ARLA
»Im Sommer, als ich ungefähr acht Jahre alt gewesen bin, hat meine Familie einen Ausflug an den Strand gemacht. Den Strand hier. Porto Estrela do mar. Wir sind nicht jeden Sommer gekommen, wie andere Familien, aber wenn wir das Geld gespart hatten, haben wir uns die Zeit hier wunderschön gemacht«, beginne ich.
Hurricane hört mir aufmerksam zu und der tiefe Blickkontakt lässt die Nervosität allmählich verebben. Es ist Blödsinn, aber ein intensiv verankerter Blödsinn. »Jedenfalls muss es der vierte Tag am Strand gewesen sein, als ich ein Mädchen kennengelernt habe. Wir haben zusammen Sandburgen gebaut, Muscheln gesammelt und uns kleine Teiche gebaut, wenn unsere Eltern keine Zeit hatten, um mit uns im Meer zu plantschen. Einen Tag zuvor hatte ich eine wunderschöne Muschel gefunden. Mein Vater hat meinen Namen hineingeschrieben und wir haben die Innenseite mit Glitzer, Strasssteinen und Stickern beklebt. Es war keine große Muschel, aber ich habe sie geliebt. Sie war schwarz, mit einigen Sprenkeln an der Oberfläche.«
Auf Hurricanes Stirn macht sich ein Runzeln breit. Natürlich versteht er nicht, worauf ich hinaus will, aber ich kann sehen, dass er mich nicht unterbrechen würde. Womöglich hat er eine Ahnung, jedoch muss ich ihm alles erzählen, damit er auch alles begreift. Nicht einmal Lua habe ich davon irgendetwas erzählt, obgleich sie beinahe jede Sekunde aus meinem Leben kennt. Ich habe die Notwendigkeit nie gesehen. Bis jetzt.
»Das Mädchen hat sie bewundert und wir haben uns auf die Suche nach einer vergleichbaren Muschel für sie gemacht. Allerdings sind wir nicht fündig geworden, worüber sie sehr traurig gewesen ist. Und das Mädchen hatte einen großen Bruder. Ein frecher Bengel, der sie immerzu geärgert hat, während wir gespielt haben. Jedoch hat er dann etwas getan, an dem Tag, als wir abgereist sind, was man nur als hingebungsvolle Brüderlichkeit bezeichnen kann.«
»Er hat dir die Muschel geklaut, um seine Schwester nicht weinen sehen zu müssen«, endet Hurricane. Offenbar ist bei ihm der Groschen gefallen. Ein ungläubiges Lachen schallt aus seinem Mund, unterdessen zuckte ich bestätigend mit den Schultern.
»Ich kannte deinen Namen, lange bevor wir uns auf dem Campus begegnet sind. Die Muschel habe ich irgendwann vergessen, allerdings ist sie mir wieder eingefallen, als mir jemand deinen Namen verraten hat. Deshalb bin ich so abwehrend gewesen, Hurricane. Du hast mir meine Muschel geklaut und ich bin offenbar nie gänzlich darüber hinweggekommen.« Mit einem belustigten Schnauben lasse ich mich zurück auf mein Kissen sinken und drehe den Kopf in seine Richtung. Für einige Sekunden starrt er nachdenklich an die Decke, ehe er sein Gesicht in meine Richtung wendet.
»Arabella hat die Muschel immer noch. Sie liegt auf einem Regalbrett in ihrem Zimmer. Ich habe mir nie große Gedanken darüber gemacht, warum sie so an diesem Ding hängt. Vielleicht hätte ich mal einen Blick ins Innere werfen sollen«, schmunzelt er. Mit einem Grummeln dreht er sich auf die Seite und streckt die Hand nach meinem Gesicht aus. Federleicht fahren seine Fingerspitzen über meine Schläfe hinab zu meinem Kiefer. Die Berührung löst eine Gänsehaut in mir aus. »Womöglich bist du nicht nur mein Lämmchen, sondern meine Muschel. Concha-cordeirinho.« Sein Flüstern lässt mein Herz flattern. »Ein Teil von dir war immerzu bei mir. Seitdem wir Kinder waren. Wie verrückt ist das, hm?«
»Sehr verrückt. Ich hätte niemals gedacht, dass ich irgendwann den Jungen wiedertreffe, der mir meine wunderhübsche Muschel gestohlen hat.«
»Möchtest du sie zurück?« Ich reagiere nicht auf seine Frage, sondern lehne mich seinen Lippen entgegen. Sie sind verlockend und ich kann dem Drang nicht widerstehen, noch einmal zu kosten.
»Der Junge, der mir meine Muschel gestohlen hat und jetzt auch noch mein Herz. Ich sollte wütend auf dich sein, aber ich kann nicht«, wispere ich gegen seine Lippen. Hurricane gibt einen überraschten Laut von sich und ich presse meinen Mund auf seinen. Der Kuss ist zart, liebevoll und von sanften Seufzern durchzogen. Hurricane richtet sich auf, lehnt sich über mich, unterdessen schiebt er seine Hand an meine Wange und brummt an meinen Lippen.

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HATE ME HARDER
RomantikCOLLEGE-ROMANCE Als die Biologiestudentin Arla Oliveira in einer wilden Partynacht von ihrem Knutschpartner plötzlich mit seinem Drink überschüttet wird, hätte sie mit allem gerechnet. Nur nicht damit, dass ausgerechnet der Uni-Schwarm und Womanize...