Ich nehme Hannah die Teller ab, um den Tisch zu decken. Noch sind meine Kinder mit ihren Kindern beschäftigt. Wir sind es gewohnt in Windeseile, während unseres Sonntagsbrunch die wichtigsten Vorkommnisse, die nicht für Kinderohren bestimmt sind, auszutauschen.
„Ich hätte nie gedacht, dass du so schnell die Männer wechselst, Emily!" Sie streckt mir vorwitzig ihre Zunge entgegen. „Na, so kannst du das auch nicht sagen, Hannah! Es ist ja nicht so, als wenn ich jede Woche einen anderen hätte. Das mit Patrick muss sich langsam entwickeln. Obwohl, wie lange wartet man eigentlich heute, bis man miteinander ins Bett geht?"
„Emily! Was hat dieser Aiden nur mit dir angestellt? Ich erkenne dich in dieser Hinsicht gar nicht wieder! Jahrelang liege ich dir nach Paul in den Ohren, dass du wieder mal einen Mann brauchst und nun das! Du brauchst gar nicht zu warten. Du bist schließlich eine erwachsende Frau. Nimm dir, was du möchtest. Klar haben wir früher gesagt, dass wir nicht sofort mit den Jungs ins Bett gehen. Aber wenn du es willst und er auch? So what?"
Während ich die Servietten falte, denke ich über ihre Worte nach. Ja, warum sollte ich es mit Patrick nicht versuchen. Wenn er will...will ich? Wenn es so gut wird, wie mit Aiden – dann bitte ja. „Aiden war schon eine Klasse für sich. Hannah, warum wohnt so ein toller Mann so weit weg?"
Michael kommt in die Küche. „Welcher Mann ist toll und wohnt so weit weg? Hast du was am Start Schwesterherz?" Er drückt mich kurz und rubbelt mir den Rücken. „Hallo kleiner Bruder, ich schwärme noch ein bisschen von Aiden." Ich schnappe mir die Brötchentüte und beginne die Brötchen aufzuschneiden.
Michael stellt mir den Brotkorb hin. „Möchtest du seine Nummer haben? Du weißt, dass du ihn anrufen kannst – jederzeit." Ich lege die ersten aufgeschnittenen Brötchen in den Korb. „Wie stellst du dir das vor? Hallo Aiden, ich bin es, Emily. Weißt du, ich bin die, die du für eine Nacht in Hamburg hattest und nur unter dem Namen Honey kennst." Ich schüttele mit meinem Kopf. „Nee, Michael, das will ich mir selber nicht antun. Vielleicht hat er das gar nicht so empfunden wie ich." Den letzten Satz kann ich, nachdem ich ihn ausgesprochen habe, selber nicht glauben. Oder ich will es nicht glauben, weil es für mich so schön war.
Er legt mir sanft eine Hand auf den Oberarm. „Emily, er hat aber nach dir gefragt." „Was? Wann? Und das erzählst du Emily erst jetzt?" Hannah funkelt Michael böse an. Ich schlucke. „Er hat mich angerufen und nach deiner Telefonnummer gefragt. Ich habe ihm gesagt, ich würde sie ihm erst dann geben, wenn du es möchtest, Emily." Michael wendet sich zu seiner Frau um. Sein Ton wird unbeabsichtigt etwas lauter. „Ich kann doch nicht irgendwelchen Männern ungefragt die Telefonnummer meiner Schwester geben! Wenn Emily nicht will, ist es ihre Sache."
„Ich weiß es nicht." Ich nehme den gefüllten Brotkorb und trage ihn zusammen mit der Marmelade zum fast fertig gedeckten Tisch. „Was sollte das denn bringen. Er dort, ich hier." Ich rede mir es herunter. „Das kann ja nichts werden. Kinder! Wir sind soweit!", rufe ich laut nach oben. Damit beende ich das Thema vorerst.
Das Frühstück läuft nach diesem abgebrochenen Thema entspannter als erwartet. Die Kinder erzählen viel aus der vergangenen Woche. Wir besprechen das alljährliche voradventliche Kekse-backen und schauen in den Kalender, an welchem Wochenende wir das machen können. Viel Auswahl bleibt nicht, da meine Kinder mit ihren wöchentlichen Aktivitäten recht ausgebucht sind.
Wir einigen uns auf den Sonntag vor dem 1. Advent bei uns im Haus. „Darf ich Nick einladen, Mam?" Alina schaut mich und dann Joshua erwartungsvoll an. „Ich hätte nichts dagegen. Was sagst du Josh?" „Geht klar, Linni. Er ist nett, wir haben uns schon vor einer Woche kennengelernt, als er sich an der Schule angemeldet hat." „Das hast du gar nicht erzählt!" Alina boxt ihren Bruder in die Seite. „Ist es für euch auch in Ordnung, wenn Linni ihren Freund mitbringt?" Ich schaue Hannah und Michael an. Hannah nickt und Michael lächelt seine Nichte verschmitzt an: „Soso, seit wann hat die kleine Linni denn einen Freund?" Jetzt stoße ich ihn in die Rippen. „Was? Man wird doch mal fragen dürfen!"
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...nur für eine Nacht
RomanceEmily ist seit drei Jahren ohne Mann. Dafür aber mit 2 Kindern. Fast Erwachsen, aber eben nur fast. Irgendwann muss sie anfangen, ihr Leben in den Griff zu bekommen und auch wieder einen Mann in ihr Leben zu lassen. Der erste Mann nach einer langen...