Kapitel 1

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Kapitel 1

„Ich werde dich vermissen.", sagt meine nicht ganz so nette Kollegin. Ich muss mich zusammenreißen, dass ich nicht eine Augenbraue hochziehe um meiner Verwunderung Ausdruck zu verleihen. Ab morgen nur noch Ex-Kollegin, denke ich und drehe mich aus ihrer Umarmung um mich von dem kleinen netten Praktikanten zu verabschieden. Irgendwie komme ich mir vor, als wenn ich von einem zum anderen Mitarbeiter durchgereicht werde.

Mein Chef räuspert sich. Ich wende mich ihm zu und sehe, dass er mit zwei Sektgläsern auf mich zukommt. Er reicht mir das eine Glas und ich glaube in seinen Augen etwas Wehmut liegen zu sehen. "Emily, wie Sie wissen, wird mir das jetzt nicht leicht fallen. Deswegen halte ich mich kurz. Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass ich es bedauere, dass Sie uns verlassen. Aber wir können alle Ihre Beweggründe verstehen - ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, wie wir Sie hier ersetzen sollen." Meine Kollegen stöhnten auf und Paul, der älteste Arbeitskollege sagte:" Für Emily müssten Sie schon zwei Vollzeitkräfte einstellen."

„Paul, und selbst zwei Vollzeitkräfte würden uns unsere Emily nicht ersetzen können. Emily, egal was in Ihrer Zukunft kommen mag, Sie können jederzeit wieder bei uns anfangen, egal, ob es in einer Woche, in einem Monat oder in einem Jahr ist. Trotzdem wünsche ich Ihnen alles erdenklich Gute für Ihre Zukunft - mögen Sie Ihr Glück und eine neue Liebe finden."

Er schloss mich in seine Arme und diesmal fühlte sich es ehrlich an. Richtig. Wie ein wenig zu hause. War es wirklich die richtige Entscheidung, meinen Arbeitsplatz aufzugeben? Mit 36? Mich beschlich wieder diese Unsicherheit. Kopf hoch, Emily, mahne ich mich selbst:" Ja, es war eine schöne Zeit in diesem Büro, doch es war auch an der Zeit neue Wege zu gehen. Danke, dass ich die Zeit mit euch teilen durfte und dass ihr mich in meiner schwersten Zeit so gut unterstützt habt."

Die anderen Kollegen verabschiedeten sich von mir, es wurden die bei einem Weggang üblichen Blumen überreicht. Ein Highlight war jedoch das Abschiedsgeschenk. Es war ein Fotobuch der letzten 10 Jahre von Sommerfesten, Betriebsausflügen und Weihnachtsfeiern. Nun kamen mir doch die Tränen und Lucy, meine Lieblingskollegin stößt mir ihren Ellenbogen in die Seite und zischt mich an. „Nun mal Haltung bewahren, es ist nicht mehr lang, du hast es gleich überstanden. Es wird alles gut."

„Ach, Lucy, wird es das? Wenn nicht, hast du mich wieder an der Backe und du kannst Taschentücher kaufen gehen." Es kam zu einer allgemeinen Aufbruchstimmung. Es ist bereits nach der üblichen Büroschließung, schnell räumen wir die letzten Gläser in die Spüle und dann ist es so weit.

Ich sammele das Fotobuch und die Blumen ein, schnappe meinen Karton von meinem Schreibtisch. Ich blicke noch einmal in den Raum, der für 10 Jahre mein Büro war. Alles wird gut, denke ich, ja- ich kann gehen.

Mein Chef bringt mich zur Tür. „Und...", er zögert, „ Emily, ich meinte das ernst. Wenn alle Stricke reißen, scheuen Sie sich nicht, sich zu melden. Ein Anruf reicht und Sie können wieder anfangen."

„Danke, das weiß ich zu schätzen. Wenn es nötig wird, komme ich auf Ihr Angebot zurück. Danke, dass Sie mir diese Sicherheit geben." Ich schaue nicht zurück. Ich sage nicht auf Wiedersehen, ich laufe nur die Treppen hinab zur Tiefgarage.

Ich schließe die Haustür auf und rieche schon den Geruch von Pizza. Ich höre wie meine beste Freundin Hannah mit meiner Tochter Alina lacht und die Musik lauter gedreht wird. Es läuft „Dancing Queen" von ABBA im Radio und Hannah ruft mir zu: „ Emily, deinen Dancing King werden wir auch noch für dich finden." Sie singen das Lied lautstark und ziemlich schief mit.

„Hannah - das lässt sich nicht erzwingen. Ich kann doch nicht einfach auf Männer zugehen und sagen, hey, du siehst gut aus, wie wär es mit uns beiden?" Joshua kommt die Treppe herunter und lachte: „Nee, Mam, so geht das auch nicht - nicht mehr heute. Wer weiß, an wen du dann gerätst. Du musst ja auch das Umfeld bei einem Neuen abchecken!"

...nur für eine NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt