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"Lasst uns einen Moment alleine." erteilte Adrien den Befehl. "Ich möchte mit Nyla alleine sprechen." Die Frau, die immer noch wild am lächeln war, nickte und verließ zügig das Zimmer. Sie war wirklich begabt und vermutlich hatte ich es ihr zu verdanken das ich durchgehalten hatte. Wie es schien verheilten meine Wunden nur dank ihr. Wenn auch nur sehr schleppend. Aber was hatten sie von mir erwartet? Ich war ein Mensch. Vermutlich würde es Monate dauern. Ganz zu schweigen von dem was sich immer wieder in meinem Kopf abspielte. Diese Erinnerungen würden für immer bleiben. Wie sie mein Leben beeinflussen würden, wollte ich mir nicht einmal ausmalen. Vermutlich würde es von Angst nur so beherrscht werden. 

Nur einer Person konnte ich trauen. Die Person die mir die ganze Zeit über zur Seite gestanden hatte. Die mir geholfen hatte zu entkommen. "Cody, geh nicht." meine Stimme kratzte, was mich gleich darauf heftig zum husten brachte. Sofort war der Lykaner an meiner Seite und flößte mir etwas Wasser ein. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich Cody der sich heimlich davon stehlen wollte. "Bleib." sprach ich erneut, dieses mal deutlicher. Es klang beinahe schon wie ein Befehl.

"Lieber nicht." murmelte er hingegen. "Das ist eine Sache die Ihr klären müsst. Alleine." Ich war versucht wie ein kleines Kind dagegen zu diskutieren, aber ich sah Adriens Blick und verstand instinktiv das Cody keine Wahl hatte. Auch wenn ich es mir noch sehr wünschte, er würde niemals gegen den Befehl seines Bruders handeln. Er war nun mal nicht der Alpha König. Das war Adrien. Und dieser Blickte mich mit einer Intensivität an, das es mir bis auf die Knochen spürbar war. 

Kurz darauf verließ Cody das Zimmer, die Türen schnappten zu. 

Vorsichtig sah ich den König an, der einen Moment nach dachte, die Stirn in Falten gelegt, bevor er sprach: "Ich wollte dich beschützen und habe dich dabei in die größte Gefahr hinein laufen lassen. Nur weil meinte Taten so unbedacht und impulsiv waren. Ich hoffe du kannst mir das verzeihen." Ungläubig sah ich ihn an. Er hatte zuvor bereits etwas derartiges angedeutet, aber das er sich tatsächlich entschuldigen würde, hätte ich nie erwartet. Daher nickte ich nur. 

"Ich wollte nicht das du dieses Zimmer verlässt um genau diese Gefahr zu vermeiden. Die Vampire sind unsere Feinde. Jeder von Ihnen, da gibt es keine Ausnahmen. Wenn ich nur geahnt hätte das du die Festung verlässt, hätte ich das Zimmer auch noch abgesperrt. Aber ich dachte du würdest dich nur etwas in der Festung umher bewegen. Dir dein neues Heim ansehen. Wenn ich gewusst hätte das du in den Wald gehen würdest...-" er schwieg. Ich lag falsch. So falsch. Es war keine Entschuldigung. Eher hatte es den Anschein als würde er sich selbst dafür rügen das er mich nicht besser bewachen hatte lassen. Das er mich hatte soweit kommen lassen. Wütend starrte ich ihn an, während er nur die Wand betrachtete. Fest in Gedanken. 

"Ich hätte damals das Zimmer verriegeln sollen." murmelte er leise und bestätigte damit meine Gedanken. "Ihr könnt mich hier nicht einsperren!" zischte ich. "Ich bin kein Tier." 

Er hob eine Augenbraue und blickte in mein entschlossenes Gesicht. "Kann ich nicht?" fragte er.

"Nein. Es war meine freie Entscheidung meiner Freundin einen gefallen zutun. Genauso wie es meine freie Entscheidung war aus diesem Zimmer zu fliehen oder mit dem Vampir mit zu gehen. Ich werde mich immer frei entscheiden und wenn Ihr mir das nehmen wollt, werde ich nicht anders können als mich gegen diesen Gedanken aufzulehnen!"

"Moment. Es war deine freie Entscheidung mit dem Vampir mitzugehen?" seine Stimme wurde scharf. 

"Ja." gestand ich. "Ich wollte nur weg. Weg von DIR." es waren harte Worte, doch er musste es hören. "Ihr habt mich aus meinem Leben gerissen." ich nahm einen Schluck Wasser um meine Kehle wieder zu befeuchten. "Ich wollte nicht hier eingesperrt sein. Und das was Ihr euch als großzügig ausmalt, ist es nicht. In dieser Festung umher zu irren ist keine Freiheit." 

"DU BIST FREIWILLIG MITGEGEGANEN?!" ich zuckte zusammen. Seine Stimme hatte einen Ton angenommen der mich unwillkürlich vor Angst erschauern ließ. "Ja." wiederholte ich leise und knotete dabei die Finger um die Bettdecke. 

"Ich fasse es nicht." er ließ sich zurückfallen und schien mit einem schlag wie erschöpft. Tieftraurig. "Du hast es eher mit einem Blutsauger aushalten wollen, als mit mir?" seine Worte trieften vor Schmerz. Doch es war die Wahrheit, also würde ich ihn nicht anlügen.

"Ja. Ihr habt mir Angst gemacht. Der Vampir wirkte nett. Heinrich hat mir Asyl angeboten und ich dachte ich könnte dort in Ruhe leben." Welch eine Idiotische Vorstellung das nur gewesen war. Aber vermutlich hätte es funktioniert wenn er mich nicht gebissen hätte. Die Wunde hatte mich erst in diese miserable Lage gebracht. 

"Heinrich..." Hörte ich ihn leise grummeln. "Dieser Drecksack hat sich schon immer darauf verstanden die Menschen um sich herum zu manipulieren."

"Ich wurde nicht manipuliert. Ich habe es selbst so gewollt." Wiederholte ich meine vorherige Aussage.

"Na schön. Ab sofort wirst du keinen Schritt mehr ohne mich gehen. Wo ich bin, wirst du auch sein. Verstanden?" Ich wollte dagegen sprechen, doch alles was ich tat, war ihn anzustarren. In mir tobte der Sturm zwischen Dankbarkeit und Wut. Hatte ich ihm nicht gerade gesagt warum ich weggelaufen war? Und nun wollte er mich gleich wieder zu etwas zwingen. "Nyla, hast du das verstanden? Ich werde dich keine Sekunde mehr aus den Augen lassen."

"Ich sehe keinen Sinn dahinter zu antworten, Ihr habt es ohnehin längst so beschlossen. Was ich euch sage, ist doch sowieso egal." Wütend warf ich meinen Kopf auf die andere Seite des Bettes. Er sollte unter keinen Umständen meine Tränen sehen, die sich gerade herauf bahnten.

"Ich tue das nicht um dich zu kontrollieren. Es ist um dich zu schützen."

"Vor wem? Wir sind hier in Euren Mauern. Auf eurem Land."

"Vor dir selbst." Mein Mund wurde ganz trocken und der Zorn der Verzweiflung machte sich in mir breit. Diese Dreistigkeit mit der er sprach ließ mich vor Wut beben. Warum durfte ich nicht über meins eigenes Leben bestimmen? "Danke" fauchte ich sarkastisch.

"Nyla-" er wollte noch etwas erwidern. Mir irgend einen dummen Spruch drücken, dass konnte ich spüren. Aber er hielt sich zurück.

Es dauerte in der Tat eine ziemliche Ewigkeit bis er wieder etwas sagte und eigentlich hatte ich bereits angenommen er wäre gegangen und würde mir etwas schlag gönnen. "Wenn du wieder gehen kannst, werde ich dich etwas herumführen. Und dich vorstellen." Oh, Super. "Du wirst meine Seite nicht verlassen." Den Teil kannte ich bereits. "Aber sollte es aus welchen Gründen auch immer einmal soweit sein, wird Cody auf dich aufpassen." Auf mich aufpassen? Ich war kein Kind mehr. Doch die Puste sparte ich mir. Er würde eh das tun was er für richtig hielt.

"Hör mir zu. Du gehörst zu mir. Ich kann das nicht noch einmal durchmachen. Daher werde ich alles tun um dich zu schützen. Vor wem auch immer." Die Frustration darüber das ich ihm keine Antwort mehr gab, war spürbar in seinen Worten. "Wenn du dich ausgeruht hast, werden wir weiteres besprechen." Weiteres? Was gab es noch das er mir aufzwingen oder verbieten wollte?
Aus den Augenwinkeln sah ich wie sein Schatten sich entfernte. Ich hörte ihn zwar nicht, aber ich konnte erahnen das er sich Richtung Sofa aufgemacht hatte.

Er würde also tatsächlich nicht mehr von meiner Seite weichen. Das würde anstrengend werden.

The Lycan King Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt