Mein Bruder hat einen Bruder, die Brüderinvasion!

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Ayumi POV:
Fog war seit vergangenem Jahr gewachsen. Sie war nicht nur größer geworden sondern auch stärker und ausdauernder. So kamen wir schneller voran als sonst. Aus der Ferne hörte ich ein Muschelhorn. „Scheint als wären wir gerade rechtzeitig zum Abendessen gekommen." Das Camp befand sich jetzt unter uns.
Was ist denn hier passiert?, fragte Fog. Das Gras war mit Brandspuren durchzogen, der Wald sah kränklich aus und die Fichtennadeln von Thalias Baum hatten einen ungesunden Gelbton. „Die Monster haben also nicht gelogen."
Fog schnaubte. Dafür warst du viel zu beängstigend. Ich werde dich einfach vor dem Speisepavillon absetzen und dann verschwinden. Die ganze Umgebung ist mit Gift getränkt.
„In Ordnung." Fog hatte nicht unrecht. Das ganze Camp Halfblood war vergiftet worden. Und wenn niemand etwas unternahm, würde sich das Gift auch bald auf die Halbblute auswirken.

[„Poseidon", murmelte Percy. „Nimm mein Opfer an." Und schick mir ein bisschen Hilfe, wenn du schon dabei bist, betete er in Gedanken. Bitte.]

Fog ging in den Landeanflug über, steuerte direkt auf freie Fläche vor dem Pavillon zu, als ein Windstoß den Geruch des Meeres herantrug. Das mochte vielleicht nichts bedeuten, schließlich befanden wir uns in der Nähe des Meeres. Aber das Leben als Halbgott lehrt einem, seinem Gefühl zu vertrauen. Ich machte mich bereit. Plötzlich lösten sich Fogs Flügel in Nebel auf. Unser Landeanflug wurde zur Bruchlandung. Fog versuchte verzweifelt zu bremsen. Weitere ihrer Körperteile wurden zu Nebel. Ich hielt mich panisch an ihr fest. Wir trudelten weiter und  krachten in den Pavillon. Fog löste vollständig auf. „Autsch", stöhnte ich und richtete mich langsam auf. Alle starrten mich an. Die Camper, die Satyrn und ein Typ im Gefängnisoverall, der mir merkwürdig bekannt vor kam. „Na das wird doch mal interessant", murmelte Mr D.

„Abend", sagte ich und klopfte mir den nicht vorhandenen Staub ab.
Tantalus, der Typ im Gefängnisoverall, wich zurück und versuchte sich hinter dem Zyklopen zu verstecken, den er aus unerfindlichen Gründen festgehalten hatte. „Lasst euch von mir nicht stören", sagte ich. „Ich wollte nur mit Mr D sprechen und...Sind das Pommes?" Das Apollokind nickte zögernd.
Ich ließ mich neben ihn plumpsen und schnappte mir den Teller Pommes, den er gerade wegschmeißen wollte.
„Ich glaube, ich bleibe noch eine Weile. Tantalus, du kannst mit deiner quälenden Rede fortfahren."
Tantalus, der sich jetzt sicher war, dass ich ihn nicht wieder in die Unterwelt schleifen würde, zumindest nicht in den nächsten Minuten, räusperte sich.

„Es ist bekanntlich so", sagte er, „dass Zyklopen als blutrünstige Monster mit überaus geringer Gehirnkapazität gelten. Unter normalen Umständen würde ich dieses Vieh in den Wald laufen und dort mit Fackeln und Speeren jagen lassen. Aber wer weiß? Vielleicht ist dieser Zyklop nicht so entsetzlich wie die meisten seiner Brüder. Bis dieses Wesen zeigt, dass es die Vernichtung verdient hat, brauchen wir einen Ort, wo wir es aufbewahren können. Ich habe schon an die Ställe gedacht, aber das würde den Pferden Angst machen. Wie wäre es mit der Hermes-Hütte?"
„Abgelehnt", rief ich mit vollem Mund. „Die Hermes Hütte ist überfüllt."
Travis und Connor warfen mir einen dankbaren Blick zu.

„Außerdem hat sich euer Gästezimmer-Problem gerade gelöst." Ich deutete auf den Zyklopen. Alle schnappten nach Luft. Über dem Kopf des Zyklopen schwebte ein leuchtend grüner Dreizack. Ich hingegen betrachtete meinen neuen Bruder eingehend. Das ich Monster-Verwandte hatte war mir nicht neu, aber es war vermutlich das erste Mal, dass eines in einem Halbgottcamp anerkannt wurde.
Tantalus brüllte vor Lachen. „Sieh an. Na, dann wissen wir doch, wo das Vieh hingehört. Bei allen Göttern, jetzt sehe ich die Familienähnlichkeit auch!"
„Herr Tantalus", warf ich ein und suchte nach dem Ketchup. „Sie wissen schon das dieses „Vieh" ihr Cousin ist?* Jetzt weiß ich, wo Ihr übermäßiger Appetit herkommt. Hoffentlich verzichten Sie in nächster Zeit auf Kannibalismus."
Tantalus Lachen brach ab, dafür lachten jetzt die anderen Halbgötter los. Jedes Halbblut wusste, dass man sich besser nicht mit seinen göttlichen Elternteilen beleidigte.

Der Zyklop, dessen Namen ich immer noch nicht kannte, versuchte dem leuchtenden Dreizack auszuweichen. Er war einfach knuffig. Vielleicht hätte ich sauer sein sollen. Immerhin hatte Poseidon zwei seiner Kinder, kurz nachdem sie ins Camp kamen, anerkannt, aber mich, obwohl ich schon einige Jahre hier war, nicht. Allerdings war es schwer Tyson zu hassen. Nachdem er in die Poseidonhütte gezogen war, stattete ich ihm und Percy einen Besuch ab. Percy war merkwürdig kühl zu mir, aber er trug mein Armband und das machte mich glücklich.
„Hallo Tyson", sagte ich zu dem Zyklopen. „Ich bin Ayumi. Percy's Schwester." „Schwester?" Sein Auge leuchtete auf. „Schwester!", rief er und ich fand mich in einer knochenbrechenden Umarmung wieder.

In den nächsten Tagen hatte mein Halbbruder ein glückliches Lächeln auf dem Lippen (was nicht besonders seinem Image half). Er sagte zu jedem, der es hören wollte: „Percy ist mein Bruder, Ayu meine Schwester." Diese kindliche Begeisterung war ziemlich süß (und das hat nichts, ich wiederhole nichts!, mit dem Spitznamen zu tun!!!).

*Tantalus ist in den meisten Sagen ein Sohn des Zeus, in anderen wird er als Sohn des Tmolos, einer Berggottheit, dargestellt.

Ayumi Jackson - Die Schwester von Percy JacksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt