ARLA
Mit einer gekonnten Bewegung ziehe ich den zweiten Lidstrich über meinem linken Lid. Er endet spitz und tiefschwarz wenige Millimeter neben meinem Wimpernkranz. Während ich mir die Zunge zwischen die Zähne klemme, verteile ich den Wimpernkleber hinter meinen Wimpern.
»Arla! Himmel, kannst du dich jetzt endlich mal beeilen? Wir müssen in zwanzig Minuten da sein!« Lua kreischt durch die angelehnte Badezimmertür, ehe sie sie aufstößt. »Deus no céu. Du siehst ... heiß aus«, kommentiert sie. Schweigend kümmere ich mich um die nächste Reihe künstlicher Wimpern. Es sind nicht viele, aber sie reiche aus, um meinen Blick zu öffnen und meine Augen größer wirken zu lassen. In meinem Rücken gestikuliert Lua wild mit den Händen.
»Fünf Minuten«, nuschle ich, während ich noch einmal mein Gesicht abpudere. »Nur noch die Steinchen.« Lua knurrt missbilligend.
»Es ist eine Strandparty. Und kein Festival. Du brauchst keine verdammten Steinchen, meu Deus«, schnaubt sie. Kichernd fische ich die Plastikbox mit den Strasssteinen von der Ablage. Vor zwei Wochen ist sie ganz wild darauf gewesen, die Dinger an meinem Gesicht und auf meinem Haaransatz zu befestigen.
Das Badezimmer unserer WG ist mittlerweile gefüllt mit meinen Make-up-Produkten, Haarklammern, Bürsten und Cremes. Aus dem Wohnzimmer klingt die Musik des Lautsprechers zu mir herein. Summend schwinge ich mit den Hüften, woraufhin Lua die Hände in die Luft wirft und resigniert davon rauscht. Gelassen platziere ich drei Steinchen auf meinem Lidstrich und einen Stein an meinem inneren Augenwinkel.
Nachdem ich es auch an meinem anderen Auge wiederholt habe, lege ich die Pinzette weg. Mit einem zufrieden Lächeln betrachte ich mein Spiegelbild. Die fransige Shorts schmiegt sich perfekt an Hintern und Oberschenkel, dennoch sitzt sie lässig. Das tiefe Schwarz spiegelt sich in meinem Lidstrich und der Farbe meiner Wimpern wider. Als Oberteil habe ich mich für ein ockerfarbenes Crop-Top entschieden. Mein Bauch ist noch von den letzten Wochen am Strand gebräunt, weshalb das goldene Piercing beinahe unscheinbar aussieht. Um meinen Hals liegen vier Ketten unterschiedlicher Längen, meine Ohren hingegen sind schmucklos. Ich mag es einfach nicht, wenn meine Haare sich darin verheddern. Wenn ich Ohrringe trage, dann nur Stecker.
»Arla!«
»Komme«, rufe ich zurück. Schnell verteile ich zwei Spritzer Parfüm auf meinem Dekolleté, schiebe meine Schminke zusammen und stopfe sie in die Schublade. Lua wird Schnappatmung kriegen, wenn sie das Chaos sieht. Darauf kann ich allerdings keine Rücksicht nehmen. Ich werde mich der Standpauke morgen stellen müssen. Wenn ich sie noch länger warten lasse, wird sie in die Luft gehen.
Beim Herausgehen greife ich mir meine Sneaker von der Ablage auf der Badewanne. Lua lehnt mit zusammengepressten Lippen mit dem Rücken an der Wohnungstür. Missmutig betrachtet sie mich, während ich in meine Schuhe schlüpfe.
»Wir kommen zu spät«, grunzt sie angesäuert. »Du hattest vier Stunden Zeit, um dich fertigzumachen. Vier! Wie kann es sein, dass wir trotzdem zu spät sind?«
»Kunst braucht Zeit.« Meine Antwort wird von einem Grinsen begleitet, woraufhin meine beste Freundin lachend mit den Augen rollt.
»Ich wiederhole mich: Es ist eine Party am Strand. Kein Festival oder Roter-Teppich-Besuch. Du musst nicht aussehen wie ein Supermodel. Lass uns gehen.«
Während des Fußwegs zum Strand unterhalten wir uns über die bisherigen Änderungen des neuen Semesters. Im Augenblick besuchen wir zwei Vorlesungen gemeinsam, was für Lua und mich eine große Umstellung ist. Während meine beste Freundin ihre Vorlesungen dieses Jahr, eher auf den Nachmittag gelegt hat, bin ich ein Frühaufsteher und habe die morgendlichen Vorlesungen. Im Sommer ertrage ich die Hitze Portugals bis maximal dreizehn Uhr, danach verkrieche ich mich im Labor, in der klimatisierten Bibliothek zum Lernen oder in unserer WG. Wenn mir die Decke auf den Kopf fällt, nutze ich hin und wieder den Pool unseres Wohnhauses - aber unsere benachbarte Männer-WG geht mir auf den Keks, weshalb ich meistens auf den Strand ausweiche.
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HATE ME HARDER
RomanceCOLLEGE-ROMANCE Als die Biologiestudentin Arla Oliveira in einer wilden Partynacht von ihrem Knutschpartner plötzlich mit seinem Drink überschüttet wird, hätte sie mit allem gerechnet. Nur nicht damit, dass ausgerechnet der Uni-Schwarm und Womanize...