KAPITEL 51

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ARLA

»Es war kurz, nachdem Arabella an die Universität gekommen ist. Meine Schwester ist bildschön. Du hast sie gesehen. Für ihr Alter wirkt sie reifer und erfahrener als andere Mädchen, was ihr schon häufiger kleinere Probleme eingebracht hat. Zu Beginn meines Studiums habe ich mich wirklich gut mit Plutão verstanden. Wir haben öfter zusammen am Strand Volleyball gespielt oder waren Feiern.«

In meiner Brust knackt es und ich hoffe inständig, dass sich meine Befürchtung nicht bestätigt. Mittlerweile weiß ich genau, wieso Arabella mich bei jeder Party angelächelt hat. Es hat eine Weile gedauert, bis ich sie mit dem Mädchen aus meiner Kindheit in Verbindung gebracht habe. Vor allem, da ich überhaupt nicht mehr daran gedacht habe, dass Hurricane eine Schwester hat.

Sie kann sich offenbar noch sehr deutlich an unsere Stunden am Strand erinnern, als wir noch Kinder waren. Ich hingegen hatte keine Ahnung, bis die Erinnerungen in meinen Verstand gesickert ist. Hurricane atmet tief durch und lehnt seinen Hinterkopf gegen mein Kopfteil. Die Handschellen von Lua klimpern. Kurz will ich die Augen verdrehen, weil meine beste Freundin wirklich frech ist, doch ich halte mich rechtzeitig davon ab. Immerhin möchte ich nicht, dass Hurricane denkt, ich würde ihn nicht ernst nehmen.

»Arabella war mit Hendrix auf einer Party, weil ich krank zu Hause gelegen habe. Eine üble Grippe. Wahrscheinlich würde ich mich überhaupt nicht mehr daran erinnern, wenn der Abend nicht alles zwischen Plutão und mir verändert hätte. Hendrix hat mir im Nachhinein versucht zu erklären, was passiert ist. Wir waren ein eingespieltes Team – zumindest bin ich davon ausgegangen. Ich dachte, dass ich mich darauf verlassen kann, dass Plutão ebenfalls ein Auge auf meine Schwester hat. Nun, er hatte ein Auge auf sie, allerdings das Falsche.« Hurricane stößt ein verärgertes Murren aus, das mein Herz schwarz färbt. Schluckend sehe ich ihn an. »Arabella war schon in unserer Kindheit risikofreudig, deshalb kann ich ihm theoretisch keinen Strick daraus drehen. Aber praktisch kann ich in dem Punkt nicht logisch denken. Jedenfalls ist Arabella mit Plutão von der Party verschwunden. Hendrix hat mir erzählt, sie hätten wohl miteinander geknutscht, aber mehr habe er nicht mitbekommen. Ehrlich gesagt hätte mich die Tatsache nicht einmal gestört. Ich mochte Plutão bis zu dem Zeitpunkt. Er war hin und wieder etwas herrisch, aber so war er eben. Außerdem hat er Arabella immer gut behandelt, weshalb ich sie ihm auch anvertraut habe, als sie zu dieser Party wollte.« Hurricane zuckt die Schultern und ich lege ihm sorgenvoll eine Hand auf den Unterarm.

»Du musst es mir nicht erzählen, wenn es dir zu schwerfällt«, wispere ich. Mir ist klar, dass ich ihn quasi dazu gedrängt habe, und jetzt fühle ich mich schlecht deswegen. Abgesehen davon habe ich Angst, was er als Nächstes sagen wird. Ich weiß, dass Plutão ein Mistkerl ist, aber offenkundig habe ich die vielen Warnzeichen überhaupt nicht gesehen, wenn Hurricanes Schwester eine Vergangenheit mit ihm hat.

»Ich will es dir aber erzählen, damit du mich verstehst und dich vielleicht endlich von dem Kerl fernhältst.« Zorn färbt seine Stimme dunkel und ich schlucke schwer, bevor ich hilflos nicke. »In der Nacht kam Arabella weinend nach Hause. Ich war noch wach, weil ich den ganzen Tag verschlafen hatte, und lag auf der Couch. Sie kam schluchzend durch die Tür und ich wusste sofort, dass irgendwas vorgefallen ist. Ich habe noch ein Auto wegfahren hören und mittlerweile weiß ich, dass es der Wagen von Plutão gewesen ist. Es hat Stunden gedauert, bis ich etwas aus meiner Schwester herausbekommen habe. Sie hat mit ihm geschlafen. Bis heute behauptet sie, dass es keine Vergewaltigung gewesen ist, allerdings sehe ich die Sache anders. Anscheinend hat er so lange auf Arabella eingeredet, bis sie zugestimmt hat. Es war ihr erstes Mal und das hat sie mit einem solchen Widerling erlebt. Im Anschluss hat er sich verhalten, wie er es mittlerweile tut. Arschig, großspurig und verlogen. Er hat überall auf dem Campus herumerzählt, wie meine Schwester gestöhnt und nach mehr gebettelt hätte. Plutão hat behauptet, dass sie eine Schlampe sei, ebenso wie ich. Seinetwegen sind all die Gerüchte über mich entstanden. Er hat den ersten Stein geschmissen und die Mädels, mit denen ich ausgegangen bin, haben die Nächsten geworfen.« Hurricane verzieht die Stirn. Ich würde gerne etwas dazu sagen, aber ich kann spüren, dass er noch nicht fertig ist. »Ich habe es zugelassen, damit die Aufmerksamkeit von Arabella auf mich übergeht. Mir ist es lieber, wenn die Leute über mich reden als über meine kleine Schwester. Ich wollte Plutão anzeigen, aber Arabella hat sich geweigert. Irgendwann hat sie selbst daran geglaubt, was er erzählt hat. Deshalb bin ich so vorsichtig, wenn es um die Jungs geht, mit denen sie ausgeht. Und deshalb hasse ich Plutão so sehr, dass Hendrix mich jedes Mal zurückhalten muss, wenn er wieder Scheiße labert.«

HATE ME HARDERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt