Die Stimmung ist abgrundtief

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Als ich meine Augen aufschlug, war das erste das ich sah schwarz. Ich meine wirklich schwarz. Ich lag auf dem Boden und die Decke war schwarz. Keine Ahnung, warum ich lag oder was ich hier machte. Wo war ich überhaupt? Ich erinnerte mich, dass ich, zusammen mit Percy und Anni, Grover gerettet hatte. Dann war da diese Stimme gewesen und im nächsten Augenblick war alles dunkel.

Ich erhob mich und schaute mich um. Ich befand mich in einem Raum, oder so.  Der Raum hatte irgendwie kein Ende. Zumindest sah man es nicht. Alles was ich sah war schwarz, es war ziemlich dunkel. Aber irgendwie konnte ich sehen. Seufzend fasste ich mir an den Kopf. Mir war schwindlig und ich steckte ziemlich in der Patsche.
„Endlich bist du gekommen!"

Erschrocken fuhr ich herum und griff nach meinen Katanas. Nur war da nichts. Meine Waffen waren verschwunden, selbst meine Kette war weg. Meine Augen huschten durch den Raum. Doch da war niemand. Meine Augen verengten sich. Hier trieb jemand ein ganz blödes Spiel mit mir. Ich ging einige Schritte und wäre dabei fast gestolpert.
Warum, bei Apollos Kuscheleinhorn, hatte ich so einen Fummel an!?

Ich trug ein weißes Kleid, wie die griechischen Frauen früher. Wer auch immer das getan hatte, er würde sich wünschen mir nie begegnet zu sein.
„Also ich finde es steht dir ganz gut", erklang die Stimme plötzlich. Es war die selbe Stimme, die ich die ganze Zeit in meinen Träumen hörte und diese Stimme hatte gerade meine Gedanken gelesen. Jepp, der war definitiv tot. Meine Privatsphäre war mir nämlich sehr wichtig.

„Von Privatsphäre kann man hier nicht sprechen, oder? Immerhin sind wir in deinem Kopf."
Es immer noch niemand zu sehen. Und warum waren wir in meinem Kopf? Oder anders gefragt, warum war es hier so leer und düster? Ich hoffte, Percy würde nie hiervon erfahren, er würde mich mein Leben lang aufziehen.
„Nun, wir sind nicht direkt in deinem Kopf. Eher in dem Teil, wo sterbliches und unsterbliches aufeinander treffen. Aber da dein Geist hier ist, ist er leer."

Okay, ich hatte immer noch nichts kapiert. Man, ich verbrachte echt zu viel Zeit mit meinem Bruder. Dummheit war offenbar doch ansteckend.

„Nein, ist sie nicht", sagte eine andere Stimme plötzlich. Sie klang weiblich, sanft und erinnerte mich ein bisschen an Moms. „Es ist nur sehr schwer zu verstehen."

„Hört auf hier rumzulabern und kommt zum Thema. Ihr verwirrt das arme Ding noch." Wie viele Stimmen gab es denn noch? Diese hier war auch weiblich, aber ruhig und alt. Steinalt. Oder hatte zumindest diesen steinalten Unterton.
„WER SEID IHR? UND WAS MACHT IHR IN MEINEM GÖTTERVERFLUCHTEM KOPF!?", brüllte ich. Der Raum bebte.
„Entschuldige", meinte die Stimme aus meinen Träumen. „Wir waren voreilig."

Die Dunkelheit lichtete sich und heraus trat ein Mann. Er war um die Vierzig, hatte dunkles Haar und einen Kinnbart. Seine Kleider waren der heutigen Zeit angepasst. Eine Jeans und ein T-Shirt, alles in einem schwarz-lila. Sie sahen abgetragen aus, waren aber gut gepflegt. Doch am interessantesten waren seine Augen. Sie waren ein bodenloser Abgrund.
„Guten Tag, Ayumi Jackson", grinste der Kerl. „Ich bin Tartarus, der Abgrund."

Ich starrte den Kerl an und merkwürdigerweise glaubte ich ihm. Er hatte diese Aura und auch seine Stimme. Oder seine Augen. Ich schluckte. Tartarus. Was, zum Kugelfisch, wollte Tartarus von mir!?
„Du solltest die Kugelfische nicht beleidigen. Dein Vater sieht das nicht gern." Tartarus sah sich um und sah vermutlich das selbe wie ich, nämlich nichts. „Bevor wir beginnen...Könntest du den Raum vielleicht etwas angenehmer gestalten. Am Besten mit einem Sofa, ja? Ich hab schon ewig nicht mehr auf einem gesessen."

Etwas verwirrt stand ich dar. Warum war Tartarus so locker? So garnicht...Tartarus mäßig? War das ein Trick?
„Pass auf! Du stellst dir einfach vor, wie dieser Raum aussehen soll. Am besten natürlich mit Sofa", erklärte Tartarus.
Obwohl er überhaupt nicht altmodisch sprach, hörte man sein Alter heraus. Aber ich sah nicht, was er davon hätte, wenn ich mir ein Sofa vorstellen würde. Also konzentrierte ich mich kurz und im Raum erschienen ein Sofa, ein gemütlicher Sessel und ein Tisch mit Keksen. Tartarus ließ sich auf das Sofa plumpsen. Ich setzte mich in den Sessel.

„Also", sagte Tartarus und schnappte sich die Kekse. „Wie gesagt, ich bin Tartarus, der Abgrund. Na ja, aber auch nicht ganz Tartarus. Ich bin der gute Teil. Wobei gut das falsche Wort ist. Man könnte sagen, ich bin der Teil mit den guten Eigenschaften. Der Teil, der als gut wahrgenommen wird."

„Gute Eigenschaften? Gut wahrgenommen?"
„Ja, es wird zwar nicht mehr so wahrgenommen, aber Tartarus ist ein Gefängnis für Monster. So sehen sie es zumindest. Für auch Göttersprosse ist Tartarus nur der Ort, an dem sich die Ungeheuer regenerieren. Also etwas schlechtes. Seit Jahrtausenden nimmt die Zahl der Sterblichen ab, die gutes in mir sehen. Und deshalb gewinnt der böse Teil an Kraft. Er versucht seit langem mich zu verschlingen. Kannst du dir vorstellen, was passiert wäre, wenn er es geschafft hätte?"

„Nun", meinte ich. „Der gute Teil wäre verschwunden. Tartarus hätte seine ganze Macht, ohne ein Gleichgewicht."
„Genau. Er hätte seine ganze Kraft, aber ohne das Gleichgewicht zwischen uns, hätte er nicht unterscheiden können, ob er sie richtig oder falsch einsetzt. Er hätte die Welt vernichten können. Zum Glück warst du da, ehe das passiert ist."
„Das heißt er war vorhin diese böse Stimme?"

„Genau. Ich konnte ihm entkommen. Leider war er mir auf den Versen, deswegen musste ich mich mit einen Zauber hierher bringen und habe ihn gleichzeitig zurückgeschleudert."
„Aber warum sind Sie jetzt in meinem Kopf? Warum ich?"
„Du bist Ayumi Jackson, deshalb."

Verwirrt starrte ich ihn an. Er bemerkte es.
„Nun, du hast ein großes und gutes Herz. Du gehst immer voran, auf deinem eigenen Weg. Und dein Fluch..."
Sofort wurde dunkler, ein Zittern durchlief den Raum. Ich hatte meinen Hände zu Fäusten geballt und mein Blick hätte selbst einen Toten töten können. Das hätte er nicht erwähnen sollen.
Tartarus bemerkte die Veränderung und sprach rasch weiter: „Vor fünf Jahren ist jemand mächtiges aus dem Tartarus entkommen und zwar wegen dir."

Sofort verpuffte meine Wut und machte Verblüffung platz. „Wegen mir?"
„Ja. Natürlich wurde nach ihr gesucht, aber man fand nicht die geringste Spur. Nur ich habe sie gefunden. In dir!"
Ich wurde blass. „In mir?" Waren wir jetzt in einem dieser verrückten Alienfilme? Ich will kein Alienbrüter sein!

„Ja, aber nicht nur sie, sondern auch jemand anderes. Sie können hier nicht erscheinen. Du hast sie größtenteils weggesperrt, zusammen mit der Erinnerung an die Nacht vor fünf Jahren." Er lehnte sich grinsend vor. „Und ich möchte das du dich wieder erinnerst."

Mein Kopf fing an zu pochen, mir wurde übel und mir war auf einmal so heiß. Ich blinzelte, meine Umgebung verschwamm. Ich glitt weg, dorthin, wo ich nie zurückkehren wollte. Die Erinnerung vor fünf Jahren.
„Nun, ich bin gespannt, Ayumi Jackson", hörte ich Tartarus Stimme. Sie hörte sich so weit weg an.
Und dann: schwärze.

Ayumi Jackson - Die Schwester von Percy JacksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt