22. Behütete Schrift

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Hukaru

Heute war der Tag, an dem ich nicht mehr länger von einem Arzt behandelt werden musste und nach 'Hause' gehen durfte. Meine Kräfte waren noch immer größtenteils verschwunden. Nur meinen Kopf konnte ich so wie immer Bewegung, sowie auch sprechen oder ganz kurze Tätigkeiten.

Da laufen aber bei mir noch nicht möglich war, wurde ich auf einen Stuhl gedrückt, der Räder hatte! Es war eine echt grandiose Idee und verhalf Menschen, die verletzt waren sich fortzubewegen.

Mingyu und auch der Arzt halfen mir in diesen rollenden Stuhl zu kommen. Ich hätte gerne geholfen, konnte mich aber nicht so gut bewegen.
,, Wenn etwas sein sollte, kommt ihr sofort zu mir ", sagte der Arzt ernst.

,, Selbstverständlich", vergewisserte Mingyu dem Arzt und wurde zusammen mit mir entlassen. Mingyu hatte mir Niruko in die Arme gegeben, um mich schieben zu können.

Dieses Mal konnte ich meinen Sohn nicht so wie gewohnt leicht festhalten. Normalerweise war mein Griff um mein Baby fest und stabil, was ich jetzt nicht behaupten konnte.

Auf dem Weg zu meiner zugeteilten Residenz, kamen uns einige Erwachsene oder junge Männer entgegen. Merkwürdiger Weise verbeugten sie sich alle leicht vor uns, während sie an uns vorbei gingen.

,, Mingyu warum verbeugen sie sich vor uns? ", fragte ich also den jungen Mann hinter mir. Taten sie das, weil Mingyu einen hohen Rang und Ansehen hatte?

,, Glaubst du nicht, dass deine Heldentaten die Runde machen? Jeder aus dem Yu-Clan weiß davon", kicherte Mingyu belustigt über meine Unwissenheit. Sozusagen war ich Gesprächsthema Nummer 1 hier in diesem Clan, ohne das ich davon was wusste.

,, Sie verbeugen sich vor dir, um dir ihre Dankbarkeit auszudrücken ", erklärte mir Mingyu nochmal genauer und auch ich verstand nun die Gesten.
Der Weg bis zu meiner Residenz lief reibungslos und ich konnte trotz den leichten Schmerzen, dem Schweiß und der schweren Gliedmaßen, die Natur genießen.

Als wir in der Residenz angekommen waren, schob mich Mingyu erstmal zum Bett und fand dort etwas interessantes.
,, Hukaru gehört das dir? ", fragte er mich und gab mir einen Zettel.

Verwirrt nahm ich ihn an mich, während mir Mingyu Niruko abnahm. Ich hatte definitiv keinen Brief oder sonstiges geschrieben, als ich das letzte Mal in meiner Residenz war.

Ich faltete ihn auf und entdeckte die Schrift meines Volkes, die wir seit Jahrhunderten nutzen. Sie diente für geheime Botschaften und nur Kyrons konnten diese verfassen, denn ursprünglich wussten nur wir über diese Schriftzeichen bescheid. Es war strengstens Verboten, dass jemand anderes diese Zeichen in die Finger bekam.

Diese Schrift wurde behütet, denn wenn jemand unsere Zeichen entschlüsseln konnte, wäre das eine katastrophale Apokalypse! Derjenige hätte die Macht dazu unsere Geheimnisse zu lüften, die wir seit Jahrhunderten beschützten!

Mit einer sehr ernsten Miene las ich mir den Text durch und konnte am Ende sagen, dass es niemand von uns Kyrons war, der diesen Brief verfasst hatte. Es waren einfach zu viele, verwirrende Fehler dabei, aber wenn ich das ganze wirre Zeug zu einem zusammenfügte, konnte ich die Absicht des Briefes erkennen.

Es war eine Drohung an mich. Wenn ich recht verstanden hatte, werden mein Sohn und ich von jemandem gejagt, der uns Tod sehen wollte. Da stellten sich mir aber einige Fragen.

Und zwar, wie war derjenige hier rein gekommen, von wem hatte er diese Schriftzeichen, kam der Täter aus diesem Clan und war es auch derjenige, der hier sein Chaos trieb? Zu viele Fragen und keine Antworten.

,, Was steht da? ", fragte mich plötzlich Mingyu, der nichts mit den Schriftzeichen anzufangen hatte. Unschlüssig ob ich Mingyu von dem Brief erzählen sollte, blieb ich still. Wenn ich ihm davon erzählte, wäre vielleicht auch er in Gefahr und das ohne einen Grund.

,, Hukaru bitte erzähle es mir. Ich bin professionell in dem Thema Körpersprache ausgebildet worden und kann sehen, wie sauer, traurig und auch besorgt du bist, über das, was auch immer auf diesem Blatt Papier steht ", enttarnte er meine Gefühle kurzerhand.

Verblüfft über seine Fähigkeiten sah ich dem bildhübschen Mann in die Augen. Ich erinnerte mich daran, wie er vor kurzem zu mir sagte ich sollte auch Hilfe annehmen, anstatt immer abzulehnen.

Doch war es jetzt schlau jemanden davon zu erzählen? Ich möchte niemanden mit hineinziehen, doch wäre es umso gefährlicher für mich und meinem Sohn. Mit geschwächten Körper, ließ es sich sicherlich nicht so gut kämpfen.

,, Hukaru bitte. Lass mich für dich da sein. Niemals würde ich dich wegen etwas verurteilen oder abstoßen, ich möchte dir nur helfen ", gab Mingyu nicht nach und zerbrach meine Unsicherheit mit seinen Worten.

Ich fand es sehr niedlich von ihm, wie er unbedingt für mich da sein wollte und versuchte mich zu überreden. Außerdem wäre es das Sicherste für mich und Niruko, wenn wir jemanden davon berichteten, der Einfluss darauf nehmen könnte.

,, Na gut. Der Brief ist eine Morddrohung an mich und Niruko ", nuschelte ich bedrückt und sah mich etwas in dem Raum um. Ein Schatten der auf den Boden geworfen war und sich hinter der nächsten Tür befand, ließ mich blass werden.

Jemand war hier und lauschte unseren Gesprächen. Anscheinend hatte diese Person nicht an den Sonneneinfall gedacht und bemerkte seinen eigenen Schatten nicht.

,, Hukaru das ist... ", stockte Mingyu sprachlos und schien nicht darauf vorbereitet gewesen zu sein. Es war nun raus und meine Worte konnte ich nicht mehr zurücknehmen.

,, Was machen wir jetzt?", fragte ich Mingyu und legte meinen Finger im Nachhinein als Zeichen auf meine Lippen. Danach deutete ich auf den Schatten am Boden und Mingyu verstand mich sofort.

Allerdings wollte er direkt los um denjenigen verantwortlich zu machen, wurde jedoch von mir gehindert. Verzweifelt sah ich Mingyu an und schüttelte den Kopf, denn wenn er weg war, waren Niruko und ich schutzlos ausgeliefert.

Unzufrieden biss sich Mingyu auf die Lippen, um seine aufgestaute Energie nicht mutwillig raus zu lassen.
,, Lass uns zu meinem Vater gehen ", schlug Mingyu in einem normalen Ton vor, doch in ihm wütete ein wilder Sturm.

,, In Ordnung", stimmte ich zu und konnte sehen, wie der Schatten wieder verschwand. Zugegebener Maßen fühlte ich mich sehr verwundbar, besonders in diesem Ding. Ich konnte nichts machen, also hoffte ich, dass es andere umso mehr konnten.

Neu entdeckte Leidenschaft (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt