35. Knackendes Geräusch

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Hukaru

Die Morgensonne weckte uns aus unserem tiefen Schlaf und kitzelten unsere Nasen. Murrend schlug ich meine Augen auf und sah direkt in die Augen von Mingyu, der schon früher wach war als ich.

Niruko schlief noch immer. Das Planschen hatte ihn gestern Abend anscheinend sehr ausgepowert.
,, Guten Morgen ", begrüßte mich Mingyu strahlend und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

,, Morgen", nuschelte ich noch etwas müde und gähnte erstmal ausgiebig. Heute musste ich den Kindern und Jugendlichen beibringen, wie Kyrons lebten und wie sie wirklich waren. Wenn ich ganz ehrlich war, würde ich am liebsten schwimmen gehen und das erfrischende Nass auf meiner Haut genießen.

Die Kinder waren viel zu überzeugt von ihrer falschen Meinung und da würde auch ich nicht mehr viel machen können. In diesem Alter ließen sich die wenigsten, etwas von den Älteren sagen und glaubten lieber an ihre Meinungen.

,, Alles in Ordnung? ", fragte mich Mingyu und ließ mich aus meinen Gedanken hochschrecken. Er sah sehr besorgt aus.
,, Ja es ist nur so das ich glaube die Kinder werden mir nicht zuhören", erzählte ich ihm von meiner Sorge.

Sanft strich er mit seinen Fingerspitzen über meine Wange und erzeugte ein wohliges Kribbeln an den Stellen.
,, Keine Sorge ich bin auch bei dir und der Lehrer ebenfalls ", versuchte er mich aufzuheitern.

Ein bisschen funktionierte es auch, aber mir war deswegen immer noch sehr flau im Magen. Die Kinder an sich machten mir keine Angst, aber ihre vielleicht etwas harschen Kommentare könnten mich zu Fall bringen.

Was man nicht alles für die Familie tat. Nun  wollte ich aber keinen weiteren Gedanken mehr daran verschwenden und stand zusammen mit Niruko auf. Heute schaffte ich es selber mich in den Rollstuhl zu setzen, was für mich ein riesen Erfolg war.

Auch Mingyu lächelte mich stolz an und schob mich auch schon mit meinem schlummernden Sohn in die Küche. Wie immer zauberte er uns himmlisches Essen und auch dieses Mal ließ ich Mingyu Niruko füttern.

Danach mussten wir uns auch schon los machen, denn unser Termin in der Schule war zu der Zeit, wo die Kinder eigentlich Unterricht hätten. Auf dem Weg trafen wir einige Erwachsene, die sich mir gegenüber respektvoll verhielten.

Wohlmöglich hatte es gestern die Runde gemacht und die Leuten fühlten sich nun sicherer, weil sie die Wahrheit über uns kannten. Für mich lief es auch weitaus angenehmer. Natürlich würde ich mich noch besser fühlen, wenn man den Täter schnappte, der mich andauernd tyrannisierte.

Als wir das Schulgelände betraten war das erste was ich hörte Geschrei, aber im guten Sinne. Ayun und Xuyun rannten auf uns zu mit einem gigantischen Lächeln im Gesicht.

Auch ich freute mich die beiden Kinder wiederzusehen, nur leider weckten ihre aufgeregten Freudenrufe mein Baby. Jammernd zerknautschte er sein Gesicht und ließ mich seufzen.

Ich kramte Niruko's Nucki aus meinem Gewand und steckte ihm diesen in den Mund. Mingyu brachte den Jungs währenddessen zu verstehen leise zu sein, was die beiden dann auch taten.

Aufgeregt uns zu sehen begrüßten sie uns leise und warfen dann einen Blick auf den beruhigten Niruko, der an seinem Nucki nuckelte.
,, Aww er ist so süß ", flüsterte Ayun mit einem niedlichen Grinsen, welches seine Grübchen zum Vorschein brachte.

,, Und so winzig", fügte Xuyun, Mingyus kleiner Bruder hinzu. Die beiden Kinder hatte ich seit ihrer Rettung lieb gewonnen, nur leider sah ich die beiden Rabauken nicht so oft.

,, Schön euch zu sehen. Wie es aussieht bin ich nicht der erste, der euch begrüßt ", lachte ein Mann vergnügt. Offensichtlich schien er hier auch Lehrer zu sein, denn etwas anderes konnte ich mir gerade nicht vorstellen.

,, Ja, aber trotzdem freuen wir uns sehr dich zu sehen", erwiderte Mingyu freundlich darauf. Ein warmes Lächeln bildete sich auf dem Gesicht des Mannes.

,, Kommt doch rein. Wir besprechen noch ein wenig organisatorisches, solange Pause ist ", bat er uns hinein. So wie er sagte fuhren wir in die Schule hinein und trafen selbstverständlich auf ein paar Schüler, die vom Lehrer nach draußen an die frische Luft geschickt wurden.

Die Blicke waren nicht sehr begeistert, aber eine Spur von Neugier erkannte ich in einigen Gesichtern.
,, Tut mir leid, wir müssen leider die Bibliothek nutzen für unser Gespräch. Alle anderen Räume werden von anderen Lehrern gerade vorbereitet und sind besetzt ", entschuldigte er sich beschämt.

,, Das ist kein Problem", meinte ich flexibel und erhielt ein erleichtertes Nicken vom Lehrer. Die Bibliothek war eh ein sehr besonderer Ort, indem so viel Wissen steckte. Dort fühlte ich mich tatsächlich auch ganz wohl.

Mingyu stellte mich vor einem Bücherregal ab, aber so das ich ein bis zwei Meter Abstand zu dem Regal hatte, während sich die anderen beiden auf die Hocker vor mir setzten.

,, Also du hast eine Stunde Zeit. Die Kinder wurden von allen belehrt und sollten brav sein während du erzählst. Natürlich ist noch ein Lehrer mit im Raum, um die Kinder zusätzlich im Auge zu behalten ", erklärte er mir freundlich.

Er erklärte mir noch viele andere Dinge und bat Mingyu am Ende unter vier Augen zu reden. Sie gingen nicht als so weit weg, um mich nicht alleine zu lassen. Zwar hätte ich ihrer Erzählung lauschen können, aber so viel Anstand hatte ich dann doch, um es nicht zu tun.

Geduldig wartete ich auf Mingyu, bis ich plötzlich ein komischen Knacken hinter mir hörte. Verwirrt drehte ich mich zu dem Geräusch um und riss erschrocken die Augen auf, als ich sah wie mir das Bücherregal entgegen kam.

Schnell versuchte ich aufzustehen um weg zu kommen, war dann aber doch zu langsam. Ich legte meine Arme beschützend um Niruko, damit wenigstens ihm nichts passierte.

Im Laufe des Geschehens sah ich jemanden in blauer Robe davon eilen. Das Gesicht des Täters blieb mir leider unbekannt. Krachend landete das Regal auf uns und bescherte mir ungeheuerliche Schmerzen.

Das letzte was ich sah, war Hanyu, der mit seinen Armen voll Bücher zu mir rannte und ein vor Schreck blasses Gesicht bekam. Er hatte anscheinend vor einigen Sekunden etwas in der Bibliothek an Büchern gesucht und wegen des Lärms hellhörig geworden.

Verzweifelt versuchte er mir zu helfen, aber bevor ich gerettet werden konnte verschwamm meine Sicht. Die Schmerzen begleiteten mich nach einigen Sekunden in die Dunkelheit und alle meine Sinne waren wie vom Winde verweht. Ich hoffte nur das es meinem Baby gut ging, alles andere stand hinten dran.

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