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Regeln.

Hätte ich auch nur geahnt das er mir Regeln auferlegen würde, ich hätte niemals mein Okay gegeben.

Sicher, er hätte mich gezwungen auch ohne mein Okay bei ihm zu bleiben, aber ich hätte ihn wenigstens meinen Wiederstand spüren lassen.

Jetzt hatte ich es bereits 'zugelassen'. Ich hatte dem König zugesagt zu bleiben, um ihn besser kennen zu lernen.
Hatte von seinem Essen gegessen und saß auf seinem Sofa. Die Knie angezogen bis zum Kinn.

"Zu keinem ein Wort. Du sagst niemandem das du hier bist. Du bleibst in diesem Zimmer und verhälst dich ruhig. Es ist dein Leben das davon abhängt. Sollte auch nur einer meiner Feinde etwas ahnen, sie werden nichts unversucht lassen. Keine heimlichen Ausflüge nach draußen, keine Spritztouren durch die Festung. Wenn du in diesem Zimmer bleibst, passiert dir nichts. Ich bin mir nicht einmal sicher ob mein Personal zu einhundert Prozent vertrauenswürdig ist. Hast du das verstanden?" Wieder einmal nickte ich. Was war daran nicht zu verstehen? Er wollte mich in diesen Wänden behalten und verstecken. Ein Gefangener hätte ich genauso gut sein können. Zu seinem Glück hatte ich keine Familie die ich sehen wollte oder zu der ich zurück kehren wollte. Es gab nur Lisa die mir wirklich fehlen würde.

"Meine Bediensteten betreten das Zimmer nur, wenn ich anwesend bin. Es wird dich also niemand stören." Stören traf es in meinen Augen nicht ganz. Es würde mich wohl eher niemand unterhalten. Nur er. Er und nochmal er. Der König würde mein einziger Gesprächspartner für die nächste Zeit bleiben. "Ich muss noch einmal gehen. Aber bis ich zurück komme, erwarte ich das du es dir hier gemütlich gemacht hast." Ich blinzelte. In der Tat ziemlich oft, seit ich hier war. "Okay." Ich brachte wieder nicht mehr heraus.

"Ich bringe dir einen Tee mit. Zur Beruhigung." Das war kein Vorschlag. Er würde mich auch hierzu drängen ihn zu trinken. "Brauchst du sonst noch etwas?" Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte in diesem Zimmer bereits mehr, als in meiner Wohnung.

"Gut. Bin gleich zurück." Mit diesen Worten verließ er das Zimmer.

Doch aus gleich, wurde eine Ewigkeit. Eine Uhr, verziert mit kleinen hölzernen Wölfen, verriet mir das er bereits über drei Stunden fort war.

Langsam ließ die Anspannung in meinem Körper nach und ich konnte mich erheben ohne das meine Beine unter mir nach gaben. Stück für Stück schlich ich mich auf Zehenspitzen durch das gewaltige Zimmer.
Es kam mir so vor als bräuchte ich fünf Minuten um von der gemütlichen Sofa Ecke bis zu dem gewaltigen Bett zu gelangen.
Unwillkürlich fragte ich mich wer in diesem Bett schon alles gelegen hatte.
Ich schüttelte mich.

Das sollte ich mir nicht ausmalen.
Schnell wand ich mich wieder ab und nahm das Bücherregal in Augenschein. Es war gigantisch. Umfasste so ziemlich jedes Buch das ich einmal gerne lesen würde.
Vorsichtig zog ich ein besonders dickes, ledergebundenes Buch heraus, welches ich mit zu den Sofas nahm.
Eingekauert betrachtete ich mir zuerst die wunderschönen habdgemalten alten Bilder, nur um dann quer durch die Kapitel zu fliegen bis ich mir einen Überblick verschafft hatte.
Es las sich gut. Ich würde es vermutlich in den nächsten Tagen mehrfach durchlesen. Seufzend starrte ich auf die weißen Seiten. Wieso gerade ich? Was ist so verdammt besonders an mir das er ausgerechnet mich anziehend findet?
Und wieso werde ich nicht gefragt?
Erneut stöhnte ich frustriert. Diese ganze Angelegenheit war...Welches Wort würde hier gut hinpassen? Verrückt, Irrational, Unfassbar, total bescheuert, Fiktional?

Auch wenn ich wusste das ich nichts dagegen tun konnte, malte ich mir ein weitaus anderes Leben aus. In diesem Leben, in diesem Land, bestimmten keine Werwölfe über die Gefühle von Menschen. In diesem Land hatte niemand das recht über jemandes Gefühle und Gedanken zu herschen. Dort gab es keine ausgefallenen Wesen. Nur Menschen, ihre Arbeit und das was sie leisten konnten. Es gab keine Magie die einem das Leben erleichterte oder komische Mondgefährten, die einen beeinflussten weil sie an irgendeinen Instinkt oder Uralten Zauber gebunden waren.
Tatsächlich war alles was ich mir je ersehnt hatte; Normalität.

Langweilige, Schlichte Normaltität.

Wie das Schicksal spielte, sollte ich diese natürlich nicht bekommen.

Die Zeit verstrich immer zu, doch von dem König war weiterhin keine Spur zu sehen. Ich fragte mich allmählich ob es Absicht war. Vielleicht hatte er mich aber auch einfach wieder vergessen. Oder die Zeit lief bei Lykanern anders als bei Menschen.

Was es auch war, es hinderte mich daran mich zu entspannen. Dabei war ich totmüde. Das frühe Aufstehen sowie Arbeiten forderten ihren Tribut. Der Stress den ich immer noch deutlich in meinen Knochen spürte, war wenig hilfreich wach zu bleiben. Gleichzeitig ließ er mich aber auch nicht einschlafen.

Ich befand mich an einem fremden Ort, bei fremden Wesen. Wie sollte ich da nur ein Auge zu bekommen? Mein Körper war ein einziger Haufen aus Müdigkeit und heller Aufregung. Dazu kam noch das ich mich fragte was geschah, wenn der König zurück kehrte. Würden wir weiter reden? Oder hatte er etwas anderes im Sinn?

Haare raufend legte ich das Buch auf den Tisch. Ein weiteres Mal starrte ich auf die Standuhr. Kurz nach ein Uhr am Morgen. Ich wartete bereits seit vier Stunden.

Da hörte ich sie. Die dumpfen schnellen Schritte auf dem Flur. Sie näherten sich der Tür. Ich hörte wie zwei Stimmen vor dieser miteinander redeten. Über was konnte ich nicht sagen, doch eine der Stimmen war defintiv seine Hoheit.

Ich weiß nicht wieso, aber ich rollte mich auf dem Sofa zusammen und schloss die Augen. So gut es ging brachte ich mein rasendes Herz unter Kontrolle. Ich wollte ihm plötzlich kein weiteres mal in die Augen sehen. Oder gar mit ihm sprechen.
In meiner Kugel fühlte ich mich sicher. Und wenn er annahm ich würde schlafen, würde er mich eventuell ja auch in Ruhe lassen bis zum Morgen. Selbst wenn ich keine Sekunde schlafen würde können, bis er dieses Zimmer wieder verlassen hatte.

So lauschte ich in die Dunkelheit. Die Tür knarzte leicht als sie aufgedrückt wurde, schloss sich dann mit einem leisen Klicken. Er war zurück.
Seine Schritte kamen direkt zu mir herüber. Ich hörte wie er leise seufzte. Kein genervtes, wütendes Seufzen. Eher ein erleichtertes seufzen.

"Ich hätte nicht gedacht das du schlaf findest." hörte ich ihn murmeln. Beinahe hätte ich geantwortet, aber ich gab mir alle Mühe regungslos, tief schlafend zu wirken. Bei der ganzen Anspannung in meinem Körper keine leichte Aufgabe.

Ich erschreckte mich fast zu tode als ich seine Hände an meiner Hüfte spürte. Ich wollte schon die Augen aufreißen und ihn anbrüllen das er seine Finger von mir lassen sollte, als ich bemerkte das er seine Hände so platzierte, das er mich hoch heben konnte. Mit einer Hand in meinem Rücken und der anderen in meinen Knie kehlen, wurde ich in die Luft gehoben.

Seltsamerweise hatte ich keine Angst fallen gelassen zu werden. Selbst mein hektischer Herzschlag beruhigte sich. Und das obwohl ich eng an seine Brust gedrückt wurde. Mir stieg ein Geruch nach Herbstlaub und Tanne in die Nase. War er im Wald gewesen?
Ich hatte keine Zeit weiter darüber nach zu grübeln, denn er legte mich nach wenigen Schritten bereits wieder ab. Die Welt unter mir schien nach zugeben. Sie saugte mich in ihren Komfort, während ich spürte wie eine Decke über meinen Körper geworfen wurde.

Das Bett wackelte als er sich genau neben mich zu setzen schien. Wie um alles in der Welt sollte ich dabei ruhig bleiben? Noch dazu, als er vorsichtig anfing mit seinem Finger meine Lippen nach zu zeichnen. Am liebsten wäre ich aufgesprungen, doch irgend etwas hatte wieder diese Funktion in meinem Körper ausgelöst. Erneut fühlte sich jedes meiner Gliedmaßen an wie Pudding. Selbst meine Augenlider schienen blei schwer.

The Lycan King Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt