten Umdrehung zur Tür.

Seine Robe und dunkelbraunen, fast schwarzen Haare drehten sich fächerartig mit ihm um. Bevor er aber aus dem Laden gehen konnte, hielt ich ihn wieder auf.
,, Warte! ", rief ich ihm hinterher, ohne das ich es wirklich realisierte.

Er hielt in seiner Bewegung innere und drehte sich halb zu mir um, damit er mir in die Augen schauen konnte. Verlegen sah ich weg und sammelte mich erstmal bis ich ihm dann wieder in die Augen sah.

,, Wie lautet dein Name? ", fragte ich ihn beschämt. Seine Augen weiteten sich kurz, ehe er sich zu mir wandte.
,, Mein Name lautet Mingyu", beantwortete er meine Frage, mit seiner melodisch tiefen Stimme.

Verstanden nickte ich und huschte vor ihm aus dem Laden hinaus, wo Mao, sowie der Rest der meerblauen Roben vergnügt miteinander quatschten.
,, Da seid ihr ja ", meinte der eine Krieger, der Mingyu ähnlich sah freudestrahlend.

,, Wenn man schon etwas kauft, sollte es ja das Richtige sein", setzte Mingyu entgegen. Ich stellte mich zu Mao, die genau wie ich beobachtete, wie Mingyu den Arm des anderen um die Schultern bekam.

,, Oh sieh nur Hukaru! Ein Kleidershop! Du bräuchtest wirklich mal was richtiges. Deine jetzige Bekleidung ist nicht sehr glamourös", sprach Mao plötzlich wieder begeistert.

Ihre Augen glitzerten, während sie zu dem besagten Laden schräg gegenüber von uns blickte. Unbemerkt versuchte ich einen Rückzieher zu machen, denn langsam reichte es wirklich mit dem bezahlen!

Wir waren alle kein Kaiser oder Minister! Das konnte noch niemand bezahlen, wenn wir so weiter machten.
Zu meinem Bedauern bekam man meinen Fluchtversuch mit, bevor ich mich komplett abwenden konnte.

,, Ich weiß, wir belästigen dich ein wenig mit unseren Ausgaben, die wir für dich tätigen wollen, aber es verwundert mich auch, dass du dich so sehr dagegen sträubst. Ich kenne viele die es charmlos ausnutzen würden, doch du willst sogar davor fliehen", wertete mich der Krieger bei Mingyu aus.

Er wirkte viel erwachsener, als Mingyu und doch sah man ihm sein Alter nicht an. Alle von ihnen sahen so gepflegt und beneidenswert gut aus, wo ich hingegen aussah wie ein Wanderer, der gerade so um die Runden kam.

,,Hört mir zu. Mir ist bewusst, dass ich nicht viel habe, weil ich alles was mir lieb war verloren habe, aber ich möchte auch nicht von anderen umsorgt werden. Es fühlt sich so an, als würde man mich bemitleiden, obwohl ihr gar nicht wissen könnt wofür. Und dennoch kommt es mir so vor, als würde man alle Wunden wieder aufreißen, nur um diese dann zu flicken ", platzte es unbeholfen aus mir heraus.

Meine Stimme konnte ich nur mit großer Konzentration aufrecht erhalten, wobei mein Atem unkontrolliert zitterte. Die Wunden waren noch viel zu frisch und ich würde eine Weile brauchen, um über alles hinweg zu kommen.

Neu entdeckte Leidenschaft (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt