Sie taten mir im Herzen weh |4

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Die Tage zogen dahin und ehe ich mich versah war es auch schon Februar. In diesen Wochen hatte ich es geschafft so gut wie gar nicht zu schlafen, meine Augenringe waren riesig, doch ich versuchte es so durchzustehen, wie es eben funktionieren musste.

In der Zwischenzeit hatte ich herausgefunden, dass Louis immer ziemlich spät schlafen ging und an den Wochenenden nie zum feiern oder sonstigen Aktivitäten die Studenten doch eigentlich machten raus ging. Er war fast immer in unserem Zimmer. Am Wochenende schlief er bis 16 Uhr und auch dann war er nie wirklich gut drauf.

Manchmal fragte ich mich, ob ich Louis jemals wirklich lächeln gesehen hab. Doch ich kam immer zu dem Entschluss, dass ich es nicht habe. Nur die vielen Fotos an der Wand zeigten, dass es mal eine Zeit gab, wo Louis durchgehend gelächelt hatte.

Es machte mich schon nachdenklich, wieso Louis jetzt so still und in sich gekehrt schien. Wieso er nicht lachte und wieso er so spät schlafen ging.

Heute war mein Geburtstag. Ich wusste nicht so wirklich, wie ich hier damit umgehen sollte, doch es war Dienstag, was bedeutete ich musste in die Schule.

Doch heute blieb ich länger als geplant liegen. Irgendwie wollte ich noch nicht gehen, als Louis plötzlich in seinem Bett hoch fuhr. Erschrocken wandte ich meinen Blick zu ihm und sah, wie er sich verängstigt umschaute.

"Louis?", fragte ich vorsichtig, denn Louis schien ziemlich durch den Wind. Er antwortete nicht, also stand ich vorsichtig auf um auf ihn zuzugehen. "Louis?", versuchte ich es nochmal und setzte mich neben ihn. Er schwitzte, zitterte und hatte eine schnelle Atmung, weshalb ich vorsichtig meinen Arm um seine Schulter legte und ihn an mich zog. Es war etwas seltsam, aber ich akzeptierte dieses Gefühl und so schlecht fühlte es sich auch gar nicht an.

Louis atmete tief durch, doch auch er entspannte sich dann. Seine Atmung wurde ruhiger, er entspannte sich leicht und nach einer Weile lag auch sein Arm um meinen Bauch. Ich rutschte so hin, dass ich lag und musste mir eingestehen, dass das Bett wirklich bequemer war, als alle zuvor.

Man hörte das leise Seufzen von Louis, als er sich fester an mich drückte und ich über seinen Rücken strich. Je öfter ich dies machte desto entspannter wurde Louis. Irgendwann ging seine Atmung ruhig und gleichmäßig. Es schien als wäre Louis eingeschlafen und ich seufzte leise bei der Erkenntnis.

Wir beide mussten bald das Haus verlassen, wir kuschelten hier, obwohl wir uns noch nicht einmal wirklich mochten und Louis schien wieder eingeschlafen zu ein. Eigentlich sollte es so nicht sein und ich wollte auch wieder aufstehen, doch das bequeme Bett und der angenehme Geruch nach irgendwas frischem ließ mich liegen. Ich entspannte mich, genoss den Druck auf meinem Bauch von Louis' Arm und schlief dann tatsächlich endlich nach all den Wochen ein.

~~•~~

Total abgehetzt rannten wir beide die Treppe nach unten. Wir hatten noch genau 5 Minuten und zur Bushaltestelle waren es 10. Bedeutete, dass wir rennen mussten, keine Zeit für Frühstück und auch keine Zeit für Duschen. Ich war mir sicher mindestens die Hälfte meiner Schulsachen vergessen zu haben und auch hatte ich keine Zeit meiner Mutter einen schönen Tag zu wünschen, sondern lief einfach mit meinen Schuhen an aus der Haustüre. Das es in der Nacht geschneit hat realisierte ich erst, als Louis die Haustüre geschlossen hatte und ich bemerkte meinen Schlüssel vergessen zu haben.

Fluchend rannte ich trotz allem los, einfach in der Hoffnung noch den Bus zu bekommen.

"Jetzt warte doch!", Hörte ich Louis schreien, der ebenfalls angerannt kam, aber er war um einiges langsamer, was auch er bemerkte. "Na los!", sagte er trotzdem und ich rannte wieder los, da wir beide schon den Bus in der Ferne sahen.

"Das schaffen wir nicht mehr", meinte Louis schnaufend, doch ich schüttelte nur den Kopf, packte Louis' Arm und zog ihn weiter.

Gerade als wir die Straße überquerten und auf der anderen Straßenseite stand der Bus, schlossen sich die Türen und der Bus fuhr weg. Außer Atem schloss ich kurz meine Augen und genervt presste ich meine Lippen aufeinander, bevor ich mich aufrichtete und Louis anblickte. Dieser warf mir den Todesblick zu, da er dort auf der Bank saß und kaum Luft bekam.

"Tut mir leid", brachte ich heraus, doch Louis verdrehte angepisst seine Augen. "Ist zu spät", brummte er und ich ließ mich fröstelnd neben ihm fallen. Auch er trug nur meinen Pulli wohl angemerkt.

"Kannst du mich eigentlich nicht leiden?", fragte ich nach einem Moment der Stille und schon spürte ich Louis' wütenden Blick auf mir. "Wie könnte ich?", Spuckte er schon fast die Worte aus dem Mund und ich schloss nun auch ein wenig genervt, dass Louis nicht richtig reden zu können schien, die Augen.

"Und warum magst du mich nicht?" Louis verschränkte die Arme und blickte wieder auf die Straße. Dort lag nurnoch dieser hässliche Schneematsch. "Du wohnst in meinem Zimmer, du benutzt mit mir das Badezimmer, du bist überall, wo vorher nur ich war. Deine Mutter ist an dem Platz wo meine Mutter war. So sollte das alles gar nicht sein!" Louis atmete angestrengt die Luft aus und ich traute mich meinen Kopf ein wenig zu drehen. "Wie sollte es denn sein?" Louis schien ernsthaft betroffen und es machte mir Sorgen. Ich meine es gab zwei große Arbeitszimmer und ich wusste ja auch nicht, warum wir beide in ein Zimmer mussten.

"Mum sollte noch leben. Mum sollte da sein und nicht deine Mutter", sagte Louis leise und man hörte den Schmerz in seiner Stimme. Er tat mir so leid. Es musste schrecklich für ihn sein. "Wäre Mum noch da, dann hätte sich mein Vater gar nicht mehr auf die Suche gemacht. Dann wäre meine Mum noch da, die mich mehr liebte als es mein Vater jemals könnte. Mein Stiefvater wohl angemerkt. Er wollte immer weitere Kinder mit meiner Mutter, doch meine Mum hat immer gesagt sie liebt mich und braucht nur mich." Louis schluckte die Tränen runter und es tat im Herzen weh ihn so reden zu hören.

"Ich hoffe sehr für deine Mutter, dass die beiden kein weiteres Biest zeugen. Ich verabscheue es meinen Vater lachen zu sehen, nachdem er sich mit meiner Mum an dem Tag gestritten hatte und sie gefahren ist. Davor war sie noch bei mir, hatte mich umarmt mir gesagt sie komme wieder, aber das hatte sie nicht getan. Und jetzt schläft deine Mum dort wo sie sein sollte. Weil sie gestorben ist, beim Autofahren nach einem Streit mit ihrem Ehemann."

In Louis' Blick lag nichts mehr als Hass. Er schien so wütend, es war schon fast beängstigend. "Deshalb kann ich dich nicht leiden. Weil es gab für meine Mum immer nur mich und jetzt hat mein Vater sozusagen bald zwei Kinder und weil er mich nie wirklich geliebt hat wird er es bei dir mehr tun. Ich bin der Fußabtreter. Das war ich schon immer."

Und diese Worte, sie taten mir weh. Sie taten mir im Herzen weh, als Louis diese Worte aussprach. Ich konnte nichts darauf antworten, ich war einfach still und schluckte. "Ich hatte keine Ahnung tut mir leid." Louis sagte darauf nichts. Das musste er auch nicht, er saß dort und schien mich stumm zu demütigen obwohl hier niemand weit und breit war. Durch seine Worte fühlte ich mich schuldig, das ließ er mich auch spüren, bis der Bus kam und wir beide einstiegen.

Stepbrothers Don't Do It Like ThatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt