16 // Falsche Entscheidung?

150 2 4
                                    

JJs pov:

„Wie kommst du nach Hause?“, frage ich Célia, als wir den Kinosaal als einer der letzten verlassen.

Wir haben irgendeinen Liebesfilm geschaut. Total langweilig, aber Célia hat es gefallen.

Da unsere Hände die gesamte Zeit ineinander verhakt waren, haben wir auch nach Ende des Films keine Anstalten gemacht, aufzustehen. Jetzt sind wir nach einer Gruppe Mädchen, die Letzten, die herauskommen.

„Ich wohne nicht so weit entfernt, also ich denke, ich laufe einfach.“

„Ich kann dich auch fahren“, schlage ich vor, damit sie nicht alleine im Dunkeln laufen muss.

„Wenn es für dich kein Umweg ist.“

„Das passt schon.“

Nachdem ich die leere Popcorn Tüte und unsere Becher weggeschmissen habe, nehme ich wieder Célias Hand und führe sie aus dem Kino hinaus, bis hin zu meinem Auto. Ich halte ihr die Tür auf, sodass sie einsteigen kann, dann gehe ich um das Auto herum und setze mich auf den Sitz neben ihr.

Als Celia mir gesagt hat, wo sie wohnt, starte ich den Wagen und fahre los.

„Wie fandest du den Film?“, fragt das Mädchen neben mir.

„Ganz gut“, antworte ich, dabei ist es gelogen.

Der Film war unfassbar langweilig, sodass ich fast eingeschlafen bin, aber wenn ich das jetzt sagen würde, wäre Célia vielleicht traurig, also tue ich es nicht.

„Das Wiedersehen am Ende war schön“, meint sie nun.

„Also ich fand die Kussszene am besten.“

„Es gab mehrere, welche meinst du?“

„Die im Auto“, erwidere ich grinsend und drehe mich kurz zu ihr, um ihre Reaktion zu sehen.

Célias Wangen färben sich rot und sie schaut schnell aus dem Fenster, sodass ich nur ihr Spiegelbild im Fenster sehen kann. Sie lächelt.

„Wir sitzen auch im Auto“, sage ich jetzt.

Schnell hat sie sich wieder umgedreht und mustert mein Gesicht, wobei sie kurz an meinen Lippen hängenbleibt.

Da die Ampel vor uns rot ist, können wir nicht weiterfahren. So nutze ich also die Chance, mich über die Mittelkonsole meines Autos zu lehnen und der Französin so näherzukommen.

„Willst du ...“

„Nur, wenn du es auch möchtest.“

Ich lege meine Hand an ihre Wange und blicke auf ihre Lippen runter. Célia kommt mir ein Stück entgegen.

„Ich hätte nichts dagegen“, wispert sie.

Keine zwei Sekunden später schließe ich den Abstand zwischen uns und lege meine Lippen auf ihre.

Entgegen meiner Erwartungen fühlt es nicht wirklich gut an. Es ist nicht so, dass der Kuss total schlecht wäre, aber das Gefühl, was ich erwartet habe, ist nicht da. In meinem Bauch ist nicht dieses Kribbeln und auch mein Herzschlag ist normal.

Es ist so, als würde ich meine Schwester oder Mutter küssen.

Da ich nichts fühle, vertiefe ich den Kuss. Ich lege meinen Kopf zur Seite, ziehe Célia noch etwas näher zu mir, aber es verändert sich nichts.

Plötzlich hupt jemand, weshalb wir erschrocken auseinander fahren.

Ich schaue nach hinten und sehe einen Mann in seinem blauen Auto, wie er sich vermutlich über uns aufregt.

Als ich wieder nach vorne blicke, sehe ich, dass die Ampel auf Grün umgeschaltet hat.

„So ein Idiot. Man kann ja wohl mal kurz warten“, beschwere ich mich.

„Vielleicht hat er es eilig. Fahr lieber los, bevor er noch zu uns kommt“, beruhigt mich Célia.

Ich starte den Wagen und fahre los, nur um kurz darauf von dem Autofahrer überholt zu werden.

„Wir sind sowieso gleich da. Du musst nur noch hier rechts abbiegen.“

Als ich in die von Célia benannte Straße gefahren bin, deutet sie auf ein hellblau angestrichenes Haus.

„Da vorne wohne ich.“

Ich halte vor dem kurzen Weg, der zu ihrem kleinen, aber gemütlich aussehenden Haus führt.

Sie nimmt ihre schwarze Handtasche und die graue Strickjacke, aber statt auszusteigen, dreht sie sich nochmal zu mir um.

„Wegen dem Kuss. Sind wir jetzt ...“

Scheinbar traut sie sich nicht, es auszusprechen oder sie weiß nicht, wie sie es sagen soll, aber ich weiß auch so, was sie interessiert und kann ihr die Frage deshalb beantworten.

„Zusammen meinst du? Wenn du es willst.“

„Ich denke schon.“

Lächelnd ziehe ich sie an ihrem Kinn etwas näher zu mir und gebe ihr einen kurzen Kuss.

Célia beißt sich schüchtern auf die Unterlippe, bevor sie schließlich aussteigt und die weißen Stufen zu ihrem Haus hinaufgeht.

Ich warte noch kurz, bis ein etwas älterer Herr mit schwarz-grauen Haaren ihr die Tür geöffnet hat, dann fahre ich nach Hause.

Die plötzliche Stille im Auto bringt mich zum Nachdenken.

Wenn ich ehrlich bin, weiß ich selbst nicht so ganz, ob es die richtige Entscheidung war, mit ihr zusammenzukommen. Célia ist nett und ich mag sie wirklich gerne. Die ganze Zeit dachte ich sogar, dass ich was von ihr wollte, aber seit diesem Kuss eben, bin ich mir doch nicht mehr so sicher. Es hat sich nicht schlecht angefühlt, aber eben auch nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe.

Schnell schüttel' ich den Kopf, um auf andere Gedanken zu kommen. Ashely hatte recht, als sie vor zwei Wochen gesagt hat, dass wir gut zusammen passen würden.

„Wären wir in einem Film, wärst du der kalte, emotionslose Badboy und sie die süße, schüchterne Streberin. Ihr beide hättet etwas zu verheimlichen. Eine traumatische Vergangenheit oder schlimme Gegenwart ... Das Schicksal würde euch zusammenführen und ihr würdet bis an euer Lebensende glücklich zusammen sein.

Tatsächlich ist an ihren Worten etwas Wahres dran. Célia ist sehr auf die Schule fokussiert und versucht, bei jedem einen guten Eindruck zu hinterlassen. Ich hingegen interessiere mich kaum für meine Noten oder die Schule im Allgemeinen. Außerdem haben wir beide keine schöne Vergangenheit. Ihre Eltern haben sich getrennt und sie musste alle ihre Freunde und die Familie hinter sich lassen, um mit ihrem Vater nach Amerika zu ziehen, das ist nicht das beste, was einem in diesem Alter passieren kann.

Über mich selbst will ich gar nicht erst nachdenken. Ich bin froh, dass Miles, Eddie und ich dort weg sind. Wer weiß, wie unser Leben jetzt aussehen würde, wenn wir noch in Washington bei unseren leiblichen Eltern wohnen würden.

Um mich von den negativen Gedanken und Gefühlen abzulenken, drehe ich das Radio an und höre meine Lieblingssongs auf voller Lautstärke.

But all I want is youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt