23. Neue Unterkunft

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Hukaru

Mingyu brachte mich nach dem Vorfall direkt zum Clanführer und murmelte den Weg dorthin etwas unverständliches. Ich war froh nicht mehr in der Residenz sein zu müssen, wo der Täter eingebrochen war und sich versteckt hatte.

Leider wusste ich auch den Grund für seine Handlungen und konnte daraus auch ein paar Entschlüsse ziehen. Wenn er mich tot sehen wollte, dann müsste er mich erstmal kriegen.

Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit würde ich ihm das Leben schwer machen und wenn er nicht aufpassen sollte, würde der Jäger zum Gejagten werden.

Mingyu schob mich geradewegs in den Saal, wo der Clanführer mit seinen Beratern über etwas sprach. Anstatt höflich zu warten, bis sie fertig waren, preschte Mingyu dazwischen.

,, Vater! ", rief er ihn lautstark. Der Clanführer und auch seine Berater sahen den Störenfried etwas grimmig an. Mingyu ignorierte es allerdings gekonnt und wollte keine Zeit verlieren.

,, Hukaru und Niruko werden bedroht", kam er zum Punkt. Nun schienen auch die anderen den Ernst der Sache zu sehen und verziehen Mingyu sein Missstand.

,, In wie fern bedroht? ", fragte der Clanführer sofort ernst. Mingyu legte seine Hände sanft auf meine Schultern und erlangte somit meinen Augenkontakt.

,, Erzählst du es ihnen?", fragte er mich sanft, doch man spürte wie die Anspannung im Raum stand. Nickend schlug ich den Brief auf und schwieg zuerst, bevor ich anfing zu erzählen.

,, Ich wurde heute vom Oberarzt entlassen und bin zusammen mit Mingyu zu meiner Residenz gefahren. Dort lag dieser Brief auf meinem Bett, der geheime Schriftzeichen meines Volkes beinhaltet ", fing ich an zu erzählen. Alle waren ruhig und ließen mir die Zeit, die ich brauchte.

,, Diese Schrift wurde Jahrhunderte von uns beschützt, denn was wir früher oder auch heute mit anderen Kyronstämmen besprechen, ist unter strenger Geheimhaltung", erklärte ich weiter. Dabei blendete ich alle aus und schwebte in meiner eigenen Welt.

,, Jemand hat sie gefunden und angefangen sie zu entschlüsseln. Das ist eine Katastrophe für unser Volk und könnte für uns den Untergang bedeuten ", presste ich wütend hervor.

Ich hielt nichts von Todesstrafen, aber wie sollte man dann diese Informationen aus den Köpfen der Leute nehmen? Menschen vergessen unwichtige Dinge, aber niemals würden sie geheime oder verbotene Sachen einfach so vergessen.

Man müsste diese Menschen umbringen, um das Geheimnis weiterhin bewahren zu können, aber unser Volk war friedlich. Niemand würde jemanden anderen umbringen, das war uns verboten!

,, Es sind zwar viele Fehler enthalten, aber man könnte sie mit der Zeit ohne Probleme beheben. Aber es gibt noch etwas anderes was mich sehr beunruhigt ", gestand ich bedrückt.

,, In dem Brief steht folgendes: 'Vielleicht sind dein Baby und du entkommen, doch habt ihr genau das selbe Schicksal wie alle anderen aus eurem Dorf verdient. Ich werde dich keine Minute oder Sekunde durchatmen lassen, bis ich euch unter die Erde gebracht habe.' Einiges konnte ich nicht lesen, aber das ist das, was ich daraus entziffern konnte ", offenbarte ich die Nachricht.

Ob die anderen nun mehr Interesse an meiner Vergangenheit hatten und mich am liebsten darüber ausquetschen würden, konnte ich mir denken. Ich wäre es ihnen auf jeden Fall schuldig.

,, Das kann doch nicht wahr sein!", knurrte der Clanführer aufgebracht. Mingyu strich mir beruhigend über die Schultern und betrachtete seinen wütenden Vater stumm.

,, Wer auch immer das war, wird dafür büßen! Er stört nicht nur unseren Frieden, sondern bedroht auch noch unsere Gäste!", regte er sich weiter auf. Besorgt sah ich zu meinem Sohn, in meinen Armen.

Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ihm etwas zustoßen würde. Er hatte noch sein ganzes Leben vor sich und nur weil wir in dieses Volk geboren wurden, mussten wir so viel über uns ergehen lassen.

,, Bitte erlaube mir das Hukaru und sein Sohn bei mir bleiben, bis der Schuldige gefasst ist. Als wir über den Brief gesprochen hatten, war er bei uns und hatte gelauscht. Ich konnte Hukaru aber nicht in seinem Zustand alleine lassen und konnte ihn deshalb nicht fassen ", bat Mingyu seinen Vater mit einer sehr guten Begründung.

Mir wäre es auch nicht geheuer nochmal in diese Residenz zu gehen und dort alleine mit Niruko zu bleiben. Dann würden wir dem Täter in die Arme rennen. Er wartete sicherlich nur auf einen Moment, wo niemand bei mir war oder Mingyu unachtsam war.

Hatte Mingyu denn genug Platz für zwei weitere Personen? Er schien zumindest kein Problem damit zu haben mich und Niruko in seiner Nähe zu wissen.
,, Natürlich, aber nur wenn Hukaru damit einverstanden ist ", stimmte der Clanführer verständnisvoll zu.

Die Aufmerksamkeit gehört nun mir und ich brauchte nicht lange, um dem Vorschlag mit einem Nicken zuzustimmen. Erleichtert sah mich der Clanführer an und war froh, dass ich mich nun in guten Händen befand.

,, Ich werde meinen Kriegern Bescheid geben, diese werden ihr Augen offen halten ", versicherte er uns noch. Das war alles was wir besprachen, bevor ich mit Mingyu zu seiner Residenz fuhr.

Sie war größer und sehr ansehnlicher als meine. Es sah alles sehr gepflegt aus und ließ mich innerlich schmunzeln. Wie gern wir in unserem Dorf so luxuriös gelebt hätten, doch hatten wir nur das zur Verfügung, was uns die Natur gab.

,, Willkommen bei mir daheim ", empfing uns Mingyu in seinem Zuhause. Innen sah das Gebäude noch viel beeindruckender aus, als von außen. Die Einrichtung war heimisch und alle Sachen lagen ordentlich an ihren Plätzen.

Der Wohnbereich war riesig im Vergleich zu meinem, in meiner Gastresidenz. Dort wurde alles klein gehalten, aber hier hatte man sehr viel Platz.
,, Das Gebäude ist ja riesig ", staunte ich begeistert und wurde von Mingyu einmal herumgeführt.

,, Ich hoffe dir macht es nichts aus, aber ich habe nur ein Bett in meiner Residenz. Zu einem Gästezimmer hatte ich nie die Zeit gehabt, eines herzurichten und ich hätte auch nie geglaubt, es jemals zu brauchen ", gestand mir Mingyu verlegen.

,, Nicht schlimm, Niruko und ich können auch mit einer Matte am Boden schlafen", sagte ich verständnisvoll, doch Mingyu hatte etwas dagegen.

,, Nein nicht doch. Du bist verletzt...Nun ich wollte dich nur fragen ob es für dich okay wäre, wenn wir alle in einem schlafen. Es hat genügend Platz für alle und niemand müsste zu kurz kommen ", erklärte sich Mingyu mit glühenden Wangen.

Auch ich geriet in Verlegenheit, stimmte seinem Vorschlag dennoch zu. Es wäre viel zu schmerzhaft und zu umständlich auf dem Boden zu schlafen und Mingyu wollte ich das auch nicht zumuten. Außerdem wäre das die nächste Chance, um Mingyus Reaktion auf mich zu testen.

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