KAPITEL 41

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HURRICANE

Sonntagabend bin ich, mit Hendrix zum Volleyball am Strand verabredet. Die Sonne sinkt dem Horizont entgegen, während ich über die Promenade laufe und Ausschau nach meinem besten Freund halte. In den letzten Tagen hat er sich schräg mir gegenüber verhalten. Womöglich liegt es an dem bevorstehenden Spiel am nächsten Freitag, denn eine andere Erklärung fällt mir nicht ein. Ich schlendere pfeifend am Strand entlang, schenke einigen Kommilitonen ein flüchtiges Lächeln und stoppe beim Volleyballfeld. Hendrix sitzt mit dem Rücken zur Promenade im Sand und starrt aufs Meer hinaus.

»Olá«, rufe ich in seine Richtung. Er dreht den Kopf über die Schulter und nickt mir verkniffen lächelnd zu. Irgendwas stimmt mit ihm ganz gewaltig nicht. Mit gerunzelter Stirn klettere ich über die schmale Mauer und stampfe durch den Sand. Rix dreht einen Volleyball in der Hand und leckt sich immer wieder über den Mundwinkel. Eine Angewohnheit, die ich perfekt einordnen kann. Mein bester Freund hat Mist gebaut. Gewaltigen Mist, für den er sich schämt. »Her mit den schmutzigen Details«, seufze ich und falle neben ihm in den warmen Sand.

»Hm?« Überrascht sieht er mich an und runzelt die Stirn.

»Der Ausdruck in deinem Gesicht. Du hast Scheiße gebaut. Was ist passiert?« Hendrix atmet tief durch, fährt sich über die Wangen und reibt sich die Augen. Der Ball liegt in einer Kuhle, die er durch das stetige Drehen erschaffen hat.

»Ich habe geplaudert«, nuschelt er. Für genau vier Sekunden muss ich überlegen, ob ich den Satz richtig verstanden habe.

»Und was hast du geplaudert?« Schmunzelnd ramme ich ihm meinen Ellenbogen in die Seite, woraufhin er mich leidend anblickt. Meu Deus. Es hat was mit mir zu tun. Umgehend rutscht das Lächeln aus meinem Gesicht. Mein Kiefer spannt sich an und ich schlucke. »Rix, was hast du gesagt und zu wem?« Das Gesicht von meinem besten Freund vergräbt sich in seiner Armbeuge und er nuschelt unverständlich vor sich hin. Angst blubbert in meinem Blut, denn ich habe bereits eine Befürchtung. Anschließend spüre ich die Verärgerung über meinen besten Freund, obgleich ich mir sicher bin, dass er es nur gut gemeint hat. Hendrix ist kein Fiesling oder Arschloch. Er handelt, wie er handelt, weil ich ihm wichtig bin. Er ist wie ein Bruder für mich, obwohl er wahrscheinlich einen Vertrauensbruch begangen hat. »Hendrix«, zische ich und drücke seinen Kopf mit einer Hand an seiner Stirn in die Höhe. Er hat die Augen zusammengekniffen und die Zähne derart fest zusammengebissen, dass sie knirschen. »Raus mit der Sprache.« Meine Forderung lässt ihn missmutig brummen. Er schiebt meine Hand beiseite und fährt sich durch die Haare.

»Ich habe letzte Woche mit dem Wodka-Bitter-Mädchen einen kleinen Plausch gehabt«, grunzt er und verdreht über sich selbst die Augen.

»Mit Arla? Worüber?« Ist Hendrix Schuld daran, dass sie mich beinahe die ganze Woche gemieden hat, wie eine ansteckende Krankheit? Musste ich sie seinetwegen beinahe überfallen? Deus, hat er Interesse an ihr?

»Allein, wie du ihren Namen sagst, bringt mich zum Kotzen«, scherzt er und schüttelt sich gespielt angeekelt. »Ich habe sie nach einer Vorlesung getroffen, als ich ein paar Dinge erledigen wollte. Sie war total neben der Spur, also habe ich sie ein Stück begleitet und wir sind ins Gespräch gekommen. Du warst selbstverständlich das Hauptthema«, erzählt er. Hendrix weicht meinem forschenden Blick ganz bewusst aus, wodurch der verräterische Schmerz in meinem Magen zu kochen beginnt. »Du weißt, dass ich nicht lügen kann, Cane. Und sie hat mir eine Frage gestellt, auf die ich nur die Wahrheit antworten konnte.« Ich verstehe die Botschaft hinter seinen Worten, ohne dass er noch ein Wort sagen muss. Hendrix sieht mich entschuldigend an und ich atme tief durch. Arla weiß es. Sie weiß, dass ich Jungfrau bin, und deshalb ist sie mir die ganze Woche ausgewichen. Wundervolle Voraussetzungen für mich. Ein angesäuertes Grunzen verlässt meine Kehle. »Es tut mir leid.« Hendrix sieht betreten auf seinen Volleyball hinab, unterdessen streiche ich mir die Haare aus der Stirn und zucke die Schultern.

HATE ME HARDERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt