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Louis

„Endlich Feierabend..." Komplett erledigt lasse ich mich im Personalraum auf eine breite Holzbank fallen. „Wenn hier ein Bett stehen würde, würde ich wahrscheinlich sofort einschlafen."

„Wem sagst du das." stimmt mir Niall stöhnend zu. Er tut es mir gleich und streckt ebenfalls alle Viere von sich. „Kannst du mir Harry morgen wieder ausborgen? Mit ihm war das Kofferschleppen ein Kinderspiel und dank seines unwiderstehlichen Charms gab es gleich das Doppelte an Trinkgeld." Unwiderstehlicher Charm. Das ich nicht lache. Nervensäge trifft es wohl eher.

„Von mir aus kannst du ihn ganz übernehmen." murre ich genervt. „Ich habe nicht darum gebeten für das verwöhnte Bürschchen den Babysitter zu spielen."

„Warum machst du es dann? Marie ist doch sonst dafür verantwortlich."

„Würdest du Mr. Styles widersprechen?" Niall schüttelt vehement mit dem Kopf. „Niemals. Du weißt, dass ich in seiner Gegenwart kein Wort rausbringe."

„Eben. Außerdem wird Marie, sobald ihr Baby auf der Welt ist, nicht mehr hier arbeiten können. Genauso wie Jana, Amy und Carry aus unerfindlichen Gründen nicht zurückgekommen sind."

Carry war bereits schwanger, als ich damals im Hotel angefangen habe. Sie hatte immer ein offenes Ohr und hat sich die Probleme und Sorgen ihrer Kollegen angehört. Nachdem ihr Baby auf der Welt war, hatten wir uns noch ein paar Mal getroffen. Sie hatte mir einige schockierende Dinge über unseren Direktor erzählt. Unter anderem, dass sie einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen musste, dafür aber eine großzügige Abfindung bekommen hat.

Ich wollte wieder kündigen, doch in New York einen Job zu finden, ohne ein abgeschlossenes Studium, ist fast unmöglich. Oder man verdient gerade so viel, dass es für Lebensmittel oder die Miete reicht. So ein Leben wollte ich meinem Sohn nicht zumuten, also bin ich geblieben.

„Erde an Louis... bist du noch da?" schnippt Niall mit den Fingern vor meinem Gesicht herum. „Wenn du nicht mit uns reden willst, kannst du das ruhig sagen."

„Uns?" sehe ich meinen Kollegen verwundert an, als sich Harry in mein Sichtfeld schiebt. „Ich weiß, du hast heute die Nase voll von mir, aber ich würde dich und Niall noch auf ein paar Drinks an die Bar einladen. Quasi als Einstand. Vielleicht merkst du dann, dass ich doch nicht so übel bin, wie du denkst." Das wage ich zu bezweifeln.

„Also ich mag dich jetzt schon, aber die Drinks darfst du mir trotzdem ausgeben." kichert Niall und boxt Harry gegen seinen Oberarm.

„Ich passe. Hab schon was Besseres vor." lehne ich Harrys Einladung betont freundlich ab. Noch eine Stunde länger mit ihm und ich drehe durch.

„Schade, dann vielleicht ein anderes Mal?" hakt er hartnäckig nach.

„Vielleicht." antworte ich knapp, um nicht ganz so unhöflich zu sein. Bevor ich mich mit ihm an irgendeine Bar setze, friert eher die Hölle zu.

Um weiteren unliebsamen Fragen aus dem Weg zu gehen, ziehe ich schnell das Poloshirt und die Stoffhose aus und hole meine Alltagsklamotten aus dem Spind, als ich Harrys unangenehme Blicke auf mir spüre. „An den Anblick könnte ich mich gewöhnen." bemerkt er schamlos, als er ungeniert meinen Oberkörper begafft.

„Bist du etwa schwul?" platzt es unüberlegt aus mir heraus. Nicht dass ich etwas gegen Homosexuelle hätte, ganz im Gegenteil. Violet ist lesbisch und eine der großartigsten Menschen, die ich kenne. Jeder sollte zu seinen Gefühlen stehen dürfen, doch selbst von einem Mann so angesehen zu werden, ist... ungewohnt für mich.

„Schwul ist der, der sich ficken lässt..." zwinkert mir Harry zu und beißt sich dabei auf die Unterlippe. „Ist wohl Neuland für dich, Boss."

„Ich habe keine Zeit für deine dämlichen Spielchen." fahre ich ihn schroff an, streife meine restlichen Klamotten über und verlasse fast schon fluchtartig den Personalraum. Hinter verschlossener Tür kann ich Niall noch immer lachen hören. Bis der sich wieder eingekriegt hat, bin ich wahrscheinlich längst zuhause.

Als die Wohnungstür ins Schloss fällt, kommt mir bereits ein kleiner quietschender Junge entgegen gehüpft. Glücklich springt er mir in die Arme und kuschelt sich an mich. „Daddy hier, Daddy hier." brabbelt Freddie immer wieder. „Ja mein Spatz... ich bin wieder da." Ich drücke ihn fest an mich und atme seinen Duft ein. Er riecht noch so wunderbar nach Baby, das mir ganz warm ums Herz wird. „Wie geht's ihm?" wende ich mich meinem besten Freund zu, als wir uns gemeinsam auf die Couch setzen. „Im Augenblick etwas besser. Er hat vor einer Stunde ein Fieberzäpfchen bekommen, nachdem ich die Packung überall gesucht habe. Deine Beschreibungen sind kein bisschen hilfreich." beschwert sich Liam, dem ich über WhatsApp versucht habe mein Ordnungssystem zu erklären. „Warum hast du nicht angerufen, als ich dich darum gebeten habe."

„Damit jeder im Hotel mitbekommt, dass ich ein Kind habe?"

„Dir wäre sicher eine Ausrede eingefallen... wie dem auch sei, ich hab sie ja gefunden. Getrunken hat er reichlich, doch das Essen spuckt er immer wieder aus." besorgt tätschelt Liam Freddie die Wange. „Vielleicht isst er ja bei dir. Ich bin mit meinem Latein am Ende." Nicht nur mit seinem Latein. Liam sieht so fertig aus, wie ich mich fühle. Das schlechte Gewissen macht sich in mir breit. Es wäre meine Aufgabe gewesen für Freddie da zu sein, nicht Liams. Umso dankbarer bin ich, dass er ohne zu zögern für uns da ist.

„Hau dich nochmal aufs Ohr. Ich übernehme das kleine Bündel ab jetzt wieder."

Liam quält sich ein müdes Lächeln ab, ehe er gähnend in seinem Zimmer verschwindet, um noch etwas Schlaf zu bekommen, bevor er sich wieder die Nacht um die Ohren schlagen muss. Er tingelt zwischen fünf Bars in ganz New York hin und her und trägt so seinen Teil der Miete bei.

Während bereits leises Schnarchen aus dem Zimmer meines Mitbewohners zu hören ist, setze ich meinen Sohn in sein Kinderstühlchen und wärme das vorgekochte Essen wieder auf.

Nach mehreren Anläufen behält Freddie endlich etwas davon im Mund. Spinat mit Kartoffeln ist sein Leibgericht, doch heute muss ich ihm jeden Happen reinquälen. Ich kann es ihm nicht verübeln. Bereits der bloße Anblick löst einen Würgereiz in mir aus. Schon als Kind hätte man mich mit der grünen Pampe jagen können. Unbegreiflich, wie man so etwas freiwillig essen kann.

Nach dem Essen bauen wir noch ein paar Türmchen mit Freddies Megabloks bis er quengelig wird und seine Temperatur wieder leicht ansteigt. Allein schlafen möchte mein Kleiner nicht, und um Liam noch etwas Ruhe zu gönnen, machen wir es uns auf der Couch bequem und schauen Paw Patrol. Freddie liebt die Helfer auf vier Pfoten und bekommt gar nicht genug davon. Er liegt auf meinem Bauch und lässt sich den Rücken kraulen. Es dauert nicht lang bis sein Atem langsam und gleichmäßig geht. Er döst friedlich ein und auch mir werden allmählich die Lider schwer.

empire love ➵ larry stylinson Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt