HATE ME HARDER

KAPITEL 25

HURRICANE

Sie ist hier. Sie ist wirklich hier, neben mir in meinem Auto. Ich träume nicht, bilde mir nichts ein und fantasiere auch nicht. Das kann ich mit Sicherheit sagen, weil ich mich bestimmt fünfzehnmal in den letzten drei Minuten in meinen hinteren Oberschenkel gekniffen habe. Arla ist keine Fata Morgana, aufgrund der Hitze. Ihr Duft kitzelt wahrhaftig in meiner Nase, obwohl ich die Fenster geöffnet habe. Ihre Körperwärme erreicht wirklich meinen Unterarm, der auf der Mittelkonsole ruht, weil mein Auto nicht sonderlich viel Platz bietet.

Sie. Ist. Bei. Mir.

Merda. Wie soll ich mich denn bei dieser Frau neben mir, auf das Fahren konzentrieren? Zwar habe ich die bisherigen Unterhaltungen gut gemeistert, trotzdem bin ich verflucht nervös. Gleichermaßen freue ich mich. Immerhin ist sie wirklich aufgetaucht. Ich habe sie um ein Date gebeten und sie hat zugestimmt, deshalb war mir klar, dass sie mich entweder versetzen oder mir einen Vortrag halten und dann verschwinden würde.

Die Eventualität, dass sie wirklich bleibt und wirklich mit mir ausgeht, habe ich überhaupt nicht einkalkuliert. Hendrix sitzt im Augenblick in meinem Zimmer und wartet, dass ich zurückkomme. Er hat sich mit den Worten: »Bis gleich, Kumpel« von mir verabschiedet. Weil auch er gedacht hat, dass sie niemals auftaucht oder mich im Anschluss an die Begrüßung sitzenlässt.

Jetzt sind wir hier. Der Fahrwind wirbelt ihre Haare durcheinander. Die leise Musik aus dem Radio lässt sie summen. Auf meinen Lippen festigt sich ein standhaftes Lächeln. Sollte sie jetzt aus dem Wagen springen, sobald wir an der nächsten Ampel halten, würde es mir dennoch gutgehen. Immerhin waren mir dann fünfzehn Minuten mit ihr vergönnt. In stiller Zufriedenheit steuere ich den Wagen aus der Stadt heraus, weg von all den Touristen und Studenten. Eine kurvige Landstraße erstreckt sich vor uns, weshalb Arla mich prüfend anschaut.

»Weißt du, wo du hinwillst?«, fragt sie. Mir entgeht der bissige Unterton nicht, aber ich ignoriere ihn.

»Ich weiß immer, wohin ich will. Wie steht es mit dir? Kennst du deine Richtung?« Vier Sekunden schweigt Arla. In genau diesem Augenblick sieht sie wieder aus, wie ein Lämmchen. Ein kleines, verunsichertes, lockiges Schaf mit großen, lieblichen Augen. Ein Lämmchen, dass ich mit all meiner Kraft vor den reißenden Wölfen beschützen möchte. Sicherlich würde sie mich zu Kleinholz verarbeiten, wenn ich ihr diesen Gedanken mitteile. Arla denkt, sie kann alles allein schaffen. Allerdings gibt ihr Verhalten, ihre Ausstrahlung und die Blicke, die sie hin und wieder über die Schulter wirft, mir ein anderes Gefühl.

»Wenn ich das Ziel kenne, dann kenne ich auch meinen Weg«, antwortet sie schließlich.

»Sehr poetisch. Studierst du nicht Biologie?« Arla gibt ein missmutiges Brummen von sich. Mit Sicherheit verdreht sie gerade ihre Augen.

»Wir sprachen von Zielen. Das Studium ist eines meiner Ziele.« Es erfrischt mich, dass sie nie direkt auf meine Fragen antwortet, sondern stetig eine bessere Erwiderung parat hat. Mit jeder Gesprächsminute gefällt sie mir besser. »Ich will in die Biomedizin, darum lerne ich viel und gerne. Ich liebe mein Studium.«

»Das ist ... überraschend«, antworte ich unschlüssig. Das Arla hart arbeitet, ist mir bewusst gewesen, allerdings ist ihre Passion für die Biologie neu für mich.

»Ist es das? Weshalb?«, fragt sie. Dabei klingt sie nicht verärgert, sondern neugierig.

»Die meisten Studenten, studieren, weil sie sonst niemals einen sicheren Job finden würden. Du tust es, weil du es wirklich willst und dir die finanzielle Sicherheit nicht wichtiger ist«, antworte ich. Verblüffung schwingt in meiner Stimme mit. Arla gibt einen leisen Ton von sich, den ich als Anreiz nehme, weiterzusprechen: »Womöglich halten die Verdienstmöglichkeiten sich in der Waage mit deiner Passion, was ich beeindruckend finde. Aber woher weißt du, dass es sich niemals verändern wird? Bist du dir zu tausend Prozent sicher, es wird sich niemals ändern?« Angestrengt unterdrücke ich ein Räuspern oder einen Blick in ihre Richtung.