18. Gab es da mal jemanden?

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Hukaru

Ich hatte mich mit dem alten Mann unterhalten, der an dieser Schule Kunst unterrichtete. Mingyu hatte in der Zeit mit Niruko gespielt und sah dabei echt niedlich aus. Auch er schien begeistert von Babys zu sein, was keine schlechte Eigenschaft war.

Wir hatten nicht lange Zeit gehabt, da der Unterricht weiterhin laufen musste. So verabschiedete sich der Lehrer auch schon von uns und scheuchte die Schüler wieder in die Klassen.

Mingyu wollte mir Niruko wiedergeben, doch schien mein Sohn andere Pläne zu haben. Jammernd zappelte er in Mingyus Händen, als ich ihn mir gerade nehmen wollte.

Doch dann zog ich meine Hände wieder zurück und kassierte von Mingyu einen verwunderten Blick.
,, Scheint so als würde Niruko noch ein wenig länger bei dir bleiben wollen ", löste ich ihn auf.

Mingyu sah mich überfordert an und zog Niruko wieder an seine Brust, wo dieser auch aufhörte zu jammern.
,, Ich kenne mich mit Babys nicht aus", gestand er mich ehrlich.

Ein warmes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen und ich rutschte etwas näher zu Mingyu.
,, Man kann nicht gleich alles von Anfang an gut können. Auch ich musste lernen wie ich mit Niruko umzugehen habe und es hatte lange gedauert, bis ich wusste was ich wann machen musste ", erklärte ich Mingyu, der mir aufmerksam zugehört hatte.

,, Außerdem bin ich doch auch dabei und helfe dir", versuchte ich ihm seine Unsicherheit zu nehmen. Einverstanden nickte er mir zu und betrachtete Niruko, wie er fast wieder drohte einzuschlafen.

,, Okay, soll ich dir helfen bei der Babylasche? ", fragte ich ihn hilfsbereit und sah dabei eine Möglichkeit, um einen Test zu machen.
,, Ja das wäre echt toll", nahm er mein Angebot an.

Also fing ich an Niruko mit der Babylasche auszustatten und drückte ihn im nächsten Augenblick sanft an Mingyus Brust.
,, Halt ihn vorsichtig fest, während ich es dir umbinde ", forderte ich Mingyu auf, der das tat was ich sagte.

Ich stand auf und ging hinter ihm in die Knie und befestigte das Band an Mingyu.
,, Ist es zu fest? ", fragte ich ihn in der Nähe seines Ohres. Eifrig schüttelte er seinen Kopf und seine leicht geröteten Ohren ließen mich grinsen. Also wirkte er tatsächlich sehr empfindlich auf mich.

Ich machte es noch fest, sodass es sich auch nicht mehr lösen konnte.
,, Das wars ", summte ich vergnügt und richtete mich dann wieder auf.

Auch Mingyu stand mit Niruko auf und hielt ihn noch immer fest.
,, Sieht gut aus", meinte ich schmunzelnd bei diesem Anblick. Seine Wangen röteten sich leicht, wobei er verlegen auf den Boden sah.

,, Gehen wir weiter oder gibt es hier noch etwas was ich sehen sollte ", fragte ich ihn wieder normal, fand es jedoch trotzdem ziemlich putzig.
,, Nein hier gibt's nichts mehr, was ich dir zeigen könnte", nuschelte Mingyu und hob seinen Kopf leicht.

,, In Ordnung. Wohin führst du mich nun? ", fragte ich ihn etwas neugierig und strahlte glücklich vor mich hin.
,, Ich möchte dir noch unseren Clanpark zeigen, wo die Kinder meistens auch spielen", meinte Mingyu und lief mit mir zusammen auch gleich dort hin.

Auf dem Weg dorthin unterhielten wir uns über einige Erlebnisse in unserer Vergangenheit, um uns besser kennenzulernen. Mingyu war tatsächlich ein sehr mutiger Mann. Er erzählte von seinen Abenteuer, doch mir viel dabei auf, dass er nie irgendwelche Anspielungen auf Liebe oder Zuneigung machte.

Hatte er denn nie jemanden den er liebte oder wenigstens jemanden der ihm Schutz gegeben hatte? Ein Leben voller Abenteuer war spannend und doch füllte es nicht den ganzen Lebenssinn. Man brauchte immer jemanden dem man sich anvertrauen konnte oder der Wärme an schlechten Tagen spendete.

,, Hattest du denn niemanden, der dir mal näher stand als Familie? ", fragte ich ihn vorsichtig. Keineswegs wollte ich ihm zu nahe treten, falls es ein Thema war, welches wie bei mir mittlerweile echt schwierig war.

,, Nein tatsächlich nicht. Ich hatte immer nur meinen Bruder", beantwortete er belanglos und zuckte mit den Schultern.
,, Es kommt vielleicht doof wenn ich das jetzt frage, aber gab es bei dir jemanden? ", fragte er etwas beschämt, da Niruko eigentlich die Antwort auf seine Frage war.

,, Oh ja sie war wunderschön und hatte immer etwas worüber sie Scherze machen musste. Lebendig durch und durch. Jeden Abend wurde zusammen gekuschelt und sie liebte mich genauso wie ich sie. Als Niruko dann kam, wurde unsere Familie komplett ", erzählte ich von meiner Frau und bemerkte, wie Mingyu etwas niedergeschlagen wirkte.

,, Aber leider trifft es das Wort 'war' am besten", flüsterte ich in mich gekehrt. Plötzlich blieb Mingyu stehen, wodurch auch ich langsam stehen blieb. Als ich sein Gesicht sah, verscheuchte ich die Traurigkeit in mir und setzte ein sanftes Lächeln auf.

,, I..ich wollte n..nicht. Es tut mir leid das ich gefragt habe ", entschuldigte er sich schleunigst bei mir und ließ mitleidig den Kopf hängen. Ich ging auf ihn zu und schob meine Finger unter sein Kinn, um dieses dann leicht anzuheben.

,, Du konntest es doch nicht wissen", beruhigte ich ihn, doch verließ dieser schuldbewusste Blick sein makelloses Gesicht noch immer nicht.

,, Wie kann ich das wieder gut machen? ", fragte er mich mit großen Augen. Er sah wirklich ziemlich süß aus mit diesem niedlichen Blick, der nur mir gegönnt war.

,, Ich mag es nicht von anderen etwas zu bekommen. Deine Entschuldigung reicht mir vollkommen aus", versicherte ich ihm zweifellos. Unbewusst rutschte meine Hand auf seine einst blasse Wange, die nun einen leichten Rotschimmer annahm.

,, Aber ich will etwas tun ", nuschelte Mingyu hartnäckig, was anscheinend in der Familie lag. Ergeben seufzte ich und betrachtete den jungen Mann vor mir genauer.

,, Dann überrasch mich", murmelte ich dann schlussendlich und ließ wieder von ihm ab. Dabei bemerkte ich wie Mingyu sich nach der verschwunden Wärme sehnte, aber nichts dafür unternahm.

,, I..in Ordnung ", stammelte Mingyu schüchtern. Seine verschiedenen Emotionen zu sehen und hervorzurufen machte mich glücklich. Ich wollte nicht nur eine Seite von ihm sehen, sondern alle, auch wenn ich es vielleicht bereuen könnte.

,, Hilfe! Schnell!", schrie ein kleiner Junge und rannte auf uns zu. Alarmiert sah ich mich um, konnte aber nichts gefährliches erspähen.

,, Ihr müsst uns helfen. Wir haben gespielt und dann waren da giftige Schlangen! Ich konnte weg um Hilfe zu holen, die anderen nicht ", schniefte der Kleine zitternd. Ich wollte nicht wissen wie viel Adrenalin in seinem Körper ihn in solch eine Verfassung brachte.

,, Zeig mir wo sie sind", meinte ich zu dem Jungen, der eifrig nickte. Mingyu wollte sein Wort dagegen heben, doch wandte ich mich schon an ihn.

,, Pass bitte auf mein Baby auf. Es ist alles was ich habe und mach dir keine Sorgen um mich ", bat ich Mingyu, der mich entgeistert ansah.

,, Hukaru du kannst da doch nicht alleine hingehen! Es ist viel zu riskant! Und deine Schulter, du weißt, dass du sie nicht belasten darfst!", versuchte mich Mingyu abzuhalten.

Nichts hielt mich ab jemanden in Not zu helfen und das müsste er eigentlich wissen.
,, Mingyu ich werde vorsichtig sein. Außerdem ist es eine der Regeln meines Volkes, anderen in Not zu helfen und ich bitte dich auf meinen Sohn acht zu geben. Hol Hilfe und komme nach ", forderte ich ihn auf.

Unzufrieden stimmte er zu und ließ mich gehen. Ein Glück kannte sich Mingyu hier besser aus als ich und konnte daher auch ohne Auskunft wissen, wo die Kinder immer spielten.

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