Vater-Tochter Gespräche

66 2 0
                                    

Erzähler POV:
Ayumi stand im Innenhof des Palastes und wartete auf ihren Bruder. Dieser war gerade bei seiner Audienz beim hohen Herrn Zeus.
„Lia", erklang eine Stimme hinter ihr.
Dort stand er. Die Hände lässig in den Taschen seiner Bermudashorts und mit einem Lächeln auf den Lippen. Sein mit Kokosnüssen und Papageien bedrucktes Hawaiihemd hob sich grell von der Umgebung ab. Er war in sterblicher Größe  und seine meergrünen Augen funkelten.
„Herr Poseidon." Respektvoll verneigte Ayumi sich vor dem Meeresgott, ihrem Vater. In Poseidons Augen flackerte es bei dieser Anrede schmerzvoll. Aber er zwang sich zu einem Lächeln. „Ich hörte, dass Hades dich entlassen hat."

Ayumi nickte stumm.
„Das ist...großartig." Poseidon zögerte. „Es war sehr mutig von dir, dich für deine Freunde zu opfern."
Wut blitzte in Ayumis Augen auf, aber sie beherrschte sich. „Nennen Sie es nicht mutig. Ich bin keine Heldin. Ich habe es nur aus einem Grund getan, weil ich egoistisch bin. Weil ich es wegen dem Fluch nicht hätte ertragen können sie zu verlieren." Trauer spiegelte sich in den meergrünen Augen wieder.
„Ich verstehe", meinte Poseidon sanft. „Du gibst mir also immer noch die Schuld."

„Ja", meinte Ayumi. „Aber genau deswegen kann ich Sie nicht hassen." Sie lachte bitter. „Ironisch, nicht wahr?"
Poseidon öffnete den Mund, nur um ihn gleich darauf wieder zu schließen. Er wusste nicht, was er hätte antworten können. Es gab keine Antwort darauf. In diesem Augenblick war der Meeresgott so nah am sterblichen, wie ein Gott überhaupt sein kann. Er war verzweifelt. Er liebte seine Kinder und es schmerzte ihn, dass Ayumi ihn abwies.

„Aber das ist nicht noch nicht einmal das Schlimmste", fuhr Ayumi fort. „Das Schlimmste ist, dass ich eifersüchtig auf Percy bin. Und ich nichts dagegen tun kann." Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Ich hasse es", wisperte sie.
Geschockt starrte Poseidon sie an. Damit hatte er nicht gerechnet. Ihre innere Zerrissenheit spiegelte sich in ihren Augen wieder. Schuld, Eifersucht, Hass und so viel Liebe und Mitgefühl das es ihm die Sprache verschlug.
„Diese ganze Aufmerksamkeit die er bekommt. Er konnte bei Mom bleiben, er wurde von Euch anerkannt und ihn habt Ihr unterstützt! Obwohl Ihr in ihm vermutlich nicht mehr als eine Schachfigur gesehen habt. Wisst ihr, wie ich mich dabei gefühlt habe?! Alleine! Ausgeschlossen! Ungeliebt! Hilflos!"

Wasser ran aus ihren Augen und tropfte auf den Boden. Aber die Tochter des Poseidons weinte nicht. Sie hatte etwas wildes, etwas unbezwingbares in ihrem Blick. Sie funkelte ihren Vater an, um sie herum eine Aura der Macht.
Sie sah ihn an. Die Ursache für all ihr Leid. Alte Gefühle und Erinnerungen kamen in ihr hoch.

Und in diesem Moment fasste Ayumi einen Entschluss. Sie blinzelte und ihre Augen wurden glatt wie die See bei schönem Wetter. Glatt und ruhig, aber ebenso tief und wild. „Gebt dies Percy." Sie drückte dem überraschten Herrn der Pferde ein Päckchen in die Hand. Dann wandte sie sich um und marschierte zurück zum Fahrstuhl.

Ayumi Jackson - Die Schwester von Percy JacksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt