KAPITEL 40

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ARLA

Das Wochenende rast auf mich zu und ich bin erleichtert, dass ich mich ab morgen nicht mehr verstecken muss. Ich bin Hurricane ausgewichen oder davongelaufen. Jeden Morgen habe ich ihn mit dem Kaffee auf mich zukommen sehen und wusste nicht, wie ich ihm in die Augen sehen soll. Nachdem Hendrix mir die Wahrheit gesagt hat, bin ich panisch geworden. Seitdem flüchte ich vor Hurricane. Bisher hat er vier belustigte Nachrichten geschickt, in denen er fragt, was der Quatsch soll. Und fünf Nachrichten, bei denen deutlich geworden ist, dass er sich über mich ärgert.

Gerade schirmt der massige Körper von Mercúrio mich vor Hurricane ab. Natürlich hat er mich gesehen, allerdings hat er vor zwei Tagen die Versuche eingestellt, mit mir zu sprechen. Er ist dazu übergegangen, Lua meinen Kaffee in die Hand zu drücken und dann zu verschwinden. Er schreibt auch keine Nachrichten mehr. Ich habe keine Ahnung, wie ich mit ihm reden soll, seitdem ich von Hendrix über seine Jungfräulichkeit aufgeklärt worden bin. Ich benehme mich bescheuert. Nur, weil Hurricane noch keinen Sex hatte, verwandelt er sich ja nicht plötzlich in eine giftige Pflanze. Ich muss mich vor ihm nicht in Acht nehmen. Zumindest weiß mein logischer Verstand das, aber meine Handlungen sind nicht logisch. Ich habe Angst, obwohl ich nicht weiß, wovor. All meine Informationen über Hurricane Sousa waren all die Jahre falsch. Er flirtet gerne, wie beinahe jeder Mann, und er hat Spaß. Bis auf die Tatsache, dass für ihn Sex nicht dazu gehört

. Der Gedanke daran, dass er sich bis zur Ehe aufsparen könnte, dreht mir den Magen um. Ich habe gerne Sex. Ich habe gerne viel Sex, guten Sex, heißen Sex, dominanten Sex. Ich kann keine Jungfrau daten.

Deus, seit wann bin ich dermaßen oberflächlich? Schnaufend tritt Mercúrio beiseite und schüttelt den Kopf über mich. Genervt verdreht er die Augen und lehnt sich wieder gegen die Tischkante, auf der Naira hockt. Sie lächelt ihn an und lehnt ihren Kopf gegen seine Schulter.

»Das ist Kindergarten, Ar«, murrt er schließlich. »Ich kann ihn zwar nicht sonderlich leiden, aber sowas hat selbst er nicht verdient. Sag ihm doch einfach, dass er dich in Frieden lassen soll, und lass ihn nicht jedes Mal auflaufen.«

»Dein Kaffee«, flötet Lua und reicht mir den großen Becher. »Wenn du so weitermachst, dann pinkelt er dir irgendwann rein, Süße.«

»Verdient hätte sie es«, lacht Amilcar und grinst mich breit an, als ich ihn wütend an funkle. Er brütet über einigen Büchern und macht sich Notizen, während wir die Sonne genießen. Nairas Gesicht hat eine niedliche Bräune entwickelt, wodurch die Sommersprossen auf ihrer Nase tanzen. Schmunzelnd beobachte ich, wie Mercú über ihre Nase streichelt und ihr irgendwas ins Ohr flüstert. Ich warte jedes Mal darauf, dass sie sich endlich küssen. Vergeblich. Bedauerlicherweise.

Naira lächelt meinen besten Freund strahlend an und nickt. Anschließend hüpft sie von der Tischplatte und Mercúrio verschränkt seine Finger mit ihren. Kommentarlos schlendern sie über die Grünfläche davon. Mein Blick folgt ihnen und bleibt an Hendrix hängen.

Mit hochgezogenen Augenbrauen und verschränkten Armen sitzt er auf der Wiese an einem Baum gelehnt und schüttelt den Kopf. Umgehend weiche ich auch seinem Blick aus und wende mich Lua zu. Sie hat sich auf der Wiese zurückgelehnt und das Gesicht in die wärmende Sonne gedreht. Corálina liegt auf dem Bauch neben ihr, wackelt mit den Füßen in der Luft und blättert in einem Buch herum. Sie streicht mit dem Textmarker Sätze an und knabbert an ihrem Strohhalm herum. Seufzend lasse ich mich neben meine beste Freundin fallen und lehne den Kopf an ihre Schulter.

»Was ist passiert?«, flüstert sie und lehnt ihren Kopf gegen meinen.

»Nichts.« Es ist eine Lüge, die Lua umgehend bemerkt. Sie seufzt langgezogen und schüttelt den Kopf.

HATE ME HARDERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt